Opel: Treuhandmodell:Ein Projekt mit Fragezeichen

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Die Bundesregierung erwägt, zeitweise bei Opel einzusteigen. Doch ob der Plan funktioniert, ist völlig ungewiss. Die wichtigsten Fragen im Überblick

Eine Insolvenz des amerikanischen Autokonzerns General Motors (GM) rückt immer näher, das Ultimatum der US-Regierung läuft Ende Mai aus. Die Bundesregierung bereitet für den Insolvenzfall mit Hochdruck eine Treuhand-Lösung für die deutsche GM-Tochter Opel vor. Doch es gibt Zweifel an der Zustimmung der Amerikaner und eine Reihe ungeklärter Punkte.

Die Bundesregierung bereitet eine Treuhandlösung für Opel vor. Ob das wirklich die langfristige Rettung bedeutet, ist aber fraglich. (Foto: Foto: dpa)

Warum plant der Wirtschaftsminister überhaupt ein Treuhandmodell?

Karl Theodor zu Guttenberg (CSU) will Opel helfen, aber die Hilfe soll nicht so aussehen, dass der Staat bei dem Unternehmen einsteigt. Das Treuhandmodell ist der Kompromiss: Dabei werden die Anteile von GM an Opel bei einem Treuhänder geparkt. Damit will die Regierung Zeit bei der Suche nach einem Investor gewinnen. Denn selbst wenn am 20. Mai Fiat oder Opel tragfähige Konzepte für den angeschlagenen Autohersteller vorlegen, dürfte es bis Herbst 2009 dauern, bis ein unterschriftsreifer Vertrag über den Einstieg eines Investors vorliegt. Hält die Regierung die Konzepte für tragfähig, will sie Opel mit der Treuhandlösung bis zum endgültigen Verkauf am Leben halten.

Wie könnte so ein Modell aussehen?

Es gibt einen unabhängigen Treuhänder. Dies kann eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder eine Anwaltssozietät sein. Treugeber ist GM, das seine Anteile an Opel inklusive der Patente an den Treuhänder weiterreicht. Der Treuhänder sorgt für einen Interessensausgleich zwischen dem Treugeber, dem Bankenkonsortium, das die Zwischenfinanzierung von Opel übernehmen soll, und der öffentlichen Hand. Denn der Staat muss wohl für die Kredite bürgen.

Wo liegen die größten Probleme für ein Treuhandmodell?

Die Treuhandlösung wackelt - schon aus Zeitgründen. Bis zum 28.Mai muss das Modell fertig sein. "Das ist die Deadline", heißt es in Regierungskreisen, weil danach die Insolvenz von GM sehr wahrscheinlich ist. In dieser Zeit muss es die Regierung schaffen, mit Hilfe der Landesbanken und der Staatsbank KfW ein Bankenkonsortium zu bilden, das die Überbrückungskredite ausreichen kann. Auch die EU-Kommission muss den Plan abnicken.

Haben KfW und Landesbanken genug Geld für die Rettung?

Ein Konsortium aus Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), WestLB und Helaba soll das Kreditpaket schnüren. Auch die Förderbank KfW ist wohl dabei. "Private Banken sind nicht bereit, Kredite auszureichen", heißt es in Regierungskreisen. Die WestLB musste bereits massive Staatshilfe in Anspruch nehmen, um Überleben zu können, auch die LBBW ist durch die Finanzkrise schwer angeschlagen. Daher rechnen Beobachter damit, dass die Kredite nur mit Bürgschaften des Bundes fließen, so dass die Banken selbst kein Ausfallrisiko haben und die Kredite praktisch nur durchreichen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, ob die US-Regierung der Lösung zustimmen muss - und ob man Opel aus GM herauslösen kann.

Muss die US-Regierung zustimmen?

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Ja, aber ob sie dies tut, ist fraglich. General Motors hat Anteile an seinen europäischen Töchtern wie Patente an die amerikanische Regierung verpfändet, um dafür milliardenschwere Finanzhilfen aus Washington zu erhalten. Ohne eine Unterschrift der US-Regierung geht deshalb gar nichts. Sie wäre auch eine gewisse Garantie dafür, dass nicht später ein amerikanischer Insolvenzverwalter von GM die Treuhandlösung juristisch anfechtet. Doch so wie die deutsche Regierung Angst hat, dass deutsches Steuergeld in die Vereinigten Staaten fließt, hütet man in Washington das Geld der amerikanischen Bürger: Es soll nicht nach Deutschland wandern. Die amerikanische Regierung will deshalb ihren Einfluss auf GM möglichst behalten. Derzeit wird deshalb intensiv mit Washington über das Treuhandmodell verhandelt. Es gibt aber Stimmen, die bereits jetzt sagen: Die US-Regierung wird sowieso nicht zustimmen.

