Ölpest im Golf von Mexiko:Explosive Ermittlungen

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Amerikanische Strafermittler ahnen Schlimmes: Wurde die Explosion der "Deepwater Horizon" durch geschmierte Aufsichtsbehörden begünstigt? Sollte sich der Verdacht bestätigen, hätte der Skandal um die Ölpest im Golf von Mexiko eine neue Dimension.

Für BP braut sich neues Unheil zusammen: Die von dem Ölmulti verursachte Katastrophe im Golf von Mexiko wird nun auch Gegenstand strafrechtlicher Untersuchungen.

Aufräumarbeiten am Strand des US-Bundesstaates Mississippi: Ist die Ölpest im Golf von Mexiko auch durch Laxheiten der US-Aufsichtsbehörden verursacht worden? Zumindest gab es eine jahrelange Praxis, die auf Korruption hindeutet.  (Foto: getty)

Ein Team von Ermittlern formiere sich derzeit in New Orleans, um zu überprüfen, inwieweit allzu enge Beziehungen zu den Aufsichtsbehörden die Ölpest verursacht haben könnten, schreibt die Washington Post.

Das Ermittlungsteam, das auch der "BP-Stab" ( BP squad) genannt werde, unterstehe dem FBI und setze sich aus Beamten des Umweltschutzamtes EPA, der US-Küstenwache und anderer Bundesbehörden zusammen. Ermittelt werde nicht nur gegen BP, sondern auch gegen die Firmen Transocean und Halliburton.

BP hatte die untergegangene Ölplattform Deepwater Horizon vom Betreiber Transocean geleast. Der weltweit zweitgrößte Ölfeld-Dienstleistungskonzern Halliburton war an der Ölquelle der Deepwater Horizon nur 20 Stunden vor deren Explosion noch mit Zementierungsarbeiten zu Gange.

Enge Verbindungen zur Branche

Bislang war lediglich bekannt, dass sich die Ermittlungen auf mögliche Verletzungen des Umweltschutzes erstrecken. Nun werde aber deutlich, dass bei den Nachforschungen auch untersucht werden soll, ob die Unternehmen die Aufsicht falsch informierten oder Testergebnisse für technische Einrichtungen wie etwa den Blowout Preventer (BOP) verfälschten. Dieses Absperrventil, das bei Ölbohrungen Explosionen verhindern soll, hatte im Fall der Deepwater Horizon versagt.

Es stehe ein Korruptionsverdacht gegen den Minerals Management Service (MMS) im Raum, schreibt die Washington Post weiter. Dieser Bundesbehörde, die für die Aufsicht der amerikanischen Ölindustrie zuständig ist, werden schon seit längerem allzu enge Verbindungen zur Branche nachgesagt.

Es sei normal gewesen, dass MMS-Beamte unzulässigerweise Geschenke der Firmen angenommen hätten und zwischen Positionen der Unternehmen und der Behörde hin- und hergewechselt seien. In einem Fall habe sich ein Beamter sogar bei einem Unternehmen beworben, dass zu dem Zeitpunkt gerade überprüft wurde. Dieser mögliche Filz habe sich durch eine Reihe von behördlichen Prüfungen bestätigt. "Die Verstrickung ist groß", sagte ein Offizieller hinter vorgehaltener Hand zur Washington Post.

Tausende Seiten von internen Dokumenten

Im Gegensatz zu den öffentlichen Anhörungen vor dem Untersuchungsausschuss in Kenner, einem Vorort von New Orleans, seien die strafrechtlichen Ermittlungen bislang weitgehend verdeckt verlaufen - sie befänden sich noch in einer frühen Phase.

Noch wühlten sich die Ermittler durch Tausende Seiten von internen Dokumenten der Unternehmen. Die Verhöre der Manager hätten gerade erst begonnen. Derzeit versuchten die Ermittler ein grobes Bild davon zu bekommen, wer für welchen Bereich auf der Deepwater Horizon verantwortlich war.

Sollten diese Nachforschungen aber zu einem Ergebnis kommen, würden sie womöglich einen größeren Aufschrei in der Öffentlichkeit auslösen als die öffentlichen Anhörungen. Schließlich drohen hohe Geldstrafen für die Unternehmen und sogar Gefängnisstrafen für Manager.

"Schwer zu beweisen"

Juristen, die mit dem Sachverhalt vertraut seien, bezweifeln nach Angaben der Washington Post allerdings, ob den Behörden entsprechende Nachweise gelingen werden. Im Gegensatz zu Umweltvergehen seien Straftatsbestände wie unwahre Angaben nur schwer zu belegen. "Das ist schwer zu beweisen", zitiert die Washington Post einen Anwalt: "Es ist schwer nachvollziehbar, dass jemand auf der Plattform waghalsig gehandelt und mit Absicht sein eigenes Leben riskiert hat."

Ein BP-Sprecher bestätigte der Washington Post, dass die Ermittlungen im Gange seien - Transocean und Halliburton hätten Aussagen hierzu hingegen verweigert.

Unterdessen wurde bekannt, dass sich BP einen Teil der Kosten zur Bekämpfung der Ölpest vom US-Fiskus zurückholen will. Denn der Ölmulti will die Aufwendungen für die Aufräumarbeiten, die er bei der Bekanntgabe des Quartalsergebnisses am Dienstag mit 32,2 Milliarden Dollar veranschlagte, von der Steuer absetzen. Dadurch werde das Unternehmen in den USA 9,9 Milliarden Dollar weniger Steuern zu zahlen haben.

"Wir sind dabei streng nach den amerikanischen Steuerrichtlinien vorgegangen, so wie sie derzeit geschrieben stehen", sagte der scheidende BP-Chef Tony Hayward in einer Konferenzschaltung mit Branchenanalysten.

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