Partnerschaft und Geld:Bei aller Liebe

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Illustration: Stefan Dimitrov (Foto: Stefan Dimitrov / SZ)

Geld ist das Thema, über das Paare am häufigsten streiten. Doch wenn Männer und Frauen deswegen aneinander geraten, geht es oft um ganz andere Verletzungen.

Von Hannah Wilhelm

"Puh, der Wein ist aber teuer hier", sagt Eva und blättert unglücklich durch die Speisekarte. Die Freundinnen Barbara und Marianne wundern sich. Geld war doch sonst kein Thema. Doch gerade ist alles anders. Gerade ist Geld nicht nur ein Thema, es ist ein Problem.

Eva ist in Elternzeit. Sie hat mit ihrem Freund Paul ihr zweites Kind bekommen, und deshalb landen auf ihrem Konto monatlich nur 1600 Euro Elterngeld. Statt wie sonst 2500 Euro Gehalt. "Und es ist gar nicht so einfach, von 1600 Euro in München zu leben", sagt Eva verhalten. Ist es nicht, das wissen auch die Freundinnen. Doch: Was ist mit Paul? Paul macht weiter Karriere, verdient voll, hat kein Problem, seine Hälfte der Miete zu zahlen, sagt Eva. "Seine Hälfte der Miete?", fragt Marianne. "Du bleibst wegen des gemeinsamen Kindes zu Hause, und er unterstützt dich nicht?" Nein, warum auch, antwortet ihre Freundin. Sie seien nicht verheiratet, hätten von jeher getrennte Konten, und irgendwie ginge das schon mit 1600 Euro, sagt Eva. Und bestellt ein Glas Wasser.

"Ist das gerecht", fragt Marianne Barbara auf dem Nachhauseweg, "dass Eva ihre Karriere aufs Spiel setzt, Gehalts- und Renteneinbußen hinnimmt und keinen Ausgleich bekommt?"

"Nein, das ist nicht gerecht", sagt Helma Sick von der Beratungsagentur Frau und Geld in München. "Wenn eine Frau eine Zeit lang zu Hause bleibt, sind die Einbußen ziemlich hoch." Dass Paul Eva nichts davon ausgleicht, macht Helma Sick furchtbar wütend. Sie hört viele solcher Geschichten wie die von Paul und Eva, die in Wirklichkeit anders heißen. Geschichten von älteren Damen, die um Taschengeld bitten müssen. Von jungen Frauen, die pausieren, um das gemeinsame Kind zu erziehen, und bei denen sich der Mann weigert, in dieser Zeit den Sparvertrag für die Altersvorsorge zu bezahlen. "Es ist eine gemeinsame Entscheidung, Kinder zu bekommen, und nur die Frau soll dafür zahlen?", fragt Sick. Am besten sei es, so etwas vorher vertraglich zu regeln. Wer wie lange zu Hause bleibt und welchen Ausgleich er dafür bekommt. Doch das macht fast keiner.

Geld und Liebe: ein schwieriges Thema.

Und das Thema, über das Paare am häufigsten streiten, sagt eine aktuelle Studie von Forsa. Dabei geht es selten wirklich um die reinen Beträge. Es geht um viel mehr: Um die Frage, was man selbst und was die eigene Arbeit wert ist. Es geht um Abhängigkeit und Unabhängigkeit, um Sicherheit und Unsicherheit. Um Altes, Belastendes. Um Verletzungen. Um irgendwie alles.

"Streit ums Geld ist meist ein Stellvertreterstreit", erklärt die Paartherapeutin Karin Kutz. "Oft geht es in Wirklichkeit um Macht und Wertschätzung." Sie beobachtet zum Beispiel oft, dass Männer das Gefühl haben, dass ihre Arbeit nicht geschätzt wird. Dass die Frauen das Geld einfach selbstverständlich nehmen und nicht würdigen, dass er für die Familie arbeiten geht. Eine übliche Reaktion der Männer: "Sie versuchen, ihre Frauen beim Geldausgeben zu kontrollieren, ihnen Geld vorzuenthalten, um das Ungleichgewicht auszugleichen", so Kutz. "Das ist ein Muster, auf das man zurückgreift, um den Partner zu verletzen." Viel vernünftiger wäre es, darüber zu reden und die eigene Verletzung zu zeigen. "Aber die Menschen haben das Gefühl, sich angreifbar zu machen, wenn sie sagen: Hier tut es weh, das verletzt mich."

