Pro:Die Republik braucht Opel

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Deutschland kann nicht ohne Opel. Warum der Autohersteller aus Rüsselsheim nicht einfach verschwinden darf.

Melanie Ahlemeier

"Jeder Popel fährt 'nen Opel" war über etliche Jahre ein gerngemachter Witz, wenn der Nachbar voller Stolz seinen neuen Wagen vorführte. Die Kernbotschaft hinter dem Spruch: Der Opel ist ein langweiliges Massenprodukt - unauffällig, ideenlos, ob seiner unverwüstlichen Art vielleicht für Landwirte geeignet, zumindest aber ein Alte-Leute-Auto. Doch die Wahrheit ist: Opel, der Konzern mit dem Blitz im Kühlergrill ist Teil der deutschen Identität. Die gibt man nicht so einfach auf.

Opel schreibt seit Jahren schwarze Zahlen und gerät nun wegen der GM-Krise selbst in die Bredouille. (Foto: Foto: AP)

146 Jahre hat das Unternehmen inzwischen auf dem Buckel, anfangs wurde mit der Produktion von Nähmaschinen und Fahrrädern, später dann mit Autos Geld verdient. Und weil der Laden so gut lief, kauften Ende der 1920er Jahre die Amerikaner das Unternehmen auf. General Motors, der größte Autohersteller der Welt, schluckte das urdeutsche Unternehmen. Für mehr als 33 Millionen Dollar - ein unfassbar hoher Preis für damalige Zeiten.

Opelaner sind heute stolz auf ihr Unternehmen, im Hintergrund laufen bereits die Vorüberlegungen zum Jubliäum in vier Jahren. Das soll groß gefeiert werden - darum verteilt selbst Opel-Betriebsratschef Klaus Franz schon mal Einladungen für das Festtreffen der Mächtigen aus Politik und Wirtschaft, wie jeder ARD-Zuschauer am Sonntag bei "Anne Will" hören konnte.

Das einst angestaubte Image hat Opel längst abgelegt - der deutschen Ingenieurskunst aus dem Forschungszentrum Rüsselsheim sei's gedankt. Mehrere tausend hervorragend ausgebildete Fachkräfte entwickeln neue Motoren, bessere Module und leichtere Materialien für Fahrzeuge der künftigen Generationen - davon hat Opel in den vergangenen Jahren massiv profitiert. Die Erfolgsmodelle Corsa und Astra sind nur zwei Beispiele dafür, wie Opel in den vergangenen Jahren in der hart umkämpften Automobilindustrie gepunktet hat.

Wie erfolgreich mit Autos Geld verdient werden kann, hat Opel in den vergangenen Jahren eindrucksvoll gezeigt. Nach der Gesundschrumpfung Ende 2004 ging es für die Opelaner steil bergauf - seit Jahren schreibt das ehemals Verluste einfahrende Unternehmen schwarze Zahlen.

Und weil natürlich auch für Opel gilt, dass mit kleinen Autos kleines Geld und mit großen Autos großes Geld verdient werden kann, schicken die Rüsselsheimer demnächst den Insignia an den Start. Der Wagen, der dem VW Passat Konkurrenz machen soll, begeistert die Auto-Tester; selbst einstige Opel-Skeptiker haben sich von dem neuen Modell schon überzeugen lassen. Schade nur, dass der neue Hoffnungsträger in einer wirtschaftlich so schwierigen Zeit in den Markt geht. Seit vergangener Woche ist bekannt, dass Deutschland in der Rezession steckt, und für die Zukunft malen Experten düstere Szenarien.

Auch beim Mutterkonzern General Motors wird die deutsche Ingenieurskunst hoch geschätzt, in etlichen US-Modellen fährt deutsche Entwicklungsarbeit mit. Für das bei ihrer Tochter eingekaufte Know-how schulden die infolge einer verfehlten Modellpolitik in Schieflage geratenen Amerikaner Opel derzeit Milliardenbeträge - und bringen das im Kern gesunde deutsche Tochter-Unternehmen in die Bredouille.

Deutschland braucht Opel aber auch, weil Konkurrenz immer noch das Geschäft belebt. Neben Volkswagen braucht es einen zweiten starken nationalen Anbieter, der die Entwicklung günstiger Mittelklassewagen weiter vorantreibt. Nichts wäre schlimmer, als wenn sich auch auf dem deutschen Automarkt mit BMW, Daimler und VW die "Big Three" fänden - ohne Opel. Denn mehr Konkurrenz heißt nicht nur mehr Wettbewerb und mehr Ideen für Neuentwicklungen. Es bedeutet auch, dass sich die deutschen Autohersteller im internationalen Innovationswettbewerb nicht den Rang ablaufen lassen. Mehr Hersteller im Angebot heißt für den Kunden in erster Linie mehr Auswahl - wie popelig er es haben will, kann er ja selbst entscheiden.

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