Neuer Ärger für Siemens:Klage aus Athen

Lesezeit: 1 min

Erstmals fordert ein internationaler Konzern von Siemens wegen der Korruptionsaffäre Schadenersatz. Der griechische Telefonkonzern OTE hat Klage eingereicht.

Klaus Ott

Der Korruptionsfall Siemens erreicht ein neues Stadium. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung hat jetzt erstmals ein internationaler Geschäftspartner von Siemens die Justiz eingeschaltet, um Schadenersatz kassieren zu können. Der griechische Telefonkonzern OTE hat in dieser Woche beim Landgericht München Klage gegen Siemens erhoben.

Die griechische Telefongesellschaft OTE verklagt Siemens wegen der Korruptionsaffäre auf Schadenersatz. (Foto: Foto: AP)

OTE verlangt von dem in München ansässigen Industrieunternehmen Auskunft über die Ergebnisse der internen Untersuchungen in der Schmiergeldaffäre. Auf der Grundlage dieser Informationen will OTE in einer weiteren Klage Schadenersatz geltend machen. Das geht aus Unterlagen des griechischen Telefonkonzerns hervor. Siemens wollte sich dazu nicht äußern, da die Ermittlungen noch andauerten.

Nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaften in München und Athen hat Siemens jahrelang Manager und Mitarbeiter von OTE bestochen, um einen Großauftrag für den Ausbau des Telefonnetzes in Griechenland zu erhalten und zu hohe Preise abrechnen zu können. OTE schloss 1997 mit Siemens einen Rahmenvertrag ab, der eine Milliarde Euro wert ist. Laut Dokumenten von Siemens, die der SZ vorliegen, sollen mindestens 75 Millionen Euro Schmiergeld geflossen sein. Ein Vorstand der griechischen Landesgesellschaft von Siemens hatte schon 2006 bei einer internen Befragung erklärt, mit "Bonuszahlungen" für das OTE-Management habe man eine günstige Abrechnungspraxis sicherstellen und "hohe Renditen" erzielen können. In solche Dokumente verlangt OTE Einblick.

Weitere Klagen drohen

Haupteigner der in Athen ansässigen Telefongesellschaft ist bisher der griechische Staat, jetzt steigt auch die Deutsche Telekom ein. Sobald der Einstieg von den Behörden genehmigt ist, will die Telekom einvernehmlich mit der griechischen Regierung die Managementkontrolle bei OTE übernehmen.

Sollte OTE bei Gericht in München Schadenersatzforderungen durchsetzen, könnten weitere Klagen anderer Geschäftspartner von Siemens folgen. Das Industrieunternehmen soll weltweit geschmiert haben, um Aufträge zu erlangen. Inzwischen ermitteln Behörden in fünf EU-Staaten sowie Russland, Nigeria, Malaysia und Indonesien.

Das Landgericht München hat bei Siemens bereits im vergangenen Jahr für Aufträge aus Libyen, Nigeria und Russland, die auf Korruption beruhten, nachträglich 200 Millionen Euro Gewinn abgeschöpft. Siemens habe sich bei diesen Aufträgen widerrechtlich bereichert, befand das Landgericht. Im ersten Prozess in der Schmiergeldaffäre, der diese Woche endete, warf das Landgericht Siemens vor, "Mondpreise" verlangt und so "ungeniert in fremde Kassen" gegriffen zu haben.

© SZ vom 02.08.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: