Opel-Rettung: Rettungskonzept steht:Opel, Magna und die drei Musketiere

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Bis tief in die Nacht wurde im Kanzleramt verhandelt und über den Papieren gebrütet. Dann endlich ein Durchbruch: Das Konzept für die Opel-Rettung steht. Doch nicht alle sind davon überzeugt - einer will es nur mit Bauchschmerzen mittragen.

Thorsten Denkler, Berlin

Wie die drei Musketiere marschieren sie auf die frierende Presse zu: Finanzminister Peer Steinbrück (SPD), Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) .

Die drei Musketiere hatten frohe Botschaften im Gepäck. (Foto: Foto: AFP)

Es ist kalt geworden in dieser Berliner Mai-Nacht. Niemand hat damit gerechnet, so lange vor dem Kanzleramt ausharren zu müssen. Um kurz nach zwei Uhr in der Früh dann endlich Bewegung. Steinbrück, Guttenberg und Koch glauben, frohe Botschaft im Gepäck zu haben: Opel, so scheint es, ist vorerst gerettet.

Der fürs Geld, und damit für neue Schulden zuständige Steinbrück erklärt das Ergebnis. Die Brückenfinanzierung über 1,5 Milliarden Euro sei gesichert. In den kommenden fünf Jahren stünden Bürgschaften im Umfang von bis zu 4,5 Milliarden Euro bereit, um die neue Partnerschaft zwischen Opel und dem österreichisch-kanadischen Autozulieferer Magna abzusichern. Es gibt eine Treuhandlösung. Die Risiken seien für den Staat sehr hoch, aber vertretbar, findet Steinbrück.

Es wirkt, als sei alles klar: Magna - mit russischen Partnern im Hintergrund - übernimmt Opel und rettet den Rüsselsheimer Autobauer, der von der Insolvenz des Mutterkonzerns General Motors (GM) betroffen ist. Ein memorandum of understanding mit Folgen für eine Firma in Sorgen: Opel macht 2009 mit seinen 25.000 Mitarbeitern voraussichtlich zwei Milliarden bis drei Milliarden Euro Verlust.

Dann aber tritt Wirtschaftsminister Guttenberg vor die Kameras. Eine Hand in der Hosentasche, wie er es meistens macht. Er gibt zerknirscht zu Protokoll, nach wie vor ein Anhänger der kontrollierten Insolvenz zu sein - sich aber der Mehrheitsmeinung im Kabinett nun doch angeschlossen zu haben. Bevor jemand fragen kann, ob das nicht seinen Rücktritt erzwinge, stellt sich Roland Koch vor die Mikrofone.

Der hessische Ministerpräsident erzählt etwas von schweren Verhandlungen. Niemand habe es sich leicht gemacht. Erst am kommenden Sonntag falle endgültig die Entscheidung über das Zukunftskonzept. Dann müssten in den Landesparlamenten von Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz die Haushälter ihre Zustimmung zu den Bürgschaftszusagen von Bund und Ländern geben.

Seit 20 Uhr am Freitagabend haben Steinbrück, Guttenberg und Koch zusammen mit den Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (NRW) und Kurt Beck (Rheinland-Pfalz), sowie mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), den Vertreter von Opel, Magna und der amerikanischen Botschaft im Bundeskanzleramt über dem Einigungspapier von GM und Magna gebrütet. GM soll an der neuen Firma genau wie die russische, vom Staat kontrollierte Sberbank 35 Prozent halten. Magna bekommt 20 Prozent, die Opel-Arbeitnehmer zen Prozent.

Nachdem am späten Nachmittag GM und Magna dieses Agreement erzielt hatten, gingen die meisten Beobachter davon aus, dass das Treffen im Kanzleramt eher kurz sein würde. Gegen 18 Uhr kam zunächst eine Runde aus Staatssekretären zusammen, um die Einigung zu bewerten. Von 20 Uhr an dann war die höchste politische Ebene damit befasst. Kaum zwei Stunden später erreichten SMS einzelne Journalisten mit der Nachricht: "Halten Sie sich bereit".

Anderen Reportern wurde später der Durchbruch bestätigt. Als dann aber um 00.58 Uhr der im Regierungsviertel bekannte Stadtfuchs den Hof des Kanzleramtes querte, ohne das sich bis dahin auch nur ein Regierungsmitglied vor den Toren des Kanzleramtes hatte blicken lassen, da war klar: Irgendetwas stimmt hier nicht.

Die Nachricht von einem "eingeforenen Durchbruch" drang aus dem Kanzleramt. Gerüchte machten die Runde, dass die Amerikaner möglicherweise noch blockierten. Andere waren überzeugt, dass die CDU-Ministerpräsidenten Koch und Rüttgers Probleme hätten, ihre Koalitionspartner von der FDP mit ins Boot zu bekommen. An beiden Versionen dürfte etwas dran gewesen sein.

Doch spät in der Nacht wurden in Telefon-Schaltkonferenzen mit dem amerikanischen Finanzministerium letzte Unklarheiten beseitigt. Zweimal gab es Sondertreffen mit Opel und Magna, zuletzt hatten dann noch die Vetreter der Unions-Seite das Bedürfnis, einige Dinge unter sich zu besprechen.

Möglicherweise ging es auch darum, wie der forsche CSU-Politiker Guttenberg der Öffentlichkeit klar macht, mit seiner Insolvenz-Linie gescheitert zu sein.

An diesem Samstag will Bundeskanzlerin Merkel die Öffentlichkeit gegen Mittag über die Einzelheiten der Einigung informieren. Sie hat kürzlich mit dem russischen Premier Wladimir Putin überr den Autodeal telefoniert. Er ist der Hauptdarstelelr im Hintergrund, schließlich soll Opel druch gute Geschäfte im russischen Markt das Überleben schaffen.

Ihr Herausforderer SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier nimmt die Gelegenheit, die Presse zu informieren, noch in der Nacht wahr. Mit breitem Grinsen erklärt er, wie zufrieden er mit dem Ergebnis sei.

Und was ist mit Guttenberg? Der habe sich doch eingefügt, gibt Steinmeier zurück. Deutlicher kann er die Niederlage seines Kabinettskollegen eigentlich nicht umschreiben.

Was aber aus Opel wird, ob die Magna-Lösung wirklich trägt, das bleibt auch nach dieser Nachtsitzung unklar. Dafür hat das Publikum im Drama um GM schon zu viele Volten erlebt.

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