Ein typischer Streit ums Geld, den Frauen anfangen: Sie nörgeln darüber, dass er so viel für sein Hobby ausgibt, dass das alles so teuer sei. "Dahinter steckt, dass sie sich vernachlässigt fühlen und lieber hätten, dass er gemeinsam Zeit mit ihr oder der Familie verbringt statt mit seiner Modelleisenbahn." Das Resultat: "Die Kränkungen gären ewig vor sich hin und verstärken sich. In meiner Praxis greifen sich Paare brutal verbal an und machen sich nieder. Mit einem Fremden würden sie so nie umgehen", sagt die Paartherapeutin.

Am Anfang der Beziehung von Paul und Eva war es ganz einfach: Beide verdienten gut. Beide waren unabhängig, jeder hatte seine eigene Wohnung, seine eigenen Ausgaben und das war's. Aber dann kam das erste Kind. Und damit wurde vieles komplizierter. Jeder behielt sein Konto, und sie eröffneten noch ein gemeinsames, auf das beide einzahlten. Für Miete, für Einkäufe, für Strom. Beim ersten Kind pausierte Eva nur kurz, doch beim zweiten wollte sie sich und dem Kind wenigstens mal zehn Monate gönnen. Doch das kostet. Nur Eva, Paul nicht. Ihr Konto ist leer, seines voll.

Viele Partnerinnen wehren sich nicht dagegen, finanziell schlechter gestellt zu werden

Schon das Kontenmodell kann für mehr Gerechtigkeit sorgen. Wenn die beiden nur ein gemeinsames Konto hätten, wäre Eva nicht so unter Druck. Dann würden Evas Elterngeld und Pauls Gehalt auf ein Konto gehen, von dem der Familienalltag bestritten wird. Paare mit gemeinsamem Konto sind oft am belastbarsten. Sie müssen am wenigsten über Geld diskutieren.

Sicher, das Modell birgt andere Probleme. "Es ist nicht geeignet, wenn die beiden viel übers Geld streiten", erklärt Kutz. Wenn einer dem anderen immer reinredet, wie viel er/sie ausgeben darf. Wenn er sie zu kontrollieren versucht, wie es mancher Mann tut, der seine Arbeit nicht gewürdigt sieht. Dann kann ein anderes Modell besser sein. Ein Drei-Konten-Modell, das aber anders als das von Paul und Eva organisiert ist: Dabei gehen beide Gehälter auf ein Konto, von dem alles bezahlt wird, Miete, Lebensmittel, Dinge für die Kinder und der gemeinsame Urlaub. Was übrig bleibt, wird monatlich durch zwei geteilt und auf zwei getrennte Konten überwiesen. So hat jeder Partner das gleiche Geld zur eigenen Verfügung. "Das finde ich gerecht. Denn dass die Frau weniger verdient oder in Teilzeit angestellt ist, bedeutet nicht, dass sie weniger arbeitet", sagt Kutz.

Beraterin Helma Sick, die zahlreiche Finanzbücher für Frauen geschrieben hat, ist eine Anhängerin dieses Drei-Konten-Modells. "Ich habe einfach schon zu oft erlebt, dass Frauen sich für alles rechtfertigen müssen, was sie vom gemeinsamen Konto ausgeben. Das finde ich unwürdig." Die Idee, dass beide monatlich das Gleiche auf getrennte Konten überwiesen bekommen, findet sie auch besser als eine Art Haushaltsgeld für die Frau, wenn diese zeitweise zu Hause bleibt. "Viele vereinbaren ein Gehalt als Ausgleich. Das ist besser als nichts, aber es gibt keinen Wert für das, was eine Frau zu Hause leistet."

Als Marianne und Barbara ihre Freundin Eva beim nächsten Treffen darauf ansprechen, dass sie es ungerecht finden, dass Paul sie nicht unterstützt, reagiert Eva verwundert. Für sie sei das total in Ordnung. Behauptet sie.

Helma Sick, die so oft auf der Seite der Frauen kämpft, wird an diesem Punkt ungeduldig mit ihren Kundinnen. "Seit 27 Jahren berate ich Frauen. Seit 27 Jahren höre ich von Friseusen, Anwältinnen, Sekretärinnen und Ärztinnen: Eine Ehe ist doch Liebe und kein Wirtschaftsunternehmen. Die Frauen denken viel zu wenig an sich." Da könnten die Frauen etwas von den Männern lernen. Denn Männer würden ihren Job nicht aufgeben. "Die wissen, dass sich das für sie nicht lohnt, weil sie später ein Problem mit ihrer Rente bekommen." Was hilft? Da sind sich die Expertinnen einig. Paare sollten offen übers Geld reden. Und zwar am besten, wenn die Liebe noch jung ist und glüht.

© SZ vom 03.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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