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Ann Sarnoff: „Es ist ein Privileg, in ein Studio mit solch einer Geschichte einzusteigen.“ (Foto: Reuters)

Ann Sarnoff wird die erste Chefin des Hollywood-Studios Warner Bros. Dies in einer Zeit, in der sich die Filmbranche gerade grundlegend ändert - auch wegen Netflix & Co.

Von Caspar Busse

Es ist eine doppelte Premiere für Hollywood: Wenn Ann Sarnoff, 57, in diesem Sommer die Führung des berühmten Filmstudios Warner Bros. übernimmt, wird sie nicht nur in der 96-jährigen Firmengeschichte die erste Frau an der Spitze sein. Die Medienmanagerin, die derzeit noch in New York wohnt, aber bald an die Westküste ziehen will, wird auch eine der Ersten an der Spitze eines Hollywood-Studios sein, die von außen kommen und nicht direkt aus dem Filmgeschäft in Kalifornien stammen. Auch deshalb hat die Berufung von Sarnoff viele in Hollywood überrascht.

"Es ist ein Privileg, in ein Studio mit solch einer Geschichte einzusteigen", sagte Sarnoff. Warner sei "seit Jahrzehnten branchenführend und dafür bekannt, dass es viele der berühmtesten Film- und Fernseh-Inhalte geschaffen hat". Das stimmt: Die Firma, die 1923 von den vier aus Polen stammenden Brüdern Harry, Albert, Samuel und Jack Warner gegründet wurde, hat ein große Geschichte. 1939 wurde "Vom Winde verweht" gedreht, 1943 "Casablanca". "Batman", "Superman", "Bugs Bunny", "Harry Potter", "Matrix", "Die Unbestechlichen", "Dirty Harry" - die Liste der Welterfolge ist endlos. Doch zuletzt lief es nicht mehr so, Warner steht nicht mehr ganz vorne, liegt inzwischen vielmehr klar hinter Disney - der Konzern hat gerade 20th Century Fox übernommen. Die Branche - die anderen der fünf großen Studios sind Sony, Paramount und Universal - verändert sich gerade grundlegend und leidet unter der immer härter werdenden Konkurrenz von Streamingdiensten wie Netflix. Disney, aber auch Warner arbeiten schon an Konkurrenzprodukten.

Es wird also nicht leicht für Sarnoff, die sich auch noch einarbeiten muss. Dazu kommt erhebliche Unruhe bei Warner selbst. Drei Monate lang wurde nach einer neuen Führung gesucht. Sarnoffs Vorgänger Kevin Tsujihara, 54, war im März nach sechs Jahren im Amt mit sofortiger Wirkung ausgeschieden. Ihm wird vorgeworfen, dass er einer Schauspielerin im Austausch für sexuelle Handlungen Rollen in wichtigen Filmproduktionen versprochen haben soll. Ohnehin wird Hollywood gerade vom "Me Too"-Skandal erschüttert, seit 2018 haben zahlreiche Schauspielerinnen Missbrauchsfälle öffentlich gemacht. Und nicht zuletzt ist die US-Filmbranche noch immer sehr männerdominiert

Hat Sarnoff das Zeug, all diese Probleme schnell in den Griff zu bekommen? Sie war bislang Präsidentin der BBC-Studios in den USA und ist seit 30 Jahren im Mediengeschäft, hat unter anderem für Dow Jones (die Firma von Rupert Murdoch, die das Wall Street Journal verlegt) und die Frauen-Basketball-Liga in den USA gearbeitet. Mit der ganz eigenen Welt in Hollywood und den speziellen Netzwerken dort ist sie bislang nicht vertraut.

"Ich freue mich darauf, mit einer so talentierten und versierten Person zusammenzuarbeiten", sagte John Stankey, der Chef von Warner-Media, der Muttergesellschaft des Filmstudios. Warner produziert nicht nur Kinofilme, sondern auch Videospiele sowie Fernsehfilme und -serien wie die erfolgreiche "The Big Bang Theory". 1989 hatte Warner mit dem Verlagshaus Time zu Time-Warner fusioniert, das Unternehmen wurde später von AOL gekauft. Inzwischen gehört Time-Warner zum Telefonkonzern AT&T.

Ann Sarnoff stammt aus Massachusetts und hat unter anderem in Harvard studiert. Ihr Ehemann Richard Sarnoff ist bei der weltweit agierenden Finanzfirma KKR für die Medienbranche zuständig. Bis 2011 hatte er für Bertelsmann gearbeitet und für die Deutschen unter anderem das Buchgeschäft in den USA betreut. KKR wiederum steigt derzeit beim deutschen Verlagshaus Axel Springer ein und baut eine Medienfirma in München auf.

© SZ vom 27.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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