Sonnenfinsternis:Ernstfall um 9:29 Uhr

Sonnenfinsternis

Die Sonnenfinsternis am kommenden Freitag ist nicht nur ein Naturschauspiel - sie ist auch ein Stresstest für die Stromversorgung.

(Foto: dpa)
  • Am kommenden Freitag gibt es in Deutschland eine Sonnenfinsternis.
  • Die Sonne ist zum wichtigen Faktor im hiesigen Stromnetz geworden - und zum Lieferanten eines großen Teils der Energie.
  • Mit der Finsternis könnte ein Großteil plötzlich wegfallen und mit Ende der Sonnenfinsternis rasch wieder ans Netz gehen - eine gewaltige Schwankung, die es in dieser Intensität noch nie gab.

Von Markus Balser und Michael Bauchmüller, Berlin

Der Ernstfall beginnt an diesem Freitag um 9.29 Uhr in Aachen. Zwei Minuten später geht es in München los, dann in Frankfurt und Berlin. Für eineinhalb Stunden wird dann nach und nach ein seltenes Naturspektakel das ganze Land erfassen. Der Mond, so die Prognosen, wird sich von rechts nach links vor die Sonne schieben und bis zu 80 Prozent des strahlenden Sterns verdecken.

Die Folge: Es wird dunkel in Deutschland. Noch vor gut zehn Jahren, bei der letzten vergleichbaren Sonnenfinsternis im Mai 2003, galt das vor allem als unterhaltsames Phänomen, das Millionen Deutsche mit Schutzbrillen verfolgten. Doch mit der Energiewende hat sich vieles verändert. Binnen einer Dekade ist die Sonne zum wichtigen Faktor im hiesigen Stromnetz geworden - und zum Lieferanten eines großen Teils der Energie. Auf einer Million deutschen Dächern speisen Solaranlagen heute täglich Strom ein - jedenfalls wenn genug Licht einfällt.

Testlauf für die Versorgungssicherheit

An Freitag werden deshalb überall im Land Ingenieure aus Angst vor einem Blackout die Luft anhalten. Denn das Naturschauspiel wird zum Testlauf für die Versorgungssicherheit. "Die Sonnenfinsternis wird das deutsche und europäische Höchstspannungsnetz auf eine große Belastungsprobe stellen", erklärt der Netzbetreiber Tennet, der einen Großteil der Stromtrassen zwischen Nordsee und Alpen kontrolliert. Denn an sonnigen Tagen liefern Solaranlagen inzwischen fast 40 Gigawatt an Leistung - so viel wie 40 Großkraftwerke.

Mit der Finsternis könnte ein Großteil plötzlich wegfallen und mit Ende der Sonnenfinsternis rasch wieder ans Netz gehen - eine gewaltige Schwankung, die es in dieser Intensität noch nie gab. In Deutschland lässt die Angst vor dem Stromausfall eine alte Diskussion neu aufflammen: die um Notkraftwerke fürs Stromnetz. Denn die Gefahr ist mit Ende des Naturschauspiels nicht gebannt. Schon jetzt machen sich Experten und Behörden darüber Gedanken, wie die Stromversorgung in den kommenden Wintern gesichert werden kann, wenn wegen des beschleunigten Atomausstiegs immer weniger Kraftwerke am Netz sind und schwankungsanfällige grüne Energien noch größere Anteile der Versorgung beisteuern.

Größerer Bedarf an Notkraftwerken

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung wächst der Bedarf an Notkraftwerken deutlich. Damit die Lichter bei Flauten nicht ausgehen, orderten die Netzbetreiber schon im Winter 2013/2014 gut 2500 Megawatt an zusätzlicher Kraftwerksleistung, um über die Runden zu kommen. Für den laufenden Winter sind es nach Auskunft der Bundesnetzagentur gut 3600 Megawatt. Doch der Bedarf an Reservekraftwerken soll sich den Angaben zufolge in den nächsten Jahren fast verdoppeln. Für den kommenden Winter, wenn das unterfränkische AKW Grafenrheinfeld vom Netz ist, soll die Menge auf 6000 Megawatt ansteigen.

Zusätzliche zwei Kraftwerksblöcke müssten dann als Reserve hinzukommen. Für den Winter 2017/2018, wenn der Reaktor Gundremmingen B keinen Strom mehr einspeist, rechnet die Bundesregierung sogar mit 7000 Megawatt Reserve. Kosten: 130 Millionen Euro, finanziert von den Stromkunden. So geht es aus der Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Frage des Grünen-Abgeordneten Oliver Krischer hervor, die der SZ  vorliegt.

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