Es war einer dieser seltenen Momente, Anfang dieser Woche, als Saudi-Arabien der Welt klar machte, wie viel Einfluss das Königreich im Nahen Osten immer noch auf den weltweiten Ölmarkt hat und wie aufmerksam seine Entscheidungen über die Ölproduktion beäugt werden: Vertreter des Landes ließen Händler in New York wissen, Saudi-Arabien plane keine Förderkürzungen, worüber monatelang spekuliert worden war. Der niedrige Ölpreis, so scheint es, kommt den Saudis gar nicht ungelegen.
Seit vier Monaten kennt der Preis für ein Barrel Öl (etwa 159 Liter) allen Krisen der Welt zum Trotz nur einen Weg: nach unten. Nachdem er am Montag den tiefsten Stand seit vier Jahren erreicht hatte, sank er im Lauf der Woche teils deutlich unter 85 Dollar. Die Ansage Saudi-Arabiens, nicht weniger Öl aus dem Boden zu holen, um den Preis zu stützen, verstärkte den Trend.
Auf den ersten Blick wirkt die Sache paradox: Zwar tobt im Irak und in Syrien, dort also, wo viel Öl liegt, der blutige Konflikt mit der Terrormiliz Islamischer Staat. Und mit Russland ist auch noch der zweitgrößte Öl-Exporteur der Welt in einen Krieg in der Ukraine verwickelt.
Den großen Trend aber, der sich gerade am Ölmarkt abzeichnet, beeinflusst das kaum. Denn, so viel wird auf den zweiten Blick deutlich, beim Ölpreis zeigen sich die Folgen steigender oder fallender Preise immer erst um Jahre verzögert. Und so erlebt die Welt gerade die Folgen der seit mehr als zehn Jahren - bis auf einen vorübergehenden Absturz in der Weltwirtschaftskrise zwischen 2008 und 2011 - gestiegenen Preise, die teure Investitionen in neue Quellen attraktiv erscheinen ließen.
Mehr Öl als je zuvor verfügbar
Neue Förderquellen wurden in den vergangenen Jahren erschlossen. Die Nutzung von Ölsanden in Kanada und die Fracking-Technologie in den USA ließen das Angebot stark steigen. Die Nachfrage aber stieg nicht so sehr wie von vielen erwartet. Jetzt ist so viel Öl verfügbar wie nie zuvor, aber es gibt nicht mehr Abnehmer. "Das hat den Druck auf den Ölpreis reduziert", sagt der Kölner Energieökonom Marc Bettzüge.
Und genau deshalb schauen mit einem Mal wieder alle auf die Opec, das in die Jahre gekommene Kartell Erdöl produzierender Länder. Deshalb gewinnt eine Institution, die viele bereits abgeschrieben hatten, zumindest vorübergehend wieder an Macht. Beschließen die Opec-Mitglieder, weniger Öl zu fördern, können sie den Preis stabilisieren - denn noch immer kontrolliert die von den Nahost-Mitgliedern angeführte Gruppe mehr als 40 Prozent der weltweiten Ölförderung.