Rolf Eden war der Erste, der in Deutschland den Titel Playboy trug. Er inszenierte sich als Marke und wurde so zum Nachtclub-König. Jetzt empfängt Eden in seiner Villa im Berliner Nobelviertel Dahlem. Eine seiner Freundinnen, Brigitte, schüchtern, serviert Kaffee und Mon Chéri. Die Wände sind voll mit Fotos der vermeintlich tausend Geliebten, die er beglückt haben will.
SZ: Herr Eden, reden wir über Geld. Sie wurden mit Ihren Nachtclubs reich. Wie stellte man das an im Deutschland der fünfziger Jahre?
Eden: 1957 hab ich meinen ersten Laden aufgemacht, das Old Eden. Ich hatte sechs verschiedene Räume und jeder war anders. Einer mit Jazz, einer mit Dias vom Playboy, einer mit Sitzbadewannen mit Kissen. Die Kunden konnten sich alleine unterhalten. Sie mussten nicht viel miteinander reden. Der Laden war jeden Tag ausverkauft.
Am Ende hatten Sie sechs Läden. Woher wussten Sie, wie Clubs Erfolg haben?
Eden: Ich hatte ja viele Jahre als Pianist in Bars gespielt. Sie müssen immer wieder neue Sachen machen. Es gab einen amerikanischen Reiseführer, da stand drin: Old Eden is the most original Bar in the World. Alle Touristen waren mit diesem Buch unterwegs. (Edens 28-jährige Freundin betritt den Raum)
Eden: Brigitte! (er spricht es französisch aus: Brischiit!). Sie kann wunderbar Kaffee kochen. Und andere Sachen.
Brischiit: Will jemand noch etwas?
Eden: Also ich hätte nichts dagegen, wenn ich einen Kaffee bekomme. So. Zu den Clubs. Damals mussten Frauen ja noch mit Männern tanzen. Dafür hatte ich, na, wie hießen die, nicht Callboys...
Eintänzer?
Was ihr alles wisst. Das ist 50 Jahre her.
Billy Wilder schlug sich vor seiner Filmkarriere als Eintänzer durch.
Das wusste ich nicht. Aber der war immer bei mir zu Gast.
Haben die Eintänzer mit den Frauen geschlafen? Den Eindruck hatte man in den Memoiren von Billy Wilder.
Weiß ich nicht. Jedenfalls waren sie dazu nicht vertraglich verpflichtet. Vielleicht machten sie das freiwillig.
Waren die Deutschen damals in Feierstimmung, obwohl der Krieg gerade vorbei war. Oder gerade deshalb?
Da gab's noch kein Fernsehen, kein Internet. Man musste ausgehen. Und weil es nach dem Krieg so viele Witwen und Witwer gab, sind viele ausgegangen, um neue Partner zu finden. Ich hab da immer neue Ideen gehabt, was man dazu machen könnte. Bis zum letzten Tag.
Warum haben Sie Ihren letzten Club im Jahr 2002 verkauft?
Da kam einer mit viel Geld. Anderthalb Millionen Mark nur für den Club, die Immobilie gehörte mir ja nicht. Für die Marke Eden, die Misswahlen und andere Konzepte bezahlten sie extra.
Wie oft gehen Sie noch aus?
Wenn's geht, jeden Tag. Ich mag das frühe Aufstehen nicht. Die ganzen armen Menschen, die arbeiten müssen, die will ich nicht sehen. Die sind traurig. Und: Der Verkehr ist viel ruhiger nachts.
Sie haben sich beschwert, dass Sie mit Ihrem Rolls-Royce durch Berlin fahren und dann kommen Arbeitslose und . . .
. . . fahren auf der Busspur an mir vorbei! Eine Frechheit ist das!
Ihre Clubs lebten immer davon, dass Sie sich selber verkauften.
Viele Leute wollen zum Wirt: Ich habe mit Rolf Eden gesprochen. Das ist für eine Bar ganz wichtig. Das gibt's ja auch in München. Charles Schumann und früher der Michael Graeter.
Wie wichtig war es, was genau Journalisten über Sie schrieben?
An sich ist es egal, Hauptsache, sie schreiben. Irgendwann verliehen die Frauen mir das Etikett "Playboy". Dann nannte mich die Presse so. Ich hab' hier ein altes Gästebuch vom Ende der Fünfziger, da steht: Only Playboy in Germany.
Was ist mit Gunter Sachs?
Der war auch mal einer. Aber dann hat er geheiratet! Ein Playboy kann nicht verheiratet sein. Der kann ja seine Frau nicht öffentlich betrügen.
Sie sind jetzt 80 und wollen immer noch ein Playboy sein. Was hat sich beim Flirt mit Frauen verändert?
Nichts. Es geht darum, dass man die Frauen wirklich sehr charmant anspricht und dass sie überhaupt vergessen zu gucken: Wie alt ist der? Ich mach einfach gute Sprüche.
Was für Sprüche?
Früher sagte ich "Kennt ihr meinen Papa?", da fragten die Frauen "Wer ist das?". Ich sagte einen Namen und sie sagten: "Nee, kenn ich nicht." Darauf ich: "Darf ich Ihnen seinen Sohn vorstellen?"(lacht) Das kann ich heute nicht mehr sagen. Jetzt mach ich es umgekehrt. "Kennen Sie meinen Sohn?"
