Putzdienst-App:Homejoy geht unter - die On-Demand-Branche ist gewarnt

Lesezeit: 3 min

Damit hat auch "The Hoff" nicht gerechnet: David Hasselhoff machte noch vor wenigen Monaten Werbung für Homejoy. (Foto: AFP)
  • Der Putzdienst-Vermittler Homejoy gibt nach drei Jahren auf.
  • Das Start-up hatte 2013 noch fast 40 Millionen Dollar von Investoren eingesammelt.
  • Schwächen im Management, verpatzte Expansion und harter Preiskampf gelten als Gründe für das Scheitern.
  • Die Debatte um Scheinselbständigkeit trübt die Aussichten der On-Demand-Dienste.

Von Johannes Kuhn, San Francisco

Kehraus bei Homejoy: Der umstrittene Putzdienst-Vermittler macht zum 31. Juli dicht, wie das kalifornische Start-up in einem Blogeintrag mitteilt.

Nach nur drei Jahren endet damit eine Geschichte, deren Ausgang andere Jung-Unternehmen der "On-Demand-Wirtschaft" unangenehme Bauchschmerzen bereiten dürfte.

Bis vor kurzem galt Homejoy noch als Erfolgsmodell und Beispiel für die "Uber-isierung" der Welt: Inspiriert vom Privattaxi-Dienst Uber konzipierten die Geschwister Adora und Aaron Cheung ihre Firma 2012 als App, mit der Firmen und Privatpersonen zu günstigen Preisen Reinigungskräfte anfordern können.

Das Versprechen, über die Provisionen und globale Verbreitung einen Milliardenmarkt zu erschließen, bescherte Homejoy das Interesse von Investoren wie Google Ventures, PayPal-Mitgründer Max Levchin oder dem deutschen Kapitalgeber Oliver Jung. Sie steckten gemeinsam fast 40 Millionen US-Dollar in das Start-up. "Wir wollen nicht nur eine großartige nordamerikanische Firma, sondern eine großartige globale Firma sein", kündigte Gründerin Adora Cheung an, als Homejoy Ende des Jahres von Forbes zu einem der "30 heißesten Start-ups" gekürt wurde.

Eine Idee, viele Start-ups

Den Weg zur Milliarden-Firma erkaufte sich Homejoy zunächst mit Extrem-Rabatten, Hausreinigungen für 19 Dollar sollten die Nutzerzahl nach oben treiben. Doch das Start-up war nicht alleine mit seiner App-Idee: Weltweit fassten zahlreiche Konkurrenten Fuß, vom US-Rivalen Handy über den Samwer-Klon Helpling bis zu regionalen Mini-Start-ups.

Putzdienste im Internet
:Schmutzige Geschäfte

Ein Bier trinken gehen, während jemand zuhause den Abwasch macht? Kein Problem. Start-ups wie Helpling und Clean Agents versprechen faire Putz-Dienste für wenig Geld. Den Preis dafür bezahlen die Reinigungskräfte.

Von Charlotte Theile

2014 hob Homejoy die Preise an und expandierte nach Großbritannien, Frankreich, Kanada und Deutschland, um der erstarkenden Konkurrenz entgegen zu treten; in Deutschland ging der Dienst in Berlin, Hamburg und München an den Start, in Frankreich und Kanada musste er sich wieder zurückziehen.

Der aggressive Preiskampf ging einher mit Debatten über die Arbeitsbedingungen der Reinigungskräfte, die offiziell als Freiberufler agieren, keinerlei soziale Sicherheit haben und von ihrem mäßigen Stundenlohn auch noch eine Provision abtreten müssen. In den USA wurde bekannt, dass mehrere Homejoy-Freiberufler so arm sind, dass sie in Obdachlosenheimen leben.

Freiberufler oder feste Mitarbeiter?

In den vergangenen Monaten war in der Tech-Branche zu hören, dass das junge Management mit seiner Aufgabe überfordert erscheine und die Firma die hohen Verluste nicht eindämmen könne. Verhandlungen über eine Übernahme durch Handy und Helpling schlugen Berichten zufolge vor kurzem fehl.

Von all dem ist im Abschieds-Eintrag Adora Cheungs natürlich nichts zu lesen. Stattdessen erklärte sie der Technologie-Seite Re/code, Klagen gegen Homejoy seien ausschlaggebend für das Ende gewesen. Vier offiziell als freiberufliche Dienstleister beschäftigte Reinigungskräfte hatten auf die Anerkennung einer Festanstellung geklagt.

Ähnliche Klagen laufen derzeit auch gegen die Privattaxi-Anbieter Lyft und Uber oder die Lieferdienste Instacart und Postmates. Instacart und die Macher der Versand-App Shyp haben bereits angekündigt, einen Teil der Freiberufler zu Mitarbeitern zu machen.

Erst im Juni hatte die kalifornische Arbeitsbehörde einer Uber-Fahrerin Schadenersatz zugesprochen, weil diese als offizielle Mitarbeiterin zu gelten habe. In dieser Woche veröffentlichte das US-Arbeitsministerium ein Dokument, das Bundesbehörden anweist, Firmen genauer auf mögliche Scheinselbständigkeit zu untersuchen. "Einige Mitarbeiter könnten absichtlich falsch klassifiziert worden sein, um Kosten zu sparen und Arbeitsgesetze zu umgehen", heißt es dort. Auch US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton hat das Thema bereits auf die Agenda gesetzt.

US-Fahrdienst Uber
:Fahrer wehren sich gegen Freiberufler-Status

Sind Fahrer von Taxi-Alternativen wie Uber oder Lyft wirklich selbständig? Oder müssten sie eigentlich fest angestellt werden? In Kalifornien könnte diese Frage vor Gericht landen. Den Unternehmen drohen empfindliche Schadensersatz-Forderungen.

Von Johannes Kuhn

Einer Berechnung des Tech-Portals The Information zufolge würde eine Änderung des Mitarbeiter-Status die ohnehin knapp kalkulierte Gewinnspanne der Start-ups erheblich schrumpfen - und damit auch die Profitabilität, die Investoren erwarten. Dass Homejoy sich in den vergangenen Monaten offensichtlich schwer tat, Kapitalgeber für eine neue Finanzierungsrunde zu finden, zeigt die Unsicherheit über die Zukunft der On-Demand-Wirtschaft.

Der Rivale lockt bereits

In der Technologie-Branche werden deshalb die Rufe lauter, eine neue Art von Mitarbeit zu definieren, die zwischen Freiberufler und Festangestelltem liegt, und eine Mischung aus Absicherung und Flexibilität bietet.

Das Technik-Team von Homejoy muss nicht um seine Festanstellung fürchten: Es wird von Google übernommen, das einen Marktplatz für Haushalts- und Handwerker-Leistungen planen soll, wie ihn Task Rabbit und Amazon bereits anbieten.

Und am Freitag meldete sich auch der Putzdienst-Rivale Handy zu Wort: Homejoy-Reinigungskräfte seien herzlich willkommen, teilte ein Sprecher mit. Wer jetzt wechsle, erhalte einen Bonus in Höhe von 1000 Dollar.

© Süddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: