Ratiopharm-Mogul Merckle:Bangen bis zum Schluss

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Milliardär Adolf Merckle zittert um sein Imperium: Einigt er sich nicht bis Mitternacht mit seinen Banken, droht seiner Firmengruppe die Zerschlagung.

D. Deckstein, M. Hesse und K. Ott

Das Firmenimperium des Unternehmers Adolf Merckle droht zu zerfallen. Wenige Stunden vor Ablauf eines Stillhalteabkommens zeichnete sich am Dienstag keine Einigung zwischen dem Milliardär und seinen Gläubigern ab. Die Frist endete um Mitternacht. "Es gibt keine Verlängerung des Stillhalteabkommens", sagte ein mit den Gesprächen vertrauter Banker.

Milliardär Adolf Merckle in Not: Seinem Firmenimperium droht die Zerschlagung. (Foto: Foto: dpa)

Bleibe es dabei, müsse Merckles Firmenholding VEM Vermögensverwaltung vermutlich bald Insolvenz anmelden. Das könne weitere Insolvenzen bei den operativen Gesellschaften des Merckle-Reiches auslösen, zu denen der Generikahersteller Ratiopharm, der Pharmahändler Phoenix und der Zementkonzern Heidelberg-Cement gehören.

Die Familie Merckle hatten nach Angaben eines Sprechers am Montag weitere Sicherheiten aus dem privaten Vermögen sowie aus den Firmen angeboten, um die Banken zu einer Verlängerung des Stillhalteabkommens um bis zu drei Wochen zu bewegen. Diese Zeit sollte genutzt werden, um einen langfristigen Sanierungsplan auszuarbeiten. Das Angebot Merckles ging den Banken jedoch offenbar nicht weit genug, hieß es in Verhandlungskreisen. Merckle braucht etwa eine Milliarde Euro frisches Geld.

Schmerzhafte Trennung

Mehr als 30 Banken unter der Führung der Royal Bank of Scotland, der Commerzbank, der Deutschen Bank und der Landesbank Baden-Württemberg fordern von der Familie Merckle offenbar, dass sie große Teile ihres Firmennetzes aufgibt. Als erster Verkaufskandidat hatte zuletzt Ratiopharm gegolten. "Es geht nicht nur um den Verkauf von Ratiopharm, sondern auch von Phoenix und Heidelberg-Cement", hieß es in Verhandlungskreisen. Alle großen operativen Einheiten müssten in die Lösung miteinbezogen werden.

Die Familie Merckle müsse sich weitgehend von ihren großen Engagements trennen, auch wenn das für die Familie schmerzlich sei. Über diese Linie bestehe unter den Banken weitgehend Konsens. Man gebe die Hoffnung nicht auf, mit der Familie Merckle noch eine Lösung zu erzielen. "Totgesagte leben länger", hieß es.

Firmen als Sicherheit

Merckles Vermögen wird auf mehr als sieben Milliarden Euro geschätzt. Mitte November war bekannt geworden, dass er mit einer Spekulation auf fallende VW-Aktien einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag verloren hatte. Finanzielle Probleme hatte die VEM-Holding, über die Merckle große Teile seines Firmennetzes steuert, jedoch schon vorher. So hatte VEM 2007 bei der Merckle-Firma Heidelberg-Cement per Kredit eine Kapitalerhöhung finanziert und als Sicherheit dafür Aktien hinterlegt.

Auch große Teile der anderen Merckle-Firmen sind bereits als Sicherheit verpfändet. Im Zuge der Finanzmarktkrise schmolz der Wert der Aktien und damit der Sicherheiten zusammen. "Der sich so ergebende Liquiditätsengpass der VEM kann kurzfristig nur durch die Mitwirkung der Banken ausgeglichen werden", heißt es in einer Mitteilung der Holding vom Montagabend. Das Land Baden-Württemberg hatte es abgelehnt, Merckle mit einer Bürgschaft zu helfen.

In Bankenkreisen galt es am Dienstag als wahrscheinlich, dass es die Kreditinstitute wegen der weitreichenden Folgen einer Insolvenz nicht zum Äußersten kommen lassen würden. Selbst wenn es kein neues Stillhalteabkommen gibt, könnten die Institute ihre Forderungen noch eine Weile einfrieren. Eine Insolvenz würde auch die Banken hart treffen, da der Wert ihrer Sicherheiten stark an Wert verloren hat. Eine Insolvenz von VEM könnte das Firmenimperium wie ein Kartenhaus einstürzen lassen. Bei den verschachtelten Beteiligungen spielt die VEM eine zentrale Rolle. So finanzierte die Holding über die Kötitzer Ledertuch- und Wachstuchwerke AG, eine weitere Beteiligungsfirma Merckles, die Kapitalerhöhung bei Heidelberg-Cement.

© SZ vom 03.12.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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