Pakete zu Weihnachten:Wie Paketdienste den Weihnachts-Wahnsinn meistern wollen

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Ein Paket-Verteilzentrum von DHL (Foto: dpa-tmn)

DHL, DPD, Hermes und Co. sind mit der Zahl der Pakete zu Weihnachten überfordert. Die Lösung: Abholstationen, höhere Preise oder gleich mit dem Schlüssel direkt in die Wohnung.

Von Valentin Dornis, Düsseldorf

Es werden in dieser Woche Rekorde aufgestellt. Zehntausende Boten hetzen von Tür zu Tür, um doppelt so viele Pakete zu liefern wie an normalen Tagen im Jahr. Die größte Herausforderung ist dabei die sogenannte "letzte Meile", also die Frage: Wie kommt das Paket am besten vom Verteilzentrum zum Empfänger? Die Antwort darauf lautet: Flexibilität, und damit auch das Ende der persönlichen Zustellung.

Derzeit versuchen die Paketdienste, möglichst viele verschiedene Wege anzubieten, auf denen das Päckchen den Kunden erreichen soll. Denn einfach an der Tür klingeln und es persönlich abgeben, das funktioniert zu häufig nicht mehr. Die Deutsche Post stellte bundesweit bisher 3400 Packstationen auf, an denen Pakete aufgegeben und abgeholt werden können, und eröffnet immer mehr Paketshops in Kiosken, Blumenläden und Supermärkten. Ein möglichst dichtes Netz mit Abholorten soll verhindern, dass die Paketzustellung für Kundenfrust sorgt.

Per GPS können Kunden die Route des Paketfahrers verfolgen

In den vergangenen Jahren stieg mit der Zahl der verschickten Pakete auch die Zahl der Beschwerden über verspätete oder beschädigte Sendungen. Beim Verbraucherservice Post der Bundesnetzagentur, die das Paketgeschäft beaufsichtigt, gingen in den ersten drei Quartalen dieses Jahres mehr als 3400 solcher Beschwerden ein, die Zahl der Schlichtungsfälle in dieser Zeit war dreimal so groß wie im gesamten Jahr 2016. Die Behörde fordert deshalb, künftig Sanktionen gegen Paketdienste verhängen zu dürfen. So soll der Druck auf die Unternehmen größer werden, ihre Zustellung an die neuen Anforderungen anzupassen.

Eine Strategie der Dienstleister ist es, das Paket auch ohne die persönliche Zustellung so nah wie möglich zum Empfänger zu bringen. Beim DPD können Kunden per GPS genau verfolgen, wo ihr Zusteller gerade ist. Im Idealfall wissen sie bis auf 30 Minuten genau, wann er an der Tür klingeln würde und können das Paket umleiten, wenn sie nicht zu Hause sind. Einen ähnlichen Service bieten auch andere Logistikunternehmen an. Noch während des Versands kann der Empfänger auswählen, wo das Paket abgestellt werden soll, zum Beispiel im Hausflur, auf der Terrasse oder im Kellereingang.

Erste Wohnungsunternehmen installieren auch Kästen in Mehrfamilienhäusern, wo die Pakete einfach hineingeworfen werden, Privatkunden können sich solche Paketkästen der Deutschen Post in den Vorgarten stellen. Doch auch diese Kästen haben eine Schwachstelle: größere oder sperrige Pakete passen nicht hinein; für sie muss eine andere Lösung her. In Berlin testet die Post gemeinsam mit Volkswagen ein System, mit dem Boten die Pakete direkt im Kofferraum parkender Autos ablegen können.

Mit Amazon Key sollen die Paketboten direkt selbst in die Wohnung können

Ähnliches bietet auch das Start-up Liefery an, das mehrheitlich dem Handelskonzern Otto gehört und sich auf die "letzte Meile" spezialisiert hat. Die Probleme der großen Logistikdienstleister werden nämlich auch zum Problem der Onlinehändler. Der Ärger des Kunden über ein verspätetes Paket fällt im Zweifel auf das Unternehmen zurück, bei dem er eingekauft hat. US-Handelsriese Amazon ist deshalb längst auch ein ernst zu nehmender Logistiker mit eigenen Zustelldiensten. In Deutschland testet der Konzern derzeit eigene Packstationen, die er selbst befüllt. In Köln etwa zeigt die Suche auf der Amazon-Homepage bisher 14 solcher Stationen an.

In Berlin und in München gibt es außerdem den Lieferservice Prime Now. Amazon-Boten bringen bestimmte Bestellungen innerhalb von zwei Stunden, auf Wunsch bis 24 Uhr. In diesem Jahr stellte der Konzern außerdem eine Lösung für das Paket-Problem vor, die noch weiter geht als die Zustellung im Paketkasten oder im Kofferraum: Mit Amazon Key sollen die Paketboten die Bestellung direkt in der Wohnung ablegen können. Kunden müssen dafür ein elektronisches Türschloss einbauen und eine Kamera installieren. Über das System sollen sich die Amazon-Zusteller autorisieren können. Wenn der Kunde nach Hause kommt, liegt das Paket schon in seinem Wohnungsflur.

Doch viele dieser technischen Lösungen sind noch nicht ausgereift oder weit genug verbreitet, um die Situation bei der Paketzustellung zu entspannen. Bis dahin erwarten Hermes und auch der DPD höhere Portokosten, wenn das Paket bis an die Haustür geliefert werden soll und nicht nur in den Paketshop. Hermes geht sogar noch weiter, bis die vielen Zukunftsvisionen der Paketzustellung alltagstauglich sind. Die Strategie: Den Kunden davon abhalten, vor Weihnachten zu viele Pakete zu bestellen oder zu verschicken. "Wir werden 2018 einen Preiszuschlag für das Weihnachtsgeschäft einführen", kündigte Hermes-Geschäftsführer Frank Rausch kürzlich an.

© SZ vom 19.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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