Nahaufnahme:Der Killer kommt

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Barry Diller: "Der Fokus auf das Tagesgeschäft ist verloren gegangen." (Foto: Lucas Jackson/Reuters)

Barry Diller führt die Onlinefirma Expedia - mit 77 Jahren. Sein Stil gilt als autoritär und aggressiv.

Von Caspar Busse

Sein Spitzname "Killer-Diller" ist natürlich wenig schmeichelhaft, aber auf einen guten Ruf gibt Barry Diller, 77, ohnehin nicht viel. Der amerikanische Medienunternehmer, dessen Vermögen zuletzt auf knapp vier Milliarden Dollar geschätzt wurde, gilt als Kontrollfreak und als Choleriker, sein Führungsstil wird als autoritär und aggressiv beschrieben. Erzählt wird die Geschichte, wie er einmal so wütend mit einer Videokassette nach einem Manager geworfen haben soll, dass diese eine dünne Wand durchschlagen habe. Aber Diller ist erfolgreich, die Biografie, die schon vor 20 Jahren über ihn erschienen ist, hat den Titel: "Die Barry-Diller-Story: Das Leben von Amerikas größtem Unterhaltungsmogul." Auch in Amerikas Societyberichten kommt er häufig vor: Seit 2001 ist er mit Diane von Fürstenberg verheiratet, der bekannten belgisch-amerikanischen Modeschöpferin.

Zuletzt war es fast etwas ruhig geworden um ihn. Doch jetzt ruft ihn doch noch mal die Pflicht - und das große Rampenlicht. Ende vergangener Woche übernahm Diller die Führung von Expedia, neben Booking das weltweit führende Portal für Online-Hotelbuchungen - vorübergehend, bis ein neuer Chef gefunden ist. Im doch fortgeschrittenen Alter von 77 Jahren soll Diller die im Vergleich zu ihm junge Internetfirma stabilisieren und in eine bessere Zukunft führen. Zuvor hatte er kurz entschlossen Vorstandschef Mark Okerstrom und Finanzmann Alan Pickerill mit sofortiger Wirkung entlassen.

"Am Ende waren sich Management und Verwaltungsrat uneinig über die Strategie", teilte Diller mit, der nun als Verwaltungsratschef selbst die Führung übernimmt. Er glaube fest daran, dass das Unternehmen sein Wachstum 2020 wieder beschleunigen kann. Deshalb habe er auch Aktien gekauft. Der Wechsel kam an der Börse gut an: Das Expedia-Papier, das zuletzt stark verloren hatte, legte wieder zu. Expedia, zu dem unter anderem auch Trivago, Hotels.com und Homeaway gehören, musste zuletzt einen Gewinnrückgang verkünden. "In diesem Jahr hat Expedia einen ambitionierten Umbauplan in Angriff genommen, mit dem Ziel, unsere Marke und unsere Technik effizienter zu verzahnen. Dabei ist der Fokus auf das Tagesgeschäft verloren gegangen", stellte Diller kühl fest.

Der Mann aus San Francisco, der ein scharfer Kritiker von Präsident Donald Trump ist, schmiss einst sein Studium, fing dann in der Poststelle einer Talent-Agentur an und machte schnell Karriere. Im Alter von 31 Jahren wurde er Chef der Film- und Fernsehstudios Paramount Pictures, verantwortete unter anderem die Kassenknüller "Saturday Night Fever" oder "Beverly Hills Cop". 1984 wechselte er zu Twentieth Century Fox, wenig später kaufte Rupert Murdoch das Studio. Für ihn entwickelte Diller die Idee, neben CBS, NBC und ABC eine vierte Fernsehgruppe aufzubauen, daraus wurde die erfolgreiche Sendergruppe Fox. Überraschend und im Streit mit Murdoch verließ er Fox 1992, stieg beim Einkaufssender QVC ein. Dann gründete er die Internetholding Inter-Active Corp, die er heute noch kontrolliert und zu der unter anderem das Dating-Portal Tinder gehört. Diller hat viele Manager gefördert, etwa den späteren Disney-Chef Michael Eisner oder Dara Khosrowshahi, der vor zwei Jahren von Expedia zu Uber wechselte. Jetzt muss Diller zügig einen neuen Chef für das Buchungsportal finden und sich selbst beweisen.

Für sein luxuriöses Leben wird er wohl vorübergehend weniger Zeit haben. Ihm gehört unter anderem Eos, eine der größten Segelyachten der Welt. Er beauftragte eine Künstlerin, eine Bronze-Statue seiner Frau Diane zu fertigen. Diese hat er dann als Galionsfigur an das Schiff schrauben lassen.

© SZ vom 09.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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