Online-Händler:Etsy nimmt Millionen mit Börsengang ein

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Das Geschäft mit der Individualität bringt Etsy beim Börsenstart 267 Millionen US-Dollar ein. (Foto: Bloomberg)
  • Auf Etsy verkaufen Händler selbstgemachte oder alte Produkte. Beim Börsengang hat das Unternehmen nun 267 Millionen US-Dollar eingesammelt.
  • Doch Nutzer und Firma entfernen sich von einander: Das Geschäft mit der Individualität ist auf dem Weg in den Mainstream.

"Kauf gute Sachen von echten Leuten": Das Motto von Etsy macht deutlich, wie sich der Online-Marktplatz positioniert hat. Als Plattform für individuelle Produkte, die entweder selbst hergestellt oder alt sind. Doch Nutzer kritisieren, dass sich die Firma von ihren Idealen entfernt. Inzwischen ist es erlaubt, die Herstellung auszulagern oder Massenware zu verkaufen - in den Anfangszeiten undenkbar. Und jetzt auch noch ein Börsengang.

Beim Start an der Technologiebörse Nasdaq hat Etsy am Donnerstag 267 Millionen US-Dollar eingenommen. 16,7 Millionen Aktien verkauften die Firma und ihre Geldgeber für jeweils 16 US-Dollar, ein Betrag am oberen Ende der angekündigten Preisspanne. In den Börsenhandel startet Etsy damit mit einem Unternehmenswert von etwa 1,8 Milliarden Dollar.

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Von Kathrin Werner

Etsy vermittelt zwischen Herstellern und Kunden

Die New Yorker Firma hat ganz ihrem Image entsprechend ihren Sitz in einer Lagerhalle in einem hippen Teil Brooklyns. Dort stapeln sich aber keine selbstgemachten Ohrringe aus Opal oder Terrarien in komplexen geometrischen Formen. Denn Etsy vertreibt keine Produkte selbst. Damit liegt Etsy auf einer Linie mit Unternehmen wie AirBnB oder Uber: Das Geld wird mit Vermittlung verdient, den Rest übernehmen die Nutzer.

Auf der Webseite können Einzelpersonen oder kleine Teams eigene Shops einrichten. Für jeden angebotenen Artikel verlangt Etsy eine Gebühr von 20 US-Cent. Bei jedem erfolgreichen Geschäft zwischen 1,4 Millionen Verkäufern und 20 Millionen Kunden behält Etsy 3,5 Prozent des Kaufpreises.

Etsy expandiert auch ins Ausland, in Berlin gibt es eine Niederlassung. Doch Marktführer ist die Firma hier nicht. In Deutschland beherrscht Dawanda, eine Firma mit ähnlichem Konzept, den Markt mit den einzigartigen Artikeln.

Vom David zum Goliath mutiert

Etsy gilt als eine Art Ebay für Hipster, denen man nachsagt, dass sie keine Massenware mögen. Das kann ein Problem für die Firma werden. Eine enttäuschte Nutzern beschreibt die Spannungen im Magazin Wired und bemüht dazu das biblische Bild von David und Goliath: "Wir waren ein paar Davids, die gegen Goliath-Supermärkte mit ihren selbstgemachten Steinschleudern kämpfen." Jetzt sei Etsy selbst zum Goliath mutiert.

Die Konflikte zwischen Etsy und seinen Nutzern könnte dämpfen, dass die Firma schon seit 2012 als "B-Corporation" eingetragen ist. Das bedeutet, dass das Unternehmen nicht nur an Gewinn denkt, sondern auch soziale und ökologische Ziele verfolgt. Allen Wünschen der Aktionäre müsste sich Etsy also nicht beugen.

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