Saudi-Arabien:Öl für die Börse

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Eine Öl-Produktionsanlage des Konzerns Saudi Aramco in Abqaiq, Saudi Arabien. (Foto: Maxim Shemetov/Reuters)

Aramco nennt Details der geplanten Aktienplatzierung. Der Kronprinz schätzt den Wert des Konzerns auf mindestens zwei Billionen Dollar.

Von Paul-Anton Krüger, München

Der womöglich größte Börsengang der Welt steht unmittelbar bevor - allerdings könnte er bescheidener ausfallen, als ursprünglich angekündigt. Der staatliche saudische Ölkonzern Saudi Aramco werde seine Pläne für die Ausgabe von Aktien am 3. November öffentlich machen, berichtet der in saudischem Besitz befindliche Fernsehsender al-Arabiya unter Berufung auf Quellen mit direkter Kenntnis der Pläne auf dem diesjährigen Treffen der Future Investment Initiative in Riad. Die Ermittlung der Preisspanne für die Anteilsscheine werde am 17. November beginnen und der Ausgabepreis am 4. Dezember bekannt gemacht werden. Vom 11. Dezember an sollen die Papiere dann an der Tadawul gehandelt werden, der Börse von Riad. Übereinstimmend meldeten dies auch Wirtschaftsnachrichtenagenturen wie Reuters und Bloomberg. Eine offizielle Bestätigung gab es zunächst jedoch nicht.

Das Königreich hatte den Börsengang wiederholt verschoben, zuletzt nach dem Angriff auf eine wichtige Ölkonversionsanlage von Aramco in Abqaiq und das Ölfeld von Khurais, das zweitgrößte des Landes. Die Regierung in Riad und die USA hatten für die Attacke am 14. September Iran verantwortlich gemacht, den wichtigsten regionalen Rivalen des Königreichs. Riad hatte nach dem Angriff entschieden, die Veröffentlichung der Zahlen für das dritte Quartal abzuwarten, um Investoren deutlich zu machen, dass die Attacke den Ertrag des Unternehmens und damit dessen Wert nicht dauerhaft beeinträchtigt hat.

Den am Börsengang beteiligten Banken habe Aramco einen Gewinn von 68 Milliarden Dollar für die ersten neun Monate des Jahres gemeldet, berichtet Bloomberg. Der Gewinn nach Steuern und Abschreibungen im gesamten Vorjahr hatte 111,1 Milliarden Dollar betragen, womit der Konzern das mit Abstand profitabelste Unternehmen der Welt ist. Apple verdiente 59,5 Milliarden Dollar, als größter Mineralölkonzern kam Shell auf 23,4 Milliarden Dollar.

Kronprinz Mohammed bin Salman hat wiederholt öffentlich gesagt, er erwarte eine Bewertung des Unternehmens mit zwei Billionen Dollar oder mehr. Institutionelle Anleger und Branchenanalysten taxieren Aramco auf 1,3 bis 1,7 Billionen Dollar. Nicht bekannt ist bislang, wie groß der Anteil an Aramco ausfallen soll, den Saudi-Arabien an die Börse bringen will. Die Annahmen reichten bislang von anfänglich ein bis zwei Prozent, al-Arabiya berichtet nun von fünf Prozent. Damit läge das Volumen je nach Bewertung zwischen 13 und 100 Milliarden Dollar. Der Kronprinz hatte das Ziel ausgegeben, durch den Verkauf 100 Milliarden Dollar zu erzielen. Diese sollen gemäß seiner Vision 2030 investiert werden, um die Abhängigkeit der saudischen Wirtschaft vom Öl zu verringern.

Offen blieb, ob Saudi-Arabien die mit erheblichen juristischen und wirtschaftlichen Risiken behafteten Pläne weiter verfolgt, Aramco-Aktien auch an großen ausländischen Kapitalmärkten zu platzieren. Als Kandidat dafür galt lange die Börse in New York, die der Kronprinz favorisierte, doch der Vorstand des Unternehmens hält dies für zu riskant. Dort sind die regulatorischer Vorgaben strenger und die amerikanischer Anti-Terror-Gesetze bergen erhebliche Risiken. London, Tokio und Singapur hatten sich ebenfalls in Riad beworben.

Die Anzeichen, dass der oft nur bei seinen Initialen MbS genannte Thronfolger den Börsengang vorantreibt, hatten sich in den vergangenen Monaten verdichtet. So wurde Yassir al-Rumayyan, Chef des saudischen Staatsfonds PIF, zum Verwaltungsratschef des Energiekonzerns ernannt. Damit kam Riad Forderungen nach mehr Transparenz und einer organisatorischen Trennung des Staatsunternehmens vom Ölministerium des Landes entgegen. Fraglich ist, ob dies privaten institutionellen Anlegern weit genug geht. Die Ölpolitik des Landes, die etwa die Fördermengen umfasst und damit direkte Auswirkungen auf das Geschäft von Aramco hat, bleibt weiter in der Hand der Regierung.

Zur Verzögerung des Börsengangs trug laut Analysten auch die Suche nach Großinvestoren bei, die mindestens 40 Prozent der Papiere zeichnen sollen. So habe Aramco sowohl um die Gunst von internationalen Fondsmanagern als auch reicher Privatinvestoren im Königreich und der Staatsfonds in den Vereinigten Arabischen Emiraten und Singapur geworben. Der russische Staatsfonds und auch China hatten Interesse bekundet.

© SZ vom 30.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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