Nahaufnahme:Der oberste Wahnsinnige

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Max Conze: „Es gibt produktive Diskussionen mit Springer, was wir in Zukunft gemeinsam machen können.“ (Foto: dpa)

Seit sechs Monaten ist Max Conze nun Chef von Pro Sieben Sat 1. Bislang läuft es nicht gerade rund, schnelle Erfolge bleiben aus. Doch Conze ist trotzdem optimistisch.

Von Caspar Busse

Er wusste, dass es nicht einfach wird. Aber Max Conze, 49, bereut nicht, dass er den Job bei Pro Sieben Sat 1 angenommen hat. Seit genau sechs Monaten ist er Vorstandsvorsitzender des Münchner Fernsehunternehmens, und die Zeiten hätten wahrlich besser sein können. Der Wert der Aktie hat sich seit März fast halbiert. Conze, der zuvor Chef des britischen Staubsaugerherstellers Dyson war, musste die Prognose für 2018 nach unten revidieren und hohe Abschreibungen vornehmen. Er hat die Dividende deutlich gekürzt und die Belegschaft auf harte Zeiten eingestellt. Streamingdienste wie Netflix oder Amazon Prime bedrängen das klassische Fernsehgeschäft der Sender. Gerade kommt Conze aus New York, wo er Investoren getroffen hat, die mit der Kursentwicklung genauso wenig zufrieden sind wie er. Der Manager, der gerne segelt und Ski fährt, gibt sich zuversichtlich. "Wenn wir liefern können, dann wird das Unternehmen auch wieder mehr wert werden", sagt er bei einer Veranstaltung des Clubs Wirtschaftspresse München. Schon im kommenden Jahr, so seine Botschaft, werde es wieder aufwärtsgehen. Dann, hofft er, werde auch das Vertrauen in das Unternehmen zurückkehren. Das hatte zuletzt arg gelitten. Conzes Vorgänger, Thomas Ebeling, 59, hatte am Ende vor allem schlechte Nachrichten parat und irritierte mit negativen Aussagen über die Zuschauer seiner Sender. Er beschrieb sie als "ein bisschen fettleibig und ein bisschen arm". Conze kritisiert die Strategie seines Vorgängers: "Wir haben einen Mangel an Glaubwürdigkeit", stellt er fest. Gerade die Fernsehsender wie Pro Sieben, Sat 1 oder Kabel 1 seien "vernachlässigt und unterfinanziert", sie müssten nun mit viel Aufwand "neu aufgeladen" werden.

Der Mann ist neu im Mediengeschäft

Conze will wieder deutlich mehr Geld in die Inhalte stecken, sagt er. Dabei werde er nicht nur auf Shows, Spielfilme oder Serien setzen, sondern auch auf Nachrichten und Sport, um sich so gegen die Konkurrenz von Netflix und anderen zu behaupten. Er denke an neue Fernsehmagazine, zusammen mit der Axel Springer AG. "Es gibt produktive Diskussionen mit Springer, was wir in Zukunft gemeinsam machen können", sagt Conze. Schon jetzt liefern die Berliner Nachrichtensendungen, eine engere Kooperation ist offenbar geplant, Details will Conze nicht nennen. Vor mehr als zehn Jahren war eine Fusion von Springer und Pro Sieben Sat 1 an den Kartellbehörden gescheitert.

Bis zu seinem Wechsel zu Pro Sieben Sat 1 war Conze nicht im Mediengeschäft. Er stammt aus Bielefeld und war nach der Schule Fallschirmspringer bei der Bundeswehr, studierte dann in den USA und arbeitete zunächst 17 Jahre lang beim Konsumgüterhersteller Procter & Gamble, dann bei Dyson. Nun muss er Pro Sieben Sat 1 fit machen und setzt dafür auf Inhalte und Übernahmen. "Mit beiden Händen hinter dem Rücken geht es nicht", so Conze. An der Drei-Säulen-Strategie Ebelings will er festhalten: Erstens setzt er auf Fernsehsender, zweitens auf die Produktion von Inhalten und drittens auf die stark wachsenden Internetaktivitäten wie das Vergleichsportal Verivox oder die Partnerbörse Elite-Parship. In fünf Jahren soll der Umsatz so von vier auf sechs Milliarden Euro steigen. Das dürfte nicht einfach werden, der Druck auf Conze ist groß. Derzeit arbeitet er zusammen mit dem US-Konzern Discovery an einer senderübergreifenden Streaming-Plattform, die Mitte 2019 unter neuem Namen starten und nach zwei Jahren zehn Millionen Nutzer haben soll. 200 Leute sind mit dem Projekt beschäftigt, sagt Conze. Das Motto für den Fernsehkonzern, der vor mehr als 20 Jahren von Leo Kirch gegründet wurde, laute jedenfalls: "Wir müssen wie die Wahnsinnigen in die Zukunft springen."

© SZ vom 28.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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