Die europäische Schuldenkrise zieht immer weitere Kreise - und das verschärfende Moment ist dabei, dass mehrere Mitglieder der Euro-Zone gleichzeitig in immensen Schwierigkeiten sind. EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte, die Krise sei jetzt systemisch, also auf die gesamte Euro-Zone übergeschwappt.
Die Bemühungen um Fortschritte in Griechenland sowie ein zweites Sparpaket für Athen dauern an; eine neue Rettungsidee sieht laut Financial Times Deutschland vor, dass der griechische Staat mit Geld aus dem Euro-Rettungsschirm auf dem Sekundärmarkt Staatsanleihen zurücknimmt und dafür im Durchschnitt 50 Prozent des Nominalwertes zahlt. Gleichzeitig nehmen die Spekulanten Italien ins Visier und stufte die Ratingagentur Moody's am Dienstagabend irische Staatsanleihen auf Ramschniveau herab. Am Freitag werden zudem noch die Ergebnisse des europäischen Banken-Stresstests veröffentlicht.
Entsprechend steigt allerorten die Nervosität. Nach einem Bericht des Wall Street Journal (WSJ) rüsten sich diverse europäische Banken sogar für den Worst Case: eine Eskalation der kontinentalen Schuldenkrise sowie den Austritt oder Rauswurf eines oder gar mehrerer Länder aus der Euro-Zone. Selbst wichtige Finanzinstitute würden sich demnach mit dieser Möglichkeit beschäftigen - einem Szenario, das noch vergangene Woche als extrem unwahrscheinlich angesehen wurde.
Für die Finanzinstitute bestünde in einem solchen Fall vor allem eine Gefahr: Weil sie nicht genau wissen, inwieweit eine Bank in einem der Krisenländer besonders involviert ist, würde das Misstrauen der Geldhäuser untereinander stark ansteigen. Sie würden sich gegenseitig kein Geld mehr leihen. Die Folge könnte eine Situation wie nach dem Lehman-Crash im September 2008 sein, als der Geldmarkt völlig austrocknete und die Finanzkrise verschärfte.
Dem WSJ-Artikel zufolge wächst schon jetzt die Skepsis, sich gegenseitig Geld zu leihen. Analysten bestätigen, dass es derzeit bereits eine gewisse Anspannung gibt. Entscheidend für das weitere Verhalten der Geldinstitute dürfte aber der Freitag sein, wenn gleich zwei entscheidende Ereignisse anstehen.
Zum einen sollen die Ergebnisse des europaweiten Banken-Stresstests publik werden. Schon jetzt gibt es viele Spekulationen, welche der 91 teilnehmenden Institute durchgefallen sein könnten. Einem Bericht der spanischen Zeitung ABC zufolge sind allein sechs Geldhäuser des Landes durch die Belastungsprobe gerasselt, davon fünf der kapitalschwachen Sparkassen. Auch die österreichische ÖVAG gilt als Wackelkandidat.
Alle 13 deutschen Banken haben nach gängiger Einschätzung die Hürde von fünf Prozent hartem Eigenkapital selbst in Krisensituationen übersprungen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht daher keine Probleme. Deutschland sei für die Ergebnisse der Tests gerüstet. "Wenn in Deutschland ein Institut betroffen sein sollte, wären wir mit dem Banken-Restrukturierungsplan gut vorbereitet", sagte er.
Warten auf den Sondergipfel
Auch die portugiesischen Banken hätten den Stresstest bestanden, berichtete die gewöhnlich gut informierte portugiesische Wirtschaftszeitung Diario Económico. Insgesamt rechnen Beobachter damit, dass von den 91 Teilnehmern eine zweistellige Zahl durchfällt. Diese Institute sollen nach dem Willen der Europäischen Union ihre Eigenkapitalquoten binnen weniger Monate erhöhen, um sich besser gegen Krisen zu wappnen.
Zum anderen kommt es am Freitag unter Umständen zu einem Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union. EU-Diplomaten hatten am Dienstag gesagt, dass es ein solches Treffen geben könnte. Auch Finanzminister Schäuble erklärte, dass die Staats- und Regierungschefs womöglich persönlich zusammentreffen müssten, um den Finanzmärkten mehr Vertrauen zu geben. Am Mittwoch sagte allerdings eine Regierungssprecherin, es gebe noch keine konkreten Pläne.
Die Finanzmärkte würden ein solches Treffen sehr begrüßen. Sie warten auf ein klares Signal der Politik, wie sie mit Griechenland, Italien und den beim Stresstest durchgefallenen Banken umgehen will.