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"Wir sind weit hinten dran bei den Steuern." Bambang Brodjonegoro (Foto: Bloomberg)

Indonesiens Finanzminister will Internetkonzerne dazu zwingen, in seinem Land Steuern zu bezahlen.

Von Arne Perras

Bambang Brodjonegoro wirkt meist gelassen. Doch zuletzt sah man ihn ungeduldig. Der Finanzminister Indonesiens will es nicht länger hinnehmen, dass ausländische Firmen in seinem Land kräftig verdienen, während der Fiskus leer ausgeht. Besonders unzufrieden ist er, dass Internet-Giganten mit ihren Plattformen den heimischen Markt erobert haben, aber hier bislang keine oder nur wenig Steuern zahlen. Internet-Dienstleister müssen nach dem Willen des Ministers "permanente Niederlassungen" eröffnen, damit Jakarta sie besteuern könne. Für Ölkonzerne gelte das ja auch, erklärte der 49-Jährige.

Sollten die Firmen dieser Aufforderung nicht nachkommen, müssen sie mit Sanktionen rechnen. Im schlimmsten Fall drohe eine Blockade ihrer Dienste, hieß es in Medienberichten unter Berufung auf Quellen aus dem Staatsapparat. Zwar hat Minister Brodjonegoro keine Namen genannt. Aber es ist offenkundig, dass sich die Aufforderung an die Großen der Branche wendet, vor allem Google, Facebook, Twitter. Sie haben auch anderswo schon größere Steuerdebatten provoziert, etwa in Europa. Nun blicken alle gespannt darauf, ob sich Indonesien mit seinen Plänen durchsetzt.

Die Indonesier sind versessen auf soziale Netzwerke, 82 Millionen Nutzer gab es 2015, 13 Prozent mehr als im Vorjahr. Jakarta gilt als Twitter-Hauptstadt, auch Facebook ist extrem populär. Insofern liegt es für Jakarta nahe, den Fokus auf die prosperierenden Internetanbieter zu richten. Das digitale Werbevolumen lässt sich sehen. Schätzungen belaufen sich auf 800 Millionen Dollar im vergangenen Jahr, auf die laut Staat keine Steuern bezahlt wurden. Das Kommunikationsministerium nannte Google als Beispiel: Zwar habe das Unternehmen eine lokale Niederlassung, doch sei auffällig, dass es "digitale Transaktionen" nicht durch dieses Büro abwickle.

Finanzminister Brodjonegoro ist der große Geldeintreiber im Kabinett, Reformpräsident Joko Widodo setzt auf den erfahrenen Technokraten, um die Kassen in schwierigen Zeiten zu füllen. Wichtige Einnahmen aus der Förderung von Öl und Gas brechen wegen der niedrigen Preise weg. Das steigert den Drang, in dem Vielvölkerstaat mit seinen fast 250 Millionen Menschen mehr Steuern einzutreiben.

Wenn sich Brodjonegoro etwas in den Kopf gesetzt hat, lässt er nicht so schnell locker. Das sagen zumindest jene, die mit ihm gearbeitet haben und ihn als "sehr fokussiert und konzentriert" beschreiben. Der promovierte Ökonom, der Universitäten in Jakarta und im amerikanischen Illinois besucht hat, war schon vor dem Wahlsieg Widodos ein wichtiger Kopf im Finanzressort. Von 2011 an leitete er die Abteilung für Fiskalpolitik, zwei Jahre später stieg er zum Vizeminister auf. Ob die neue Steueroffensive glücken wird, ist offen, die potenziellen Adressaten halten bislang still.

Der Vorstoß Jakartas fällt in Zeiten, da Brodjonegoro wegen des gesunkenen Ölpreises mit Ausfällen von mehr als sechs Milliarden US-Dollar rechnen muss. Ursprünglich hatte er geplant, das Loch durch einen Amnestieplan für Steuersünder zu stopfen. Dieser sah vor, versteckte Milliarden zurückzuholen und dann niedrig zu besteuern. Im Gegenzug wollte der Staat von Strafverfolgungen absehen. Doch ein geplanter Gesetzentwurf kommt nicht recht voran.

Ob es da Zufall ist, dass plötzlich Google und andere ins Blickfeld rücken? Brodjonegoro sagt zu solchen Spekulationen nichts. Aber der Ökonomieprofessor, der nun Minister ist, hat eine Sorge nie verschwiegen. "Wir sind weit hinten dran bei den Steuern", sagte er 2015 und hat das Loch auch gleich vermessen: Der Staat sammele nur elf Prozent dessen, was fällig wäre. Auch deswegen hat ihn der Präsident wohl ins Kabinett geholt.

© SZ vom 07.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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