Nahaufnahme:"Bis bald, auf Wiedersehen"

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Olaf Berlien hat nur noch wenige Tage als Osram-Chef. Wie es weitergeht? Dazu sagt er: "Keine Sorge, so schnell werden Sie mich nicht los. Das Feuer der Motivation brennt noch in mir." (Foto: Andreas Gebert/Reuters)

Danke, das war's: Osram-Chef Olaf Berlien verabschiedet sich mit einer Polka von Ernst Mosch und seinen Egerländer Musikanten.

Von Thomas Fromm

Was ein Vorstandsvorsitzender, dessen alter Münchner Lichtkonzern seit einiger Zeit einen Mehrheitsaktionär aus Premstätten in der Steiermark hat und der gerade vom neuen Besitzer eingemeindet wird, gerade so sagt? Osram-Chef Olaf Berlien spricht von einem "bemerkenswerten Start" ins neue Geschäftsjahr, und er meint, dass Osram "gut aufgestellt" und mit seiner Strategie "gut unterwegs" ist, er berichtet von Margen, "hochwertigen Matrixlösungen", vom freien Cashflow, und er erhöht seine Prognosen.

Business as usual also.

Schon richtig, zwischen Oktober und Dezember hat Osram einen leichten Gewinn von sechs Millionen Euro gemacht, das ist besser als der Verlust im gleichen Zeitraum vor einem Jahr. Und, auch richtig, das Geschäft mit Halbleitern und Zulieferprodukten zum Beispiel für die Autoindustrie brummt gerade. Aber was nützt das alles, wenn dieses 110 Jahre alte Lichtunternehmen gerade seine Unabhängigkeit verliert? Es ist längst klar, wer nach der Milliarden-Übernahme hier Koch und wer hier Kellner ist. Deshalb wird Berlien, dessen Vertrag eigentlich noch bis Ende 2022 läuft, ja auch bei der Hauptversammlung von Osram in zwei Wochen den Abgang machen. Sein Nachfolger wird, ausgerechnet, sein früherer Finanzer Ingo Bank, der inzwischen als Finanzvorstand bei AMS in Österreich angeheuert hat. So klein ist die Welt.

Und der 1962 in Berlin geborene Berlien, der vor seiner Zeit bei Osram unter anderem als Vorstand bei Thyssenkrupp und bei der Carl Zeiss AG gearbeitet hat, ist wieder auf dem Markt. "Keine Sorge, so schnell werden Sie mich nicht los", sagt er. "Das Feuer der Motivation brennt noch in mir." Was er jetzt genau vorhat, weiß er noch nicht. Oder er verrät es nur nicht. "Da bin ich noch offen", sagt er. Nur so viel: Als Mensch aus der Industrie sei es für ihn "interessant", in der Branche zu bleiben. "Ich bin kein Medienmann, ich werde zu keiner Zeitung gehen." Davon wäre jetzt vermutlich auch kaum jemand ausgegangen.

Schon Anfang November hatten sich die Österreicher von AMS daran gemacht, in München die Macht zu übernehmen. Damals haben die Osram-Aktionäre auf einer Sonderhauptversammlung dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit dem kleineren Unternehmen AMS zugestimmt. Da aber einige Aktionäre Widerspruch dagegen eingereicht hatten, sei dieser noch nicht im Handelsregister eingetragen, sagt Berlien. Das soll nun bis zum Frühjahr passieren. Für AMS ist das nicht unwichtig: Nur wenn der Vertrag steht, können die Osram-Käufer auf die Finanzen in München zugreifen.

Da Musik ja auch mal mehr, mal weniger versteckte Botschaften transportieren kann, läuft zu Beginn von Olaf Berliens Telefonkonferenz am Dienstag um 8.30 Uhr eine Polka für Blasorchester und Gesang: "Bis bald, auf Wiedersehen" von Ernst Mosch und seinen Original Egerländer Musikanten. Musikalisch und stilistisch möglicherweise ein wenig in die Jahre gekommen, liegt man bei der Textauswahl an diesem Tag natürlich goldrichtig: "Bald bin ich wieder da. Mein Schatz, das weißt du ja. Weil wir uns so gut versteh'n. Sag ich, bis bald, auf Wiederseh'n."

Eine etwas andere Musik spielt dann zwei Stunden später bei der Online-Konferenz von AMS-Chef Alexander Everke. Mehrmals sagt er, was er will: der "unangefochtene Marktführer" bei optischen Technologien sein. Osram sucht in der Zwischenzeit einen Käufer für sein Geschäft mit Vorschaltgeräten und Elektronik. Der Sensorenspezialist AMS kann damit nicht viel anfangen, außerdem müssen Schulden bezahlt werden, die bei der Übernahme von Osram angehäuft wurden. Bis Everke seine Pläne umgesetzt hat, wird Berlien längst nicht mehr da sein. Bis bald und auf Wiedersehen.

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