Siemens:Jetzt auch Ärger mit Aktionären

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Siemens-Chef Joe Kaeser steht wegen eines Kohleprojekts in Australien in der Kritik. Nun haben auch Aktionäre Widerstand angekündigt. Wobei sie weniger den finanziellen Verlust fürchten.

Von Thomas Fromm, München

Dass es großen Ärger geben würde mit Klimaschützern der Fridays-for-Future-Bewegung, muss dem Siemens-Vorstand schon seit langem klar gewesen sein. Auch wenn es nur um eine Anlage für Zugsignale geht, auch wenn der Auftrag für den indischen Bergbaukonzern Adani nur 18 Millionen Euro wert ist: Immerhin geht es bei dem geplanten australischen Kohlebergwerk nicht nur um ein Riesenprojekt - es ist auch ökologisch seit vielen Jahren höchst umstritten.

Siemens-Chef Joe Kaeser muss sich am 5. Februar den Aktionären stellen. (Foto: Krisztian Bocsi/Bloomberg)

Zugsignale also hin oder her: Siemens ist mittendrin, und deshalb muss sich der Konzern auf lautstarke Proteste einstellen, wenn er am 5. Februar zu seiner jährlichen Hauptversammlung nach München lädt. Inzwischen ist aber auch klar: Die Kohlemine wird nicht nur draußen vor der Halle, sondern auch drinnen für Ärger sorgen. Denn erste Kleinaktionäre wollen, dass Siemens-Chef Joe Kaeser nach seinen Diskussionen mit der deutschen Klimaaktivistin Luisa Neubauer und dem Festhalten an dem Projekt nicht entlastet wird und werfen ihm einen "unverzeihlichen Fehler" vor. "Mit der Entscheidung, die Signalanlagen an den Adani-Konzern zu liefern und damit an einem riesigen Kohleförderprojekt in Australien mitzuwirken, hat der Vorstand sowohl dem globalen Klima als auch der Reputation der Siemens-AG einen irreparablen Schaden zugefügt", schreibt ein Aktionär. Ein anderer wirft dem Siemens-Chef in seinem Gegenantrag wörtlich vor: "Als Vorstandsvorsitzender eines bedeutenden, international tätigen Konzerns hat Herr Kaeser damit nicht nur verantwortungslos entschieden, sondern auch den Ruf der Siemens AG nachhaltig beschädigt." Daher beantrage man, "Herrn Kaeser nicht zu entlasten". Eines der Hauptargumente der Kritiker: Der Imageverlust, den Siemens nun hat, sei für das Unternehmen schlimmer als der finanzielle Verlust, den eine Stornierung des kritischen Kohleprojekts eingebrockt hätte. Spannend dürfte nun sein, wie der Konzernchef mit den Vorwürfen seiner Miteigentümer umgehen wird. Erst vor wenigen Tagen twitterte Kaeser, man müsse seine "vertraglichen Verpflichtungen erfüllen". Gleichwohl sieht der Manager, der gerne über Nachhaltigkeit und moderne, umweltfreundliche Technologien des Konzerns spricht, den Auftrag selbst kritisch. Man müsse "auch indirekte Beteiligungen bei kritischen Projekten besser verstehen und frühzeitig erkennen", sagte er. Das genau ist die Frage: Was bedeutet hier frühzeitig? Wie früh hat der Chef selbst von dem brisanten Projekt gewusst?

Bisher hieß es bei Siemens, dass der Auftrag zu klein gewesen sei, um auf dem Schreibtisch eines Zentralvorstands oder zumindest höher angesiedelten Managers zu landen. Hinter den Kulissen heißt es aber auch, dass man durchaus zwei Jahre lang mit dem Auftrag intern beschäftigt gewesen sei und das Thema diskutiert habe. Die Frage ist dann nicht nur, mit welchem Ergebnis. Sondern auch: Wer hat denn da eigentlich was diskutiert?

© SZ vom 18.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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