Geldanlage:Warum Silber es nicht mit Gold aufnehmen kann

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Gold gegen Silber: Einige Anleger denken, das sei vergleichbar. (Foto: dpa)
  • Seit Anfang Juli schoss der Silberpreis in kaum mehr als zwei Wochen zwischenzeitlich um bis zu zehn Prozent nach oben.
  • Dennoch lässt sich Silber nicht mit Gold vergleichen: Die Industrie nutzt Silber. Daher hängt die Nachfrage vom Welthandel ab.
  • Nur vor einem Zusammenbruch des Finanzsystems wäre es sinnvoll, Silber zu kaufen.

Von Victor Gojdka

Vielleicht liegt das Schicksal des Silbers in nur einem Absatz begraben, in nicht mehr als acht Sätzen. Vielleicht spielt das edle Metall wegen ihnen immer nur die zweite Geige, abgeschlagen hinter dem strahlenden Gold. Vielleicht ist es jene biblische Erzählung vom Jünger Judas Ischariot, der mit dem Verrat an Jesus seinen sprichwörtlichen 30 Silberlingen Lohn ein schlechtes Omen verlieh. Und damit am Nimbus des Silbers als edles Metall kratzte.

In den vergangenen Wochen allerdings ist nicht mehr viel zu spüren vom Silber als ewigem Zweiten, als kleinem Bruder des Goldes, als ignoriertem Edelmetall. Denn in den vergangenen Wochen ist Silber aus diesem Schatten herausgetreten, Sparer und Spekulanten setzten auf einmal einmütig ausgerechnet auf das "Gold für Arme". Seit Anfang Juli schoss der Silberpreis in kaum mehr als zwei Wochen zwischenzeitlich um bis zu zehn Prozent nach oben. Viele am Silbermarkt fragen sich nun: Kann diese wilde Aufholjagd weitergehen?

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Viele Anleger sehen in dem Edelmetall eine sichere Alternative in politisch turbulenten Zeiten. Doch als Krisenwährung taugt Gold nur bedingt.

Von Victor Gojdka

Das Comeback des edlen Metalls begann Anfang des vergangenen Monats, genau am 5. Juli. Finanzprofis hatten in ihren Tabellen einen schockierenden Wert ausgemacht: Eine Unze Silber kostete an jenem Tag plötzlich nur noch 0,0107-mal so viel wie eine Unze Gold. Selbst der sonst nicht für sprachliche Übertreibungen bekannte Datenanbieter GFMS nannte das in den Finanzterminals der Edelmetallprofis "raketenhaft". Denn im Verhältnis zu Gold war Silber schon seit 27 Jahren nicht mehr so billig.

Was dann kam, zeigt, dass es am Finanzmarkt manchmal nicht anders zugeht als im Sommerschlussverkauf. Wenn etwas als besonders billig gilt, dann schlagen viele zu. Die Spekulanten setzten auf Silber, Privatanleger sprangen auf den fahrenden Zug. "Silber hat dann verlorenen Boden gutgemacht", sagt Metallexperte Carsten Menke von der Schweizer Privatbank Julius Bär.

Denn klar, auch die Stimmung und das Umfeld waren glänzend. In den USA senkte die Notenbank diese Woche die Zinsen. Dass Silber keine Zinsen bringt, fällt da immer weniger ins Gewicht. Das zeigt sich auch im Preis, aktuell kostet eine Feinunze nun schon 16,28 Dollar. Silberfans hoffen auf einen Wachwechsel am Markt der Edelmetalle, dass Silber dem Gold den Rang abläuft. Das allerdings könnte ein frommer Wunsch bleiben. Denn auch, wenn viele Finanzprofis immer wieder die edlen Metalle Gold und Silber gleichsetzen, gibt es gravierende Unterschiede zwischen den ungleichen Geschwistern. Anders als beim Gold kommen 56 Prozent der Silbernachfrage aus der Industrie, so zeigen es Zahlen des Datenanbieters Refinitiv. Silber steckt als Leiter auf Platinen in Smartphones und Bildschirmen, bei Solarpaneelen dient es als Leiterpaste. Damit knüpft sich das Schicksal des vermeintlichen sicheren Hafens gefährlich eng an den Lauf des Welthandels. Wenn es in der Weltwirtschaft turbulent wird, setzt das dem weißen Metall zu. Schlimmer noch: "Das drückt einen Deckel auf den Silberpreis", schreibt das Analysehaus GFMS. Der große Ausbruch nach oben?

Am Ende scheint er ziemlich unwahrscheinlich zu sein. Denn der Handelskrieg setzt gerade dem Geschäft mit chinesischen Solarpaneelen heftig zu, in denen eben Silber steckt. Und zu allem Übel hat die Pekinger Führung nun auch noch Subventionen für die heimische Solarindustrie gecancelt. Auf mittlere Sicht sind das keine guten Aussichten - und auch langfristig sind Experten skeptisch. Denn als der Preis des Metalls vor einigen Jahren bei mehr als 40 Dollar stand, wurde es für viele Industriekonzerne richtig schmerzhaft, überhaupt noch mit Silber zu arbeiten. Sie verbannten das weiße Metall aus ihren Produktionsketten und ersetzten es oft durch Aluminium. "Diese Industrienachfrage kommt nie mehr zurück", sagt Edelmetallexperte Menke. Blasse Aussichten für ein blasses Metall.

Bei einer Finanzschmelze wäre Silber begehrt

Wer trotzdem an einen massiven Anstieg der Silberpreise glaubt, muss schon an eine Art Finanzschmelze glauben, an einen Zusammenbruch des weltweiten Finanzgefüges. Dann könnte Silber zu einer Art Ersatzwährung emporsteigen, plötzlich sogar beliebter sein als Gold. "Denn mit Silber können sie dann sogar beim Bäcker bezahlen", sagt Anlageberater Rainer Beckmann von der Vermögensverwaltung Ficon Börsebius Invest. Mit einer herkömmlichen Goldmünze wäre das kaum möglich, da sie viel zu viel kostet, um damit lediglich einen Minieinkauf beim Bäcker zu bewerkstelligen. "Ein paar Silberlinge können im Fall der Fälle also nicht schaden", sagt Beckmann.

Investoren sollten sich allerdings bewusst sein, dass sie das vergleichsweise teuer bezahlen. Denn wer Silber kauft, muss für eine Unze des edlen Metalls beim Edelmetallhändler in Euro derzeit mitunter etwa zwölf Prozent mehr hinlegen als den Weltmarktpreis. Ein happiger Händleraufschlag, wie ein Test der SZ zeigte. Und dazu kommt dann noch die Mehrwertsteuer. Dass Silber also tatsächlich aus dem Schatten des Goldes tritt, dürfte weiterhin ein Wunschtraum bleiben.

© SZ vom 03.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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