Smartphones:Die Farbe entscheidet

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Die meisten Smartphone-Displays verbrauchen weniger Energie, wenn sie schwarze Pixel darstellen. (Foto: Monika Skolimowska/dpa)

Mit einem kleinen Trick beim Bildschirm können viele Nutzer die Akku-Laufzeit ihrer Handys verlängern.

Von Simon Hurtz, München

Kamera, Navigationsgerät, Hochleistungsrechner, manche nutzen es gar zum Telefonieren: Smartphones machen das Leben oft einfacher. Doch obwohl die Technik sich rasant weiterentwickelt hat, einen Vorteil hatte der alte Nokia-Knochen: Er lief und lief und lief, während moderne Handys oft zum ungünstigsten Zeitpunkt schlappmachen.

Sie haben zwar größere Akkus, dafür fressen Display, Prozessor und Wlan auch mehr Energie. Hilfe versprechen unzählige Ratgeber im Netz: "Mit diesen fünf Tricks hält Ihr Handy länger durch." Doch ein Tipp fehlt dabei oft: Viele Nutzer können ihre Akkulaufzeit einfach verlängern, indem sie die Farbe des Bildschirmhintergrunds ändern.

Die meisten Smartphone-Displays verbrauchen weniger Energie, wenn sie schwarze Pixel darstellen. Die Rechnung ist also einfach: Je mehr dunkle Bereiche auf dem Bildschirm zu sehen sind, desto länger hält der Akku. Das hat nichts mit der Helligkeit des Displays zu tun. Auch diese Einstellung wirkt sich zwar auf den Energieverbrauch aus, in diesem Fall geht es aber nur um die Farben.

Das funktioniert jedoch nicht bei allen Handys und hängt von der verbauten Bildschirmtechnologie ab. Wer ein LCD-Display besitzt, kann mit dunklem Hintergrund zwar seine Augen schonen, aber nicht den Akku. Der Grund: LCD-Technologie erzeugt dunkle Flächen, indem die Flüssigkristalle, die zwischen der Hintergrundbeleuchtung und dem Displayglas sitzen, ihre Anordnung und damit den Winkel des Lichts ändern. Also muss jedes Pixel dauerhaft angestrahlt werden, der Stromverbrauch bleibt unabhängig von der Farbe konstant.

Profitieren können Besitzer von Oled-Displays, die mittlerweile immer mehr Handy-Hersteller verbauen. Manche nennen ihre Abwandlungen Poled-, Amoled- oder Super-Amoled-Displays. Sie setzen alle auf organische Dioden, die selbst leuchten, deshalb ist keine Hintergrundbeleuchtung nötig. Um schwarze Bereiche darzustellen, schalten Oled-Displays die entsprechenden Pixel einfach ab. Das erhöht den Kontrast (bei LCD-Displays gibt es kein echtes Schwarz, sondern nur sehr dunkles Grau) und spart gleichzeitig Energie.

Die Differenz ist teilweise enorm. Auf einem Entwicklertreffen Anfang November verglich Google-Mitarbeiter Chris Banes den Stromverbrauch von Oled-Displays in unterschiedlichen Szenarien. Beispiel Youtube: Wer in der App den sogenannten Dark-Mode aktiviert, der den eigentlich weißen Hintergrund durch dunkles Grau ersetzt, reduziert den Energiebedarf bei pausierter Wiedergabe um 60 Prozent. Wenn das Video läuft, sind es immer noch 43 Prozent. Da der Bildschirm zu den größten Stromfressern zählt, macht sich das im Alltag deutlich bemerkbar.

Dieser Zusammenhang ist seit Jahren bekannt, doch Unternehmen haben es lange Zeit versäumt, das Einsparpotenzial zu nutzen. Im Gegenteil: "Ratet mal, welche Farbe wir euch aufgedrängt haben", steht auf einer Folie von Banes' Präsentation. Es ist in Ironie verpackte Selbstkritik: 2014 stellte Google eine einheitliche Designsprache für alle seine Apps und die Android-Nutzeroberfläche vor und drängte Entwickler, dieses sogenannte Materialdesign zu übernehmen. Die dominierende Farbe ist Weiß - die mit Abstand schlechteste Wahl für Nutzer mit Oled-Displays, die ihren Akku schonen wollen. Allmählich kommt diese Erkenntnis auch bei Herstellern und Entwicklern an. Zahlreiche Apps bieten Nutzern die Möglichkeit, das Farbschema zu verändern und dunkle Hintergründe zu wählen. In der neuen Android-Version 9 lässt sich in den Display-Einstellungen ein dunkles Grunddesign wählen, das viele weiße Oberflächen des Betriebssystems durch schwarze ersetzt.

Wer ein iOS-Gerät besitzt, muss einen Umweg gehen, die Option "Farben umkehren" ist gut versteckt: Einstellungen >Allgemein >Bedienungshilfen >Display-Anpassungen. Dort wählt man am besten den intelligenten Modus, der nur bestimmte Farben verändert und etwa Bilder, Videos sowie Apps ausspart, die bereits mit einem Dark-Mode daherkommen. Leider werden viele Apps von iOS nicht richtig angepasst, deshalb ist das bisher höchstens eine Notlösung. Angeblich will Apple in der kommenden iOS-Version einen echten Dark-Mode integrieren.

Bisher profitiert aber ohnehin nur jener Teil der Apple-Nutzer, der bereit war, mehr als 1000 Euro für sein Handy auszugeben. Lediglich zwei Modelle besitzen Oled-Displays: das iPhone X aus dem vergangenen Jahr und das aktuelle Spitzenmodell, das iPhone XS. Ältere Geräte sowie das etwas günstigere iPhone XR kommen mit LCD-Bildschirm.

Android-Nutzer, die sich hier unsicher sind, können in der Bedienungsanleitung nachschlagen oder im Internet nach dem Namen ihres Geräts mit dem Zusatz "Oled-Display" beziehungsweise "LCD-Display" suchen. Eines der ersten Suchergebnisse sollte darüber Aufschluss geben, welcher Bildschirm verbaut ist. Wer ein Oled-Display besitzt und die Lieblings-App aber keinen Dark-Mode anbietet, kann zumindest die Farbe des Wallpapers ändern: Schlichtes Schwarz bringt dabei am meisten, Rot- und Grüntöne sind besser als Blau, großflächiges Weiß belastet den Akku am stärksten.

Unabhängig von der Art des Displays können alle Smartphone-Nutzer mit wenig Aufwand Strom sparen. Mit 50 statt 100 Prozent Helligkeit ist das Display meist noch gut ablesbar, schluckt aber um ein Vielfaches weniger Energie. Auch Apps wie Facebook, die sich regelmäßig im Hintergrund aktualisieren und Datenverbindungen aufbauen, zehren kräftig am Akku. Wer auf die mobile Webseite im Browser umsteigt und die App deinstalliert, verlängert die Laufzeit - und schützt seine Privatsphäre.

© SZ vom 27.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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