Nahaufnahme:Geschafft

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Marc Appelhoff: „Etablierte Möbelhändler wie Ikea oder XXXLutz kurbeln das Onlinegeschäft an. Sie haben verstanden, dass es nicht mehr ohne geht.“ (Foto: oh)

Dem Online-Möbelhändler Home24 gelingt erstmals nach fast zehn Jahren der Sprung in die Gewinnzone. Vorstandschef Marc Appelhoff glaubt an die Trendwende.

Von Michael Kläsgen

So ein Gänsehaut-Feeling wie in der Südkurve des BVB, wenn der Ball im Tor des Gegners zappelt, nein, so krass war der Dienstag dann auch nicht für Marc Appelhoff. Aber happy war der Home24-Chef und BVB-Fan schon. Endlich konnte er mal was Positives über den Online-Möbelhändler verkünden: Der erreichte erstmals in den fast zehn Jahren seines Bestehens die Gewinnschwelle. Zwar nur in einem Quartal und nicht im Gesamtjahr und auch nur nach vorläufigen Zahlen. Aber immerhin. An der Börse kletterte der Kurs im Grunde das erste Mal überhaupt kräftig nach oben. Seit dem Börsengang 2018 hatte er bislang immer nur eine Richtung gekannt: abwärts. Er fiel von mehr als 25 Euro auf unter fünf Euro vergangene Woche. Und klar: Auch nach dem Super-Tuesday blieb er im Grunde im Keller. "Wir sind noch nicht da, wo wir hinwollen", resümierte Appelhoff.

Der 41-Jährige lässt sich aber trotz aller Widrigkeiten in seinem Glauben an den langfristigen Erfolg von Home24 nicht beirren, auch da ähnelt er einem Fußballfan mit unbändigem Glauben an den eigenen Verein. Sowieso liebt er Fußball-Vergleiche, auch wenn sie nicht immer zu seinem Lieblingsverein passen. Er trage immer noch die gleiche Günter-Netzer-Frisur wie vor zwei Jahren vor dem Börsengang, sagt er. Wobei: etwas kürzer ist die Mähne schon. Appelhoff, Sohn eines ehemaligen Karstadt-Vorstands, ist seit 2015 bei Home24, Anfang des Jahres wurde sein Vertrag an der Spitze des Händlers um weitere drei Jahre verlängert. Von Berlin aus zieht es ihn aber wegen des Kribbelns in der Südkurve von Borussia immer wieder nach Dortmund und damit in die alte Heimat, ins Ruhrgebiet. Dort, genauer gesagt: in Essen, wuchs der gebürtige Frankfurter wegen des Jobs seines Vaters auf.

An den Onlinehandel mit Möbeln glaubt er schon seit ziemlich langer Zeit, obwohl sich das wahrlich nicht aufdrängt. So ein sperriges Sofa von A nach B zu liefern, ist einfach was anderes als der Onlinehandel mit Bekleidung. Trotzdem gründete Appelhoff 2009 zusammen mit seinem Kompagnon Christoph Cordes, dem Sohn des früheren Chefs des Metro-Handelskonzerns, den Online-Möbelhändler Fashion-For-Home. Der ging 2015 dann in Home24 auf. Nachdem Cordes Ende vergangenen Jahres Home24 verließ, ist Appelhoff jetzt einer der letzten Möbel-Online-Pioniere in Deutschland. So gut wie alle anderen Gründer und die meisten Investoren sind aus unterschiedlichen Gründen auf dem Rückzug. Geldgeber Rocket Internet reduzierte seinen Anteil an Home24 erst vor Kurzem.

"Im Onlinehandel mit Möbeln braucht man einen langen Atem", sagt Appelhoff. Der langhaarige Schlaks zeigt sich nach wie vor energiegeladen, aber auch bescheiden und demütig. Von einem Milliardenumsatz, den Start-ups nach Auffassung vieler brauchen, um an der Börse abzuheben und für Investoren relevant zu werden, ist Home24 noch weit entfernt. Appelhoff hat dennoch das Milliardenziel vor Augen. Wenn die Deutschen so viel Möbel online kauften wie die Briten oder Amerikaner, sagt er, dann überspringe Home24 auch diese Schwelle. Er glaubt, dass die Zeit für den Onlinehändler spielt. In den vergangenen zwölf Monaten habe sich Entscheidendes getan.

"Etablierte Möbelhändler wie Ikea oder XXXLutz kurbeln das Onlinegeschäft an", stellt er fest. "Sie haben verstanden, dass es nicht mehr ohne geht." Auch wenn die Rivalen Home24 beim Onlineumsatz schon ein- und sogar überholt haben, sieht er das nicht als Problem. Wichtig sei, dass die Menschen auch in Deutschland Möbel und Einrichtungsgegenstände immer mehr im Internet suchen und kaufen. Denn dann nutze das auch Home24. Das Spiel hat aus Sicht von Appelhoff eigentlich gerade erst richtig begonnen.

© SZ vom 12.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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