Nahaufnahme:Der Unsichtbare

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Jho Low: „Ich kooperiere gerne. Ich habe nichts zu verbergen. Ich glaube an den Rechtsstaat.“ (Foto: Stuart Ramson/AP)

Jho Low, Finanzier und mutmaßlicher Betrüger, schafft es immer wieder, seine Verfolger abzuschütteln. Wie das geht, zeigt sein neuer Coup.

Von Arne Perras

Wo der Malaysier Unterschlupf gefunden hat, bleibt ein Rätsel. Manche glauben, er halte sich in China auf. Zuletzt gab es Gerüchte, er habe sich in die Vereinigten Arabischen Emirate abgesetzt. Viele Gerüchte, keine Beweise. Der mutmaßliche Milliardenbetrüger Jho Low gleicht einem Phantom. In jedem Fall dürfte der 38-Jährige, der als Schlüsselfigur im Skandal um den malaysischen Staatsfonds 1MDB gilt, mächtige Freunde haben. Schwer vorstellbar, dass er sich ohne Schutz immer noch der Strafverfolgung entziehen könnte, wo ihm Staatsanwälte auf drei Kontinenten hinterherjagen.

Bekannt wurde Jho Low einst mit schicken Party-Fotos, auf denen er die Champagner-Korken knallen ließ, stets in illustrer Begleitung. Er liebte es, als Großfinancier der Glamourwelt aufzutreten. Man sah ihn an der Seite von Hollywood-Star Leonardo DiCaprio, dessen Film "The Wolf of Wall Street" er finanzieren half. Jho Low genoss das Feiern mit Kim Kardashian und Paris Hilton, legendär seine Party in Las Vegas, bei der Britney Spears aus einer riesigen Geburtstagstorte heraushüpfte.

Nun ist die Glitzer-Show längst Geschichte, Jho Low abgetaucht. Was nicht verwundert angesichts der Summen, die versickert sein sollen. US-Ermittler jagen vier Milliarden US-Dollar nach, die bei Finanztransfers rund um 1MDB abgezweigt oder gewaschen worden sein sollen, zu Lasten des malaysischen Staates.

Wie stark Jho Low darin verwickelt ist, hat er nun selbst aus seinem Versteck heraus belegt, indem er einen spektakulären Deal mit der US-Justiz aushandelte. Demnach gibt Jho Low Besitz im Wert von mehr als 700 Millionen US-Dollar auf. Ein Luxushotel in Kalifornien, ein Privatjet sowie Immobilien in London und New York gehören dazu. Schon zuvor war auf Bali eine Yacht beschlagnahmt worden, so dass die US-Justiz nun alles in allem ein Vermögen von mehr als einer Milliarde Dollar sichergestellt hat. Malaysia darf sich darüber freuen. Wie Jho Low von diesem Deal profitiert, das weiß man noch nicht.

Immerhin hat der flüchtige Financier aus George Town, Penang, schon einmal erreicht, dass er kein Schuldgeständnis ablegen musste. Außerdem werden seine Berater, die den Deal anbahnten, offenbar aus dem beschlagnahmten Vermögen bezahlt, das dem malaysischen Staat zusteht. Wie Bloomberg berichtete, verdient an diesem Arrangement auch die Kanzlei des früheren US-Gouverneurs von New Jersey, Chris Christie. Das alles sind Merkwürdigkeiten, die in Südostasien genau beobachtet werden. Ein Kommentator hat Jho Low schon mit dem legendären Entfesselungskünstler Houdini verglichen. Während Malaysias Ex-Premier Najib Razak der Prozess gemacht wird, gelingt es seinem Helfer Jho Low, sich den Gerichten zu entziehen.

Schon 2015, als sich Vorwürfe verdichteten, gab Jho Low das Opfer und beteuerte, er sei lediglich ins Kreuzfeuer der Politik geraten und habe nie Illegales getan. Damals sagte er: "Ich kooperiere gerne. Ich habe nichts zu verbergen. Ich glaube an den Rechtsstaat." Gleichwohl bleibt er ein Gejagter. Malaysia wartet darauf, ihm den Prozess zu machen, aus Kreisen der Regierung hieß es, er könnte Ende des Jahres ausgeliefert werden. Doch die Lage ist kompliziert, weil Jho Low sehr wichtig ist, um weiteres verlorenes Vermögen zurück nach Kuala Lumpur zu schleusen, wo sich ein ganzes Volk durch seine frühere Regierung betrogen fühlt.

Es scheint, als sehe Jho Low noch einen Ausweg für sich. Angeblich hat er ein Land gefunden, das ihm Asyl gewährt. So steht es in einer Erklärung, die Anwälte am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP zuspielten. Ein Bluff? Möglich, dass die verdeckten Verhandlungen mit Jho Low bald in die nächste Runde gehen.

© SZ vom 04.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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