SAP:Kein Bit ruhiger

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Finden alles super: SAP-Chef Bill McDermott (li.) und Finanzvorstand Luka Mucic. (Foto: Uwe Anspach/dpa)

Emotional und optimistisch wie eh und je treibt Bill McDermott das Wachstum voran. Nebenher baut er den Software-Konzern kräftig um. Nur bei einer Frage steigt er auf die Bremse.

Von Stefan Mayr, Walldorf

Bill McDermott bleibt sich auch in seinem zehnten Jahr als Chef des wertvollsten deutschen Unternehmens SAP treu. Alles ist super, SAP ist super, und er selbst ist super. Das sind die Kernbotschaften, die der Vorstandsvorsitzende der größten europäischen Software-Fabrik am Dienstag in seiner gewohnt launigen Art in der Firmenzentrale in Walldorf verkündete. Umsatz und Betriebsergebnis sind 2018 gewachsen, und in den nächsten fünf Jahren soll das auch so weitergehen, verspricht McDermott. Damit das trotz des starken Wandels in der Branche so bleibt, verpasst er dem Anbieter für Unternehmens-Software in diesem Jahr ein großes Restrukturierungsprogramm. SAP will sich von etwa 4400 Mitarbeitern trennen, die nicht mehr gebraucht werden.

Im Gegenzug will McDermott "aggressiv" Fachkräfte anheuern, die fit sind in Themen der Zukunft wie künstliche Intelligenz, Internet der Dinge, Blockchain oder Quanten-Computing. "Das ist ein Wachstum-Programm, kein Kostenspar-Programm", betont McDermott. Jeder langfristig eingesparte Euro werde reinvestiert. "In einem Jahr werden wir mehr Personal haben als heute." Die Mitarbeiter können das Unternehmen mit Vorruhestandsregelungen oder Abfindungen verlassen, bis zu 950 Millionen Euro stehen hierfür bereit. Derzeit hat SAP 96 000 Beschäftigte, 21 000 davon in Deutschland. Für 2019 kündigt McDermott den Sprung über die 100 000er-Marke an.

Im vergangenen Jahr hat SAP die Erwartungen der Analysten übertroffen: Der Jahresumsatz wuchs um elf Prozent auf fast 26 Milliarden Euro, das Betriebsergebnis um zehn Prozent auf knapp 7,5 Milliarden Euro. Mit 115 Milliarden Euro Marktwert ist die Software-Fabrik das teuerste Unternehmen Deutschlands - mit einem Vorsprung von 30 Milliarden vor Siemens.

Das größte Wachstum kam zuletzt aus dem sogenannten Cloud-Geschäft, bei dem sich die Kunden ihre Computer-Programme aus dem Internet mieten. Der klassische Verkauf von Software-Lizenzen wird von dieser flexiblen Selbstbedienung aus der Datenwolke mehr und mehr verdrängt. Im vergangenen Jahr hatte McDermott den Wandel durch zwei milliardenschwere Übernahmen vorangetrieben: Er kaufte die US-Firmen Callidus und Qualtrics. In den nächsten zwei Jahren seien keine derart großen Zukäufe geplant, sagt er.

McDermott ist seit Februar 2010 Vorstandschef der SAP. Seitdem ist der gebürtige Amerikaner leicht ergraut. Und seit seinem Unfall 2015, bei dem er ein Auge verlor, trägt er eine getönte Brille. Ansonsten ist der 57-Jährige schlank wie eh und je - und kein Bit ruhiger geworden. Er klatscht in die Hände und schleudert den rechten Arm in die Höhe. "Wir bauen eine Kampfmaschine, um all die Dotcoms zu besiegen", ruft er in Anspielung an die Start-up-Unternehmen, die dem Giganten aus dem Badischen Marktanteile streitig machen. "SAP wird durchstarten und die Konkurenz wird unter dem Radar fliegen."

Sein Vertrag läuft bis 2021, seine Prognosen gehen bis 2023: Der Gesamtumsatz soll um zehn auf 35 Milliarden Euro steigen, das Betriebsergebnis jährlich um mindestens 7,5 Prozent. Die Aktionäre ließen sich von seinem Optimismus allerdings nicht anstecken: Der Börsenkurs sank am Dienstag um fast drei Prozent, SAP war größter Verlierer im Dax.

Um vom obersten Verkäufer der SAP eine defensive Antwort zu bekommen, muss man ihn nach seinem Auftritt ansprechen, wenn das Mikrofon nicht mehr am Revers steckt. Nein, er werde erstmal nicht als US-Präsident antreten, sagt er. Vor Jahren hatte er noch durchblicken lassen, dass er sich das Amt zutraue und eine Kandidatur vorstellen könnte. Am Dienstag verabschiedete er sich von diesem Plan - zumindest mittelfristig. "Hier bei SAP kann ich am meisten tun, um die Welt zu verbessern", sagte McDermott. Er habe sehr wohl über das Thema nachgedacht, sei aber zur Entscheidung gekommen, SAP-Chef zu bleiben. "Es gibt hier noch so viel zu tun." Aber er fügte auch hinzu: "Never say never." Sag niemals nie.

© SZ vom 30.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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