Kann man Opel aus GM herauslösen?

Das wird äußerst kompliziert werden. Opel gehört seit 1929 zu GM und ist stark in den US-Konzern integriert: GM und Opel nutzen die selbe Technologie. GM ist ein global integrierter Konzern und Opel ein wichtiger Bestandteil.

Wie viel Geld braucht Opel, wenn GM in Insolvenz geht?

In Bankenkreisen heißt es, insgesamt müssten die Banken bis Ende 2010 Kredite über drei bis 3,5 Milliarden Euro an Opel ausreichen. 1,2 Milliarden Euro müssten sofort fließen, um den Betrieb kurzfristig fortführen zu können. Lohn- und Gehaltszahlungen beispielsweise wären damit zunächst gesichert. GM finanziert sein weltweites Geschäft aus einem Bargeld-Pool - eine globale Kasse. GM weist die Mittel den Tochterfirmen zu. Da von GM kein Geld mehr zu Opel fließt, droht Opel illiquide zu werden.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, ob das Treuhänder-Modell Opel langfristig rettet - und was passiert, wenn GM Insolvenz anmelden sollte.

Ist Opel mit einem Treuhänder-Modell dann langfristig gerettet?

Die Soforthilfe wäre nur eine Anschubfinanzierung. Neue Mittel sind aber für Investitionen in neue Projekte nötig wie neue Autos. Gleichzeitig wird ein Investor für Opel gesucht. Als Anteilseigner bewerben sich derzeit der Autokonzern Fiat, der Zulieferer Magna in Partnerschaft mit dem russischen Autobauer Gaz und dem staatlichen russischen Geldinstitut Sberbank. Die europäischen Opel-Händler sind bereit, sich ebenfalls neben anderen Investoren an Opel zu beteiligen. Mittelfristig sollen die neuen Eigner die Finanzierung von Opel sicherstellen. Im günstigsten Fall wird dann auch der vom Treuhänder überwachte und vom Staat verbürgte Kredit zurückgezahlt. Bei allen Finanzproblemen ist eines klar: Opel ist ein Sanierungsfall. Der Autobauer schleppt zu hohe Kosten mit sich. Daher soll ein Betrag von knapp einer Milliarde Euro eingespart werden, etwa durch verkürzte Arbeitszeit und Einkommensverzicht. Ohne einen Abbau von Jobs wird die Sanierung nicht gelingen.

Was ist, wenn der Treuhänder auf Opel sitzen bleibt?

Die Bundesregierung will das Treuhandmodell nur umsetzen, wenn gleichzeitig akzeptable Zukunftskonzepte für Opel von einem oder mehreren Investoren vorliegen. Ist dies nicht der Fall, würde Opel in Insolvenz gehen. Die Alternative wäre eine vorübergehende staatliche Übernahme. Diese ist jedoch innerhalb der großen Koalition umstritten. Vor allem die Union ist dagegen. Aber auch wenn das zunächst akzeptable Konzept eines privaten Investors vorliegt, könnte ein Einstieg später noch scheitern. Auch dann bliebe nur die Insolvenz oder die staatliche Übernahme. Die Regierung hält das Treuhand-Konzept für die letzte Chance, um Zeit für Verhandlungen zu gewinnen. "Wir wollen nicht Opfer von Erpressungsversuchen eines einzelnen Investors werden", so ein Regierungsmitglied.

Was passiert eigentlich, wenn GM Insolvenz anmeldet?

Ein Konkurs ist in den USA ist nicht das Ende, sondern die letzte Hoffnung. Grundsätzlich haben Unternehmen unter Gläubigerschutz (Chapter 11) die Chance, wieder wettbewerbsfähig zu werden, indem sie Altlasten wie Schulden und teure Sozialleistungen für ihre Arbeiter abstreifen. Vieles hängt von den Entscheidungen des Insolvenzrichters ab und ist unkalkulierbar. Je kürzer das Konkursverfahren, desto größer die Erfolgsaussichten. Chrysler hat bereits Gläubigerschutz nach Chapter 11 angemeldet.

© SZ vom 16./17.05.2009/tö/mko/haz/mhs/cbu/kaf/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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