Quelle: Verkauf:Absage an die Heuschrecken

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Bei Quelle sind offenbar noch drei Investoren im Rennen, noch im Oktober soll ein Geldgeber für das marode Versandhaus präsentiert werden. Doch die Verhandlungen sind zäh.

U. Ritzer

Diskretion ist alles. Also traf man sich in den vergangenen Wochen zu größeren Runden nie am Quelle-Sitz im fränkischen Fürth, sondern meist auf neutralem Boden im Großraum Frankfurt. In Besprechungszimmern des Bankhauses Metzler und von Insolvenzverwalter Klaus-Hubert Görg verhandelten die Abgesandten von vier Investoren mit Görgs Bevollmächtigtem Jörg Nerlich über den Kauf der insolventen Arcandor-Versandhandelssparte Primondo, deren Herzstück das Versandhaus Quelle ist.

In wenigen Tagen wird die Geheimniskrämerei ein Ende haben und einer der Interessenten den Zuschlag erhalten. Denn nach Informationen der Süddeutschen Zeitung steht ein Verkauf von Primondo/Quelle unmittelbar bevor.

Noch drei Investoren übrig

"Mit großer Sicherheit" werde man noch in diesem Monat mit einem Investor einig, hieß es aus Unternehmenskreisen. Die Verhandlungen seien "sehr weit gediehen." Von den vier Investoren hätten drei bis zuletzt sehr hohes Interesse gezeigt, während sich der vierte zurückgezogen habe. Über die Identität der potentiellen Übernehmer herrscht nach wie vor Rätselraten. Nerlich sprach in der Vergangenheit von "Investoren mit hoher Finanzkraft". Wenngleich er klassischen Heuschrecken ausdrücklich eine Absage erteilte, schloss er den Zuschlag für einen Finanzinvestor nie aus.

In Firmenkreisen ist davon die Rede, dass die Interessenten auch Branchenerfahrung im Versandgeschäft mitbrächten. Alle vier hätten sich mit hohem personellen und finanziellen Einsatz in die Primondo-Prüfung gestürzt, heißt es. Das zeige wiederum, dass ihr Übernahmeinteresse ernsthaft sei.

3700 Mitarbeiter müssen gehen

Die abschließenden Verhandlungen drehen sich vor allem um drei Punkte: Zum einen geht es um das Personal. Den Abbau von 3700 der insgesamt etwa 10.000 Beschäftigten im insolventen Teil des Primondo/Quelle-Firmengeflechtes bis spätestens 31. Januar 2010 hatte der Insolvenzverwalter bereits angekündigt.

3100 von ihnen haben ihre sprichwörtlich blauen Briefe bereits erhalten. Die restlichen Kündigungen werden in Abstimmung mit den potentiellen Übernehmern vorgezogen. Was die Angst der Mitarbeiter vor einer neuerlichen Entlassungswelle schürt. Görgs Sprecher trat dem entgegen. "Es bleibt am Ende in etwa bei der Größenordnung 3700", sagte er. Spekulationen über die Streichung von bis zu 4500 Stellen wies er zurück.

Der entsprechende Personalabbau ist eine der Bedingungen aller im Rennen um Primondo verbliebenen Investoren. Eine andere ist, dass die Verträge mit Logistikern und Dienstleistern, vor allem im IT-Sektor, günstiger für Primondo/Quelle gestaltet werden müssen als in der Vergangenheit. Auch da sei man inzwischen auf einem "guten Weg", hieß es.

Factoring-Geschäft ist mit hohen Ausfall-Risiken

Bleibt das Problem der künftigen Finanzierung. Wie im Versandhandel üblich, arbeitet Quelle mit einem Factoring-System. Wenn ein Kunde Ware bestellt, finanziert bislang die Factoring-Bank Valovis den Rechnungsbetrag vor. Dadurch erhält Quelle die Summe (abzüglich einer Provision für Valovis). Andernfalls müsste das Versandhaus womöglich lange warten, denn die meisten Kunden stottern die Rechnung in Raten ab.

Dieses Factoring-Geschäft ist mit hohen Ausfall-Risiken für Valovis verbunden. Diese federt Valovis mit Hilfe von Refinanzierungsbanken ab, konkret der BayernLB und der Commerzbank. Diese wiederum handelten zuletzt nur auf politischen Druck. Denn beide benötigen ihrerseits Mittel aus dem staatlichen Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (Soffin). Damit verbunden ist die Vorgabe, von riskanten Geschäften die Finger zu lassen.

Factoring im Versandhandel ist zweifellos riskant. So verwundert es wenig, dass mögliche Primondo-Käufer das künftige Factoring-Konstrukt bereits vor einer Übernahme längerfristig geklärt haben wollen. Dem Vernehmen nach macht vor allem die bayerische Staatsregierung Druck, damit eine Übernahme nicht an Soffin-Vorgaben in Zusammenhang mit einem Factoring-Konstrukt scheitert.

© SZ vom 14.10.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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