Samsung:Klappt doch

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Für das neue faltbare Smartphone sollen Samsung-Kunden etwa 2000 Euro bezahlen. Doch die Konkurrenz hat schon nachgezogen. (Foto: Josh Edelson/AFP)

Samsung bietet ein faltbares Smartphone für 1980 Dollar an. Teuer? Das Fold kann mehr, heißt es beim Unternehmen. Es hofft, dass die Nutzer das auch so sehen.

Von Malte Conradi, San Fransisco

Vielleicht waren Smartphones ja all die Jahre viel zu billig. Noch vor zwei oder drei Jahren hätten viele laut gelacht über die Idee, ein Smartphone für 1000 Euro zu kaufen. Noch vor etwas mehr als einem Jahr schüttelten viele den Kopf, als Apple seine neue iPhone-Generation sogar über der 1000-Euro-Grenze positionierte. Heute muss man feststellen: Die Zweifler hatten unrecht. Jeder große Smartphone-Hersteller hat inzwischen ein 1000-Euro-Gerät im Angebot, zumindest ein Teil der Kunden ist offenbar bereit, solche Preise zu bezahlen. Und es reicht ja ein Blick in eine beliebige U-Bahn, um zu erkennen, dass ihr Handy für viele mehr ist als ein banales Gerät zum Telefonieren und Abrufen von E-Mails. Die Vermutung liegt also nahe, dass der gefühlte Wert ihres Smartphones weit über dem Preis liegt, den viele Menschen dafür bezahlt haben.

Samsung setzt nun darauf, dass die 1000-Euro-Marke noch lange nicht das Ende ist. Sein neues Top-Gerät bietet der Konzern für 1980 Dollar an. Ab 1980 Dollar, um genau zu sein. Bei den besser ausgestatteten Versionen wird also eine Zwei auf dem Preisschild stehen. Als dieser Preis am Mittwoch bei der Vorstellung der neuen Samsung-Geräte auf der riesigen Leinwand aufscheint, geht ein Raunen durch die Menge, so laut und anhaltend, dass dem Moderator die wohl orchestrierte Show kurz entgleitet.

Die Preise für den deutschen Markt sind noch nicht bekannt, aber hängen bleiben wird von der Präsentation in San Francisco wohl vor allem eine Frage: 2000 Euro für ein Smartphone - sind die bei Samsung übergeschnappt?

Wobei, das muss man gleich dazu sagen, das eine unfaire Verkürzung wäre. Denn was Samsung da vorgestellt hat, ist mehr als ein Smartphone. Das Fold ist der erste Taschencomputer mit einem faltbaren Display. Im zusammengeklappten Zustand kann das Gerät, was ein modernes Smartphone eben so kann - mit einem 4,6 Zoll großen Bildschirm.

Klappt der Nutzer es aber auf, hat er einen Bildschirm von der Größe eines Tablets vor sich (7,3 Zoll). Die Inhalte, die zuvor auf dem kleineren Bildschirm angezeigt wurden, springen dabei automatisch auf das größere Pendant im Inneren des Geräts. Drei Fenster zugleich können auf dem großen Bildschirm angezeigt und bearbeitet werden, sechs Kameras sind rund um das Gerät verteilt. Um all das mindestens einen Tag am Laufen zu halten, verbaut Samsung gleich zwei Batterien, jeweils eine auf jeder Seite der Scharniere in der Mitte.

Die Nutzer sollen Handy und Tablet durch ein einziges Gerät ersetzen - und dafür viel bezahlen

Samsung geht also die Wette ein, dass genug Menschen bereit sind, Handy und Tablet durch ein einziges Gerät zu ersetzen - und dafür so viel zu bezahlen, wie die beiden vorigen Geräte zusammen kosten. Aber wie gesagt: Möglicherweise geht es bei Smartphones nicht immer um eine rationale Kosten-Nutzen-Analyse.

Der Analyst Werner Goertz jedenfalls räumt Samsung mit dem Fold gute Chancen ein: "Immer mehr Menschen arbeiten immer mehr von unterwegs aus. Ich kann mir gut vorstellen, dass Samsungs neues Gerät für sie nicht nur Smartphone und Tablet, sondern auch den Laptop ersetzen kann. Und dann sind 1980 Dollar plötzlich gar nicht mehr so viel."

Ohnehin geht es für Samsung beim Fold um mehr als um die reinen Absatzzahlen. Denn der koreanische Konzern war zuletzt mächtig unter Druck geraten. Auf der einen Seite steht der Konkurrent Apple. Seit er den technischen Vorsprung eingebüßt hat, positioniert er sich als Luxus-Anbieter und fährt mit seinen iPhones nach wie vor traumhafte Margen ein. Von der anderen Seite kommt mit Macht der chinesische Angreifer Huawei, der Samsung aller Voraussicht nach früher oder später als Marktführer ablösen wird.

Samsung brauchte also einen Befreiungsschlag - und nach Meinung von Werner Goertz ist der gelungen: "Mit dem Fold positioniert Samsung sich als Erneuerer, vielleicht sogar als Revolutionär." Samsung-Chef DJ Koh wäre sicher hocherfreut, den Experten vom Analysehaus Gartner so sprechen zu hören. Schließlich ließ er bei der Präsentation zuvor keine Gelegenheit aus, das Fold als einschneidende Erfindung zu beschreiben, nie zuvor dagewesen, der Beginn einer neuen Ära. Ja, er sagt sogar: "Schnallt euch an."

Sollte das Manöver gelingen, sollten die Kunden das Gerät annehmen, wäre es wohl eine große Genugtuung für Samsung. Schließlich war das erste Smartphone des Konzerns vor ziemlich genau zehn Jahren eine recht unverblümte Kopie des damaligen iPhones. Nun eine neue Produktkategorie zu begründen, die Beobachter seit Jahren eigentlich von Apple erwarten, es wäre ein zweiter Triumph über den Rivalen aus dem Silicon Valley, nachdem Samsung ihn bei den Verkaufszahlen schon 2014 überholte.

Weil auch für Samsung im besten Fall die Verkaufszahlen eines 2000-Dollar-Geräts begrenzt sein dürften, stellte der Konzern am Mittwoch auch die neue Generation seiner Galaxy-Reihe vor. Man tritt niemandem zu nahe, wenn man sie als solide Weiterentwicklung bezeichnet: Mehr Rechenkraft, noch mehr und tollere Kameras, brillante Displays, die ein oder andere neue Funktion. Nichts, was die Kunden dazu verführt, ihr Smartphone sofort gegen ein neues Galaxy 10 einzutauschen. Aber auch nichts, was sie davon abhält, ein Samsung zu kaufen, sollten sie ein neues Gerät brauchen.

Für echtes Begehren soll bei Samsung künftig das Fold sorgen. Als Verkaufsstart wird April genannt, in Deutschland wird die Neuerfindung des Klapphandys von 3. Mai an erhältlich sein.

© SZ vom 22.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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