Nahaufnahme:Er sieht keinen Konflikt

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Regierungsberater Wachtmeister soll dem ehemaligen Audi-Manager Wolfgang Hatz mit einem Gutachten zur Freiheit verhelfen.

Von Klaus Ott

Georg Wachtmeister, Professor an der Technischen Universität München und Experte für Verbrennungskraftmaschinen, ist gefragt in Berlin, der Abgasaffäre wegen. Wenn Wachtmeister sich dort vorstellt und seinen auf dem Land gelegenen Wohnort nennt, den in der Hauptstadt kaum einer kennt, bekommt der Wissenschaftler schon mal zu hören: "Macht nichts." So geschehen vor einem Jahr im Untersuchungsausschuss Abgas der Bundestags, der Wachtmeister als Zeugen befragte. Der Professor gehörte schließlich einer vom Verkehrsministerium eingesetzten Untersuchungskommission an; als unabhängiger Experte.

Unabhängig von Regierungs- und Konzerninteressen. Ob die Unabhängigkeit noch gewährleistet ist, und ob es weiter heißt, "macht nichts"? Wachtmeister hat sich auf einen Nebenjob eingelassen, der spannend und heikel zugleich ist. Er hat ein Gutachten geschrieben, das dem in München in Untersuchungshaft sitzenden Ex-Audi-Manager Wolfgang Hatz zur Freiheit verhelfen soll. Die Verteidiger von Hatz haben die Expertise beim Oberlandesgericht München eingereicht, das demnächst entscheidet, ob der frühere Chef der Motorenentwicklung der VW-Tochter Audi im Gefängnis bleibt.

Einen besseren Unterstützer als den Wissenschaftler hätten Hatz und seine Anwälte kaum finden können. Der 1957 geborene Wachtmeister hat an der TU München Maschinenbau studiert und promoviert, dann beim Lkw- und Bus-Hersteller MAN Karriere gemacht, ehe er 2004 zurück an die Uni ging. Dort forscht er, wie sich Abgase reduzieren lassen. Zu den Schwerpunkten seiner Arbeit gehören Dieselmotoren. Das hatte ihm einen Sitz in der Untersuchungskommission des Verkehrsministeriums eingebracht, die Fahrzeuge vieler Hersteller überprüfte, von Audi über BMW und Mercedes bis VW. Und als die Bundesregierung vor einigen Monaten mehrere Expertengruppen einsetzte, die über Maßnahmen zur Schadstoffsenkung beraten, war Wachtmeister wieder mit dabei.

Nun also das Gutachten für Hatz, in dem der Professor sich vor allem zu technischen Fragen äußert. Und auch der Frage nachgeht, inwieweit ein schwer beschäftigter Manager jede Mail erfassen kann. Die Staatsanwaltschaft München II, die gegen Hatz wegen Betrugsverdachts ermittelt, betrachtet Mails und anderes mehr als belastend. Hatz habe von Abgasproblemen wissen müssen; er sei in die Affäre verwickelt. Die Anwälte des Ex-Audi-Managers haben in einer Haftbeschwerde erwidert, die Vorwürfe seien falsch; ihr Mandant sei unschuldig. Bei Hatz sei es schon aufgrund der Arbeitsmenge völlig ausgeschlossen gewesen, den Inhalt auch nur ausgewählter Mails inklusive der jeweiligen Präsentationen im Detail nachzuvollziehen.

Wachtmeister, der ja einige Erfahrung in der Industrie hat, stützt diese Version in seinem Gutachten. Und versucht auch sonst, speziell bei der Motorentechnik, Vorwürfe zu entkräften. Wie aber passt diese Rolle zu seiner Expertentätigkeit in Berlin? Wachtmeister antwortet, er sehe da überhaupt "keinen Konflikt". Wenn die Ergebnisse der Expertenrunden veröffentlicht würden, werde man erkennen, "dass ich mich nicht an den Interessen der Industrie orientiere". Sondern dass er sich immer sachlich an "technischen und auch machbaren Gesichtspunkten" orientiere. Die jetzige Expertenrunde sei auch etwas anderes als die vorherige Arbeit in der Untersuchungskommission des Verkehrsministeriums. Über die Arbeit der Kommission hatte Wachtmeister dem Bundestag berichtet, man habe die Autohersteller unter Druck gesetzt, für bessere Abgaswerte zu sorgen.

Fragen zu seinem Gutachten für Ex-Audi-Manager Hatz will Wachtmeister nicht beantworten: "Ich halte mich an Vertraulichkeitsvereinbarungen."

© SZ vom 19.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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