Aha. Und keine Frau findet Sie zu alt?
Nur eine. Mit der lag ich schon im Bett und sie sagte "Nöö, Herr Eden, mit Ihnen will ich nicht schlafen, Sie sind zu alt." Und sie hatte total recht. Ich würde auch nicht mit mir schlafen.
Weil Sie so alt sind?
Ja.
Wie alt sind die Frauen, die Sie treffen?
30. Wenn die Freundinnen 30 werden, dann überlege ich immer: Wie werd ich die wieder los. Ich liebe einfach junge, frische Körper. Brischiit ist auch schon 28 . . . aber die ist so toll.
Mit wie vielen Frauen haben Sie geschlafen?
Also 1000 waren es bestimmt. Aber das ist nicht viel, Sie müssen es ja durch 65 Jahre teilen.
Wie viel Geld geben Sie aus?
Für mich nicht so viel. Aber ich zahle im Monat 30 000 Euro Unterhalt für meine sieben Kinder und für ihre Mütter.
Haben Sie mit allen Kontakt?
Ja. Wir sind eine Großfamilie. Einer meiner Söhne wollte übrigens auch Playboy werden. Der hat's aber nicht geschafft. Der hat geheiratet.
Wer erbt Ihr Geld?
Die Kinder, die Mütter, Brigitte und viele Damen von früher. Ab und zu ändere ich das Testament. Ach, und garantiert 250 000 Euro bekommt die Frau, die als Letzte mit mir schläft.
Wie viele Frauen haben mit Ihnen nur wegen des Geldes geschlafen?
Ich bezahle keine Frauen. Ich bin Jäger, ich möchte die Frau erlegen.
Sie waren nie treu?
Ich war nie untreu, weil ich nie Treue geschworen habe. Sex ist das Natürlichste der Welt, was soll das mit Treue zu tun haben. Im Fernsehen fragt man mich auch immer so was, zum Beispiel, ob man Nutten braucht oder nicht.
Und?
Natürlich! Die sind wichtig, die gab es schon in der Bibel.
Wir dachten, Sie zahlen nicht für Sex?
Mit Nutten ist das was anderes.
Welche Rolle spielt die Liebe in Ihrem Leben?
Bisher keine. Erst bei Brischiit merke ich zum ersten Mal, was Liebe ist.
Liegt das daran, dass Sie in Ihrem Alter schwer Frauen kennenlernen?
Überhaupt nicht.
Wie läuft das so ab, wenn Sie eine Frau mit nach Hause nehmen?
Die Dame sitzt hier, trinkt Champagner, und ich gieße ihr immer nach, damit sie in Stimmung kommt. Oft tu ich noch Wodka in den Champagner. Dann gehe ich nach hinten ans Klavier und spiele. Nach einer Zeit drücke ich auf einen Knopf am Klavier und das Gerät wiederholt automatisch, was ich gespielt habe. Die Frau denkt, sie sei in Sicherheit, weil ich am Klavier sein müsste, aber dann komme ich. Ha! (lacht) Dieser Trick hat so oft funktioniert. (Zur Redakteurin) Soll ich Ihnen was spielen?
Hatten Sie nie das Gefühl, in Ihrer Rolle lächerlich zu sein?
Überhaupt nicht. Verstehen Sie: Es gibt einen Bundespräsidenten in Deutschland und einen Playboy - und das bin ich. Es ist ein Titel. (Das Telefon klingelt) Hallo Superfrau, wie geht's dir? (Pause) Ohne mich ganz schlecht?! Och, Chérie. Ich bin in einer Pressekonferenz, wir reden später.
Heißen alle Ihre Frauen Chérie?
Früher Schnucki, heute Chérie, das ist eleganter. Und ich komme mit den Namen nicht durcheinander.
Für Sie müssen Frauen immer schön sein. Müssen Männer das nicht sein?
Nein. Nur Frauen. Ich gehe da immer auf das Äußerliche. Ich habe ja keine Ahnung, wie eine Frau innen ist. Wichtig ist, dass sie schön ist. Wenn es innerlich noch passt, ist das gut. Aber das ist wie bei einem Auto: Außen ist viel wichtiger.
Wenn Sie nachts mal aufwachen, und es geht Ihnen psychisch schlecht, wen rufen Sie an?
Playboys haben keine psychischen Probleme. Ich bin immer zufrieden, immer happy. Ich lebte noch nie einen Tag, an dem ich nicht glücklich war.
Haben Sie gute Freunde?
Das Wort kenne ich nicht. Ich rede mit vielen, über Immobilien, Aktien, Gastronomie, aber ich habe keine Freunde. Ich brauche auch keine. Ich gehe nie zu Beerdigungen. Ich besuche nie jemanden im Krankenhaus.
Vor ein paar Monaten hatten Sie einen schweren Sturz, hatten Gehirnblutungen und mussten ins Krankenhaus.
Ja.
Bekamen Sie da Besuch?
Ja. Und das fand ich schon gut.
Erschienen in der SZ vom 8. Januar 2010.