Nahaufnahme:Einer von ihnen

Lesezeit: 2 min

„Ich kann Ihnen sagen, dass ich vollumfänglich hinter Glyphosat als sicherem Produkt stehe“, sagt Werner Baumann. (Foto: Reuters)

Werner Baumann wird Bayer-Chef. Er kennt den Konzern bestens, hat dort bereits 1988 nach dem Studium angefangen und löst Marijn Dekkers ab, und zwar früher als geplant.

Von Karl-Heinz Büschemann

Am Ende ging es ganz schnell. Am Mittwoch gab der Bayer-Konzern überraschend bekannt, was schon als Vermutung durch die Branche ging. Neuer Chef des Leverkusener Pharmakonzerns soll vom 1. Mai an Werner Baumann, 53, werden. Der bisherige Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers geht sieben Monate früher als geplant. Bayer hat damit eine quälend lange Spekulation über die künftige Führung vermieden und bewiesen, dass es über eine Führungskultur verfügt, die eine gute Note verdient. Das kann man nicht von allen Unternehmen sagen.

Die Suche nach einem Chef war nötig geworden, weil Dekkers, der seit Oktober 2010 an der Bayer-Spitze steht, nicht mehr wollte. Auch das - ein freiwilliges und frühzeitiges Ausscheiden - ist in einem deutschen Unternehmen eine Ausnahme. Aber der 58-jährige Niederländer, der auch die US-Staatsbürgerschaft besitzt, hält seine Mission für erfüllt und will wieder nach Amerika zurückgehen.

Der Zeitpunkt für die Neuberufung des Vorstandsvorsitzenden ist passend. Dekkers hat aus dem früheren Chemie- und Pharmakonzern aus Leverkusen einen reinen Pharma- und Gesundheitskonzern mit knapp 100 000 Beschäftigten und 42 Milliarden Euro Umsatz gemacht, es beginnt eine neue Zeit. Zuletzt hat der Holländer die Kunststoffsparte unter dem Namen Covestro erfolgreich an die Börse gebracht und Bayer zum reinen Life-Science-Unternehmen gemacht, wie sie das in Leverkusen ausdrücken.

Mit Baumann kehrt der Leverkusener Traditionskonzern zu der Praxis zurück, den Chef aus den eigenen Reihen zu berufen. Der gebürtige Krefelder Baumann ging 1988 gleich nach seinem Wirtschaftsstudium zu Bayer und war seitdem meist mit Finanzen beschäftigt. Er war Controller bei einer Tochtergesellschaft in Spanien, später sammelte er Amerika-Erfahrung bei einer US-Gesellschaft. Seit 2010 sitzt Baumann im Konzernvorstand. Zunächst war er für Finanzen zuständig, seit etwa anderthalb Jahren ist er im Führungsgremium für Strategie verantwortlich und für das Portfolio-Management, also das Kaufen und Verkaufen von Unternehmensteilen. Die Fokussierung des Konzerns auf wenige Bereiche hat unter Dekkers dazu geführt, dass Bayer zeitweilig zum wertvollsten deutschen Konzern wurde. Als Strategiechef hat Baumann zuletzt maßgeblich die größten Transaktionen des Konzerns eingefädelt und war federführend bei der Übernahme der Gesundheitspräparate-Sparte des US-Konkurrenten Merck & Co. Damit hat er sich für Dekkers' Nachfolge empfohlen. "Er kennt sich bestens im Unternehmen aus", sagt ein Bayer-Mann über Baumann, der als zurückhaltend gilt, und daher in die Reihe der letzten Konzernchefs passt, die sich dadurch auszeichneten, dass sie sich nicht in den Vordergrund drängten. Baumann selbst beschreibt sich als introvertiert: "Ich spreche gerne vor Mitarbeitern, ich bin aber kein großer Freund davon, die große Bühne zu haben." Allerdings hat er sich in der Branche längst einen Namen gemacht. Ein Wegbegleiter beschreibt den Vater von vier Kindern als Mann ohne Allüren: "Er ist sehr ungezwungen und formlos im Umgang." Von Kollegen wird Baumann als umgänglich bezeichnet, aber auch als jemand, der mit Härte erledigt, was er für notwendig hält.

Jetzt muss Baumann schaffen, was bei Pharmakonzernen die größte Herausforderung ist. Er muss dafür sorgen, dass es immer wieder mit Milliarden entwickelte neue Medikamente gibt, die den Umsatz treiben. Ein Fehlschlag kann da verhängnisvoll sein. Und er muss schaffen, dass sich Bayer in der Branche, in der es zuletzt immer wieder Fusionen gab, in der Spitze hält. Aber dieses Geschäft hat Baumann ja gelernt.

© SZ vom 25.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: