Porsche, VW und das Geld:"Die Not muss groß sein"

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Niedersachsen soll den Weg für den Einstieg Katars bei VW und Porsche ebnen. Der VW-Betriebsratschef vergleicht indes Porsche-Chef Wiedeking mit einer "Heuschrecke".

D. Deckstein, S. Braun und K. Ott

Die seit Wochen währenden Turbulenzen bei Porsche und VW, die am Wochenende einen neuen Höhepunkt erreichten, lassen sich nur mit Hilfe des niedersächsischen Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) meistern. Das Land Niedersachsen ist Anteilseigner bei VW und hat dort dank eines speziellen Gesetzes entscheidenden Einfluss.

Christian Wulff (l.), VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh und Porsche Vorstandschef Wendelin Wiedeking. (Foto: Foto: dpa)

Für bedeutsame Neuerungen bei dem in Wolfsburg ansässigen Autokonzern ist Wulffs Einverständnis nötig. Aus diesem Grund sprachen Emissäre des arabischen Öl-Emirats Katar am Wochenende bei Wulff und dessen Regierung vor, um das Land Niedersachsen für ihre Pläne zu gewinnen. Aus Regierungskreisen hieß es dazu, das Treffen sei "konstruktiv" verlaufen. Details nannte die Regierung nicht.

Katar will als Großaktionär bei dem in Stuttgart-Zuffenhausen ansässigen Sportwagen-Hersteller Porsche einsteigen, der dringend Geld braucht. Die Staatsbank KfW hat einen von Porsche beantragten Großkredit über 1,75 Milliarden Euro vorläufig abgelehnt. Das verschärft die Probleme in Zuffenhausen. Vorstandschef Wendelin Wiedeking hat sich bei dem Versuch übernommen, mit Porsche den deutlich größeren Autokonzern VW zu übernehmen.

Großaktionär mit Riesenschulden

Die Stuttgarter sind inziwschen zwar Mehrheitsaktionär in Wolfsburg, sie sitzen aber auf einem Schuldenberg von rund zehn Milliarden Euro. Wiedeking will nach Angaben aus Porsche-Kreisen das Öl-Emirat Katar mit fast 30 Prozent an dem Sportwagen-Hersteller beteiligen. Das soll mindestens zwei bis drei Milliarden Euro bringen. Über Porsche wäre Katar dann auch Großaktionär bei VW.

In Wolfsburg stößt Wiedekings Vorgehen aber auf vehemente Kritik. VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh sagte der Süddeutschen Zeitung, Wiedeking und dessen Finanzvorstand Holger Härter hätten bei der geplanten Übernahme von VW "getrickst und gezockt wie Heuschrecken". Nun solle Katar helfen. "Ein neuer Großaktionär bei Porsche würde aber auch unsere Lage in Wolfsburg ganz massiv beeinflussen und verändern."

Sollte Porsche auf Betreiben von Katar durchsetzen wollen, dass VW höhere Dividenden an die Aktionäre ausschütten solle, dann bestünde die Gefahr, dass viel Geld bei VW abfließe. Diese Mittel würden dann etwa für die Entwicklung neuer Auto fehlen. "Dagegen würden wir uns wehren", sagte Osterloh. Gegen die Interessen von Niedersachsen und der Belegschaft sei bei VW nichts durchsetzbar. Osterloh fordert vom Öl-Emirat Katar, seine Pläne bei Porsche und VW dem VW-Betriebsrat zu präsentieren.

"Die Not muss groß sein"

In der Autobranche wird auch über ein Engagement von Daimler bei Porsche spekuliert, nachdem die Konzernchefs Dieter Zetsche und Wiedeking kürzlich über mögliche Kooperationen gesprochen haben sollen. "In diesen Zeiten redet jeder mit jedem in der Autobranche", sagte ein Daimler-Sprecher. Bei Porsche hieß es nur: "Wir wissen davon nichts."

Da sich Porsche bei der Investorensuche von der Investmentbank Goldman Sachs unterstützen lässt, vermuten Brancheninsider dort die Urheberschaft für die neueste Variante eines möglichen Rettungsankers für Porsche. "Die Not muss groß sein", hieß es aus Daimler-Kreisen dazu nur. In Aufsichtsratskreisen bei Porsche wird die Daimler-Variante als "Strohhalm von Wiedeking" bezeichnet. Daimler habe schließlich selbst Probleme.

Gegen ein Szenario Daimler-Porsche spricht vor allem, dass sich Daimler derzeit selbst in Finanznöten befindet. Erst Ende März hatte das Scheichtum Abu Dhabi dem Konzern aus der Liquiditätsklemme geholfen und für 1,95 Milliarden Euro 9,1 Prozent an Daimler erworben. Im April dann nötigte Daimler der Belegschaft ein herbes Sparprogramm ab, begleitet unter anderem mit Arbeitszeitverkürzungen, Lohn- und Gratifikationseinbußen. Damit will der ebenfalls von der Autokrise gebeutelte Konzern in diesem Jahr zwei Milliarden Euro einsparen. "Womit also sollte Daimler die geschätzten fünf Milliarden Euro für einen Einsteig bei Porsche hernehmen?", hieß es in Unternehmenskreisen. Obendrein sei es die Frage, ob sich Daimler mit der dann indirekten Beteiligung an Volkswagen einen Gefallen tue, wo die Politik in Form der Sperrminorität des Landes Niedersachsen über das VW-Gesetz eine dominierende Rolle spiele.

© SZ vom 22.6.2009/vw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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