Obamas Finanzmarktreform:Revolution an der Wall Street

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Barack Obamas Gesetz zur Finanzmarktreform führt zur größten Umwälzung an der Wall Street seit 1930. Viele Banken müssen sich dort von großen Teilen ihres Geschäfts trennen.

Harald Freiberger

Die Regulierung der Finanzbranche in den USA zeigt erste gravierende Folgen. Investmentbanken und Geschäftsbanken erwägen, ganze Bereiche und Abteilungen abzustoßen, berichteten. So plant Goldman Sachs nach Angaben des Wall Street Journals, den Eigenhandel mit Wertpapieren in einen Hedgefonds auszulagern.

Amerikas Banken stehen vor einer Umwälzung - sie sollen Geschäfte auslagern oder abstoßen. Hier die Zentrale von Morgan Stanley in New York. (Foto: AP)

Die Investmentbank würde dann Aktien, Anleihen oder Währungen nicht mehr auf eigene Rechnung handeln, sondern nur noch als Kunde des Hedgefonds. Das ist die größten Umwälzung an der Wall Street seit 1930, als Geschäfts- und Investmentbanken voneinander getrennt wurden.

Hintergrund ist das Gesetz zur Bankenregulierung von US-Präsident Barack Obama, das der Senat vor drei Wochen beschloss. Ein wichtiger Teil dieses 2300 Seiten umfassenden Gesetzeswerks ist die sogenannte "Volcker-Regel", die nach dem früheren Notenbankchef Paul Volcker benannt ist.

Nicht mehr so weitermachen wie bisher

Er forderte schon in einem frühen Stadium der Finanzkrise, dass Banken, die über normale Kundeneinlagen verfügen, hochriskante Geschäfte untersagt werden sollen. Auf diese Weise will er vermeiden, dass Kundeneinlagen durch Spekulationen gefährdet werden. Dies war letztlich der Grund dafür, dass der Staat die Banken in der Finanzkrise retten musste.

Die Volcker-Regel hat sich trotz der Wall-Street-Lobby zur Überraschung vieler in Obamas Gesetz gehalten, wenn auch verwässert. So dürfen US-Banken nur noch mit maximal drei Prozent ihres Kernkapitals Eigenhandel betreiben. Ansonsten sind Spekulationsgeschäfte auf eigene Rechnung nur erlaubt, wenn sie der Begrenzung eigener Risiken dienen oder Liquidität für andere Marktteilnehmer bereitstellen sollen.

Die Regel führt dazu, dass einige amerikanische Investmenthäuser mit dem Eigenhandel nicht so weitermachen können wie bisher. Denn die Spekulation auf eigene Rechnung macht bei ihnen weit mehr aus als drei Prozent. Goldman-Sachs-Chef Lloyd Blankfein etwa strukturierte die Bank nach 2006 zu einem Handelshaus um. Die klassische Beratung bei Fusionen oder Übernahmen brachte nur noch ein Zehntel des Ertrags, der Handel auf eigene oder fremde Rechnung dagegen fast 80 Prozent.

Deutsche Bank kaum betroffen

Goldman Sachs wäre die erste Bank, die den Eigenhandel abspaltet. Es entstünde dadurch der größte Hedgefonds der Welt. Auch andere Banken arbeiten derzeit nach US-Medienberichten unter Hochdruck an einer Umstrukturierung. So will die Investmentbank Morgan Stanley die Mehrheit an dem Hedge-Fonds Frontpoint Partners abgeben.

Die Volcker-Regel besagt auch, dass eine Großbank nicht mehr als drei Prozent an einem Hedge-Fonds oder Private-Equity-Fonds halten darf. Auch Institute wie die Bank of America und die Citigroup haben ihre Engagements in Private-Equity-Fonds bereits zurückgefahren. Goldman Sachs steht dies noch bevor: Sie muss ihre Investitionen in solche Gesellschaften von 27 auf zwei Milliarden Dollar reduzieren.

Die Deutsche Bank, die auch in den USA viel Geschäft macht, sieht sich von der Volcker-Regel kaum betroffen. Sie habe den Eigenhandel in den vergangenen Jahren stark zurückgefahren, teilte sie schon vor Monaten mit. Der Anteil betrage maximal fünf Prozent des gesamten Handels. Von anderen Teilen der US-Bankenregulierung ist der deutsche Branchenprimus dagegen stärker betroffen. Ein Beispiel dafür ist, dass Derivategeschäfte künftig über Börsen abgewickelt werden müssen. Die Bank kann aber noch nicht beziffern, wie sich die Änderungen auf sie genau auswirken.

© SZ vom 07.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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