Schaeffler:Böse Worte aus Hannover

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Die Finanzkrise bringt Schaeffler in Bedrängnis: Eine interne Analyse zeigt, dass der Konzern offenbar mehr Eigenkapital benötigt - und dann sorgt auch noch ein angesäuerter Conti-Chef für Ärger.

Die Lage ist offenbar verheerend. Der fränkische Automobilzulieferer Schaeffler ist stärker von der Finanz- und Wirtschaftskrise betroffen als zuvor angenommen. Jetzt braucht die Unternehmensgruppe Hilfe - sonst könnte möglicherweise sogar die Übernahme von Continental platzen. Kurzfristig ist nach Ansicht der im Auftrag von Continental arbeitenden Investmentbank Perella Weinberg bei Schaeffler eine Eigenkapitalzufuhr von vier bis sieben Milliarden Euro nötig, berichtete das Handelsblatt. Conti lehnte eine Stellungnahme zu dem Zeitungsbericht ab.

Schaeffler braucht eine Eigenkapitalzufuhr von vier bis sieben Milliarden Euro. (Foto: Foto: AP)

"Beide Unternehmen benötigen eine Kapitalspritze", hatte am Donnerstag eine mit dem Vorgang vertraute Person gesagt. Der bis vor Kurzem als beste Lösung erachtete Verkauf der Conti-Gummisparte sei aber wegen des schlechten Marktumfelds derzeit keine Option. Alternativ wird nun darüber nachgedacht, dass Schaeffler sein Auto-Teilegeschäft bei Conti einbringt. Unklar ist dabei aber, wie die Konstruktion aussehen soll und wer das Sagen über das bestehende Gebilde haben soll.

Das Autoteile-Geschäft von Conti ist zwar deutlich größer, Schaeffler hatte seinen Anspruch auf die Führungsrolle aber bereits deutlich gemacht. "Die Automotive-Bereiche von Schaeffler und Continental zusammenzuführen ist grundsätzlich eine interessante Idee", hatte ein Schaeffler-Sprecher am Donnerstag gesagt. "Ob und wie das geschieht, ist allerdings Sache von Schaeffler."

Nach Schätzung aus der Bankenbranche liegt die Nettoverschuldung Schaefflers mit derzeit elf Milliarden Euro sechsmal so hoch wie das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen, heißt es in dem Bericht. Üblicherweise gelte bereits ein 3:1-Verhältnis von Nettoverschuldung zu Ebitda als kritisch.

Schaeffler: Die Finanzierung steht

Deshalb übten die Banken starken Druck auf Schaeffler aus, die Schuldenlast zu senken, hieß es dem Blatt zufolge am Mittwoch in der Conti-Aufsichtsratssitzung. Der fränkische Familienkonzern sieht die planmäßige Übernahme von Continental trotz Finanzkrise und einbrechender Autokonjunktur nicht in Gefahr. "Wir werden die Übernahme Anfang Januar vollziehen", sagte ein Firmensprecher. "Dann ist Schaeffler Großaktionär bei Conti." Die Finanzierung der Transaktion stehe, bekräftigte er.

Unterdessen erhebt Continental schwere Vorwürfe gegen die Franken. Schaeffler mische sich in Geschäftsverhandlungen von Conti ein, kritisierte das Unternehmen. Hintergrund sind Neu-Verhandlungen mit Banken über die milliardenschweren Kredite für die Übernahme der früheren Siemens-Tochter VDO durch Conti. Die Schaeffler-Spitze habe mit einem Schreiben an Banken versucht, Einfluss auf die Gespräche zu nehmen, kritisierte Conti-Vorstandschef Karl-Thomas Neumann scharf. "Dieser Schritt ist ein massiver Eingriff in die souveräne und unabhängige Geschäftsführung der Continental."

Neumann sagte "Das Vorgehen der Schaeffler Gruppe hat uns irritiert, weil diese damit unseres Erachtens eindeutig gegen den Geist der gemeinsam erarbeiteten Investoren-Vereinbarung verstößt." Die Intervention erfolge obendrein zu einem Zeitpunkt, an dem eine Freigabe der EU-Kommission für die Übernahme durch Schaeffler noch nicht vorliege.

Aus Bankenkreisen hieß es, Schaeffler habe in den Schreiben an Banken betont, dass der richtige Zeitpunkt für neue Verhandlungen über die Kredite für den VDO-Kauf erst nach dem Vollzug der Übernahme wäre. Schaeffler habe zudem darauf verwiesen, dass es sinnvoll sei, die Gruppe als künftigen Conti-Großaktionär bei den Beratungen einzubinden. Mögliche Ergänzungen und Modifizierungen der Kreditbedingungen sollten nicht mit dem Übernahmeprozess in Konflikt geraten.

Neue Verhandlungen über Kredite

Conti muss die Bedingungen für die milliardenschweren Kredite für die Übernahme der früheren Siemens-Tochter VDO neu verhandeln. Eine Firmensprecherin sagte, die Auto-Krise und die schlechten Aussichten für das kommende Jahr könnten dazu führen, das Conti demnächst die in den Kreditverträgen festgeschriebenen Kennzahlen für die Verschuldung und den Ertrag vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen nicht einhalten könne. Bei einer Neuverhandlung der Kredite rechne Continental mit Mehrkosten. Conti hatte VDO im vergangenen Jahr für rund 11,4 Milliarden Euro gekauft und den Großteil über Kredite finanziert.

Schaeffler hatte sich im Spätsommer eine Mehrheit an Conti gesichert und den Aktionären ein Angebot von 75 Euro pro Aktie unterbreitet. Zu dem Kurs war Continental 12,7 Milliarden Euro wert. Schaeffler wurden rund 82 Prozent der Conti-Aktien angedient. Zudem hielt das Unternehmen bereits rund acht Prozent der Anteile. Inzwischen ist der Kurs der Conti-Aktie massiv eingebrochen - aktuell liegt er bei rund 35 Euro. Der Börsenwert Contis liegt damit insgesamt nur noch bei knapp sechs Milliarden Euro.

© sueddeutsche.de/ddp-bay/dpa/Reuters/tob/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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