Nahaufnahme:Hilfe vom Scheich

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Paul Achleitner ist für die Herrscherfamilie von Katar "ein wichtiger Eckpfeiler" für ihr Vertrauen in die Deutsche Bank. (Foto: Johannes Simon)

Der Oberaufseher der Deutschen Bank, Paul Achleitner, bekommt überraschend Rückendeckung aus Katar. Grund sind öffentliche Attacken gegen ihn.

Von Andrea Rexer

Es gibt Personen, die nie in der Öffentlichkeit sprechen. Die Herrscherfamilie von Katar gehört eindeutig zu dieser Kategorie. Seit 2014 ist sie der zweitgrößte Investor der Deutschen Bank. Und seither hat sie sich noch nie öffentlich zum Geldhaus geäußert. Statements sind schlicht nicht vorgesehen: Es gibt keinen Pressesprecher, der in ihrem Auftrag unterwegs wäre. Umso erstaunlicher ist jene schriftliche Mitteilung, die am Mittwochmorgen um sechs Uhr deutscher Zeit von ihrer Holding Paramount Services ausgesendet wurde: Demnach sei es "nicht im Interesse der Aktionäre, wenn der Aufsichtsratsvorsitzende Paul Achleitner sein Amt nach Auslaufen seiner gegenwärtigen Amtszeit im Jahr 2017 aufgäbe". Und weiter heißt es, dass Achleitner ein "Eckpfeiler" für das "Vertrauen" in die Deutsche Bank sei.

Warum haben die Scheichs ausgerechnet jetzt ihr Schweigen gebrochen? Im Mai steht die Hauptversammlung der Deutschen Bank an - der Tag, an dem Paul Achleitner als Aufsichtsratschef die kritischen Fragen der Aktionäre beantworten muss. Es ist der Tag, an dem die Investoren ihrer Unzufriedenheit Luft machen können. In den vergangenen Wochen war Achleitner immer wieder Ziel von öffentlichen Attacken geworden, bis hin zur Forderung, dass er zurücktreten solle. Ziel des Statements aus Katar ist es offensichtlich, Ruhe in die aufgeheizte Stimmung zu bringen.

Eigentlich sollte man bei einem wie Achleitner davon ausgehen, dass ihm solche Angriffe nichts anhaben können. Schließlich war er früher Deutschlandchef von Goldman Sachs, später Finanzchef des Versicherers Allianz. Er weiß, wie hart in der Geschäftswelt gespielt wird. Und dennoch merkt man ihm an, dass die Angriffe nicht einfach abperlen. Er wird emotional, wenn er im kleinen Kreis darüber spricht. Manche der Vorwürfe nimmt er persönlich - wie etwa Berichte über Unstimmigkeiten mit der britischen Finanzaufsicht, die aus seiner Sicht längst ausgeräumt sind.

Oft ist berichtet worden, dass Investoren mit der Umsetzung der Strategie unzufrieden seien. Dem Eindruck, Katar sei unter dieser Koalition der Unzufriedenen, widerspricht die Mitteilung nun vehement. Das überrascht auch nicht weiter, wenn man weiß, dass sich die Katarer generell nur äußerst selten mit anderen Investoren austauschen. Die sind nun in Aufregung: Sie spekulieren, ob es im Hintergrund Absprachen gegeben hat. "Das macht man nicht einfach so", sagt einer aus den Reihen jener Investoren, die eine solche Mitteilung wohl niemals herausgeben würden.

Mit Unzufriedenen muss sich Paul Achleitner allerdings auch in den eigenen Reihen auseinandersetzen: Er hat sich im eigenen Gremium Feinde gemacht. Aufsichtsräte berichten verärgert von dem Gezanke, von falschen Eitelkeiten ist die Rede. "Dieses Verhalten schadet der Bank, das muss aufhören", sagt ein Vertreter der Arbeitnehmerbank, die geschlossen hinter Achleitner steht.

Doch ob das Statement aus Katar wirklich dazu beitragen kann, für Ruhe zu sorgen, ist mehr als fraglich. Denn schon in der jüngeren Vergangenheit haben Unterstützungsbekundungen von außen der Bank nicht wirklich geholfen. So etwa hat Finanzminister Wolfgang Schäuble Anfang des Jahres verkündet, dass er sich keine Sorgen um das größte deutsche Geldhaus mache. Damals war der Aktienkurs der Bank in einem hochnervösen Börsenumfeld heftig unter Druck geraten. Geholfen hat der Satz wenig - im Gegenteil. Wie schlecht steht es um die Bank wirklich, wenn sich sogar der Finanzminister einschalten muss?, fragten sich viele. So ähnlich könnte es nun mit den Katarern auch laufen. Am Ende kann Achleitner nur eines wirklich helfen: wenn die Zahlen der Bank wieder stimmen.

© SZ vom 31.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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