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"Wer nicht an unser auf lange Sicht angelegtes, nachhaltiges Geschäftsmodell glaubt, sollte sein Geld nicht in unsere Firma stecken." Paul Polmann. (Foto: Bloomberg)

Was Unilever-Chef Paul Polman nach der abgelehnten Übernahme durch den amerikanischen Kraft-Konzern nun tun und welche Kritiker er überzeugen muss.

Von Björn Finke

Die Wurzeln des Konzerns reichen 130 Jahre zurück. Und er soll auch im kommenden Jahrhundert noch bestehen: Dafür will Unilever-Chef Paul Polman die Grundlagen schaffen, das ist ihm wichtig. Kurzfrist-Denken ist dem 60-jährigen Niederländer hingegen ein Gräuel. 2009 wechselte der damalige Nestlé-Manager als Vorstandschef zu Unilever. Eine seiner ersten Ankündigungen war, dass der Konsumgüterhersteller nicht mehr über Quartalsgewinne berichten werde, denn diese Reports begünstigten kurzsichtiges Handeln. Doch am Wochenende sah es so aus, als würde Unilever ausgerechnet unter Polman, dem Mann, der so gerne in Jahrhunderten denkt, seine Unabhängigkeit verlieren.

Der kleinere US-Konkurrent Kraft Heinz legte ein Übernahmeangebot für den Konzern vor, der Marken wie Lätta und Langnese, Domestos und Rexona vertreibt. Nach zwei Tagen zogen die Amerikaner die Offerte zurück, auch wegen des Widerstands von Polman. Das Geschäft wäre 143 Milliarden Dollar wert gewesen, Kraft Heinz wollte den Unilever-Aktionären eine Prämie von 18 Prozent auf den Kurs der Papiere zahlen. Aber die Führung um Polman behauptete trotzig, dass dieser Preis nicht den Wert von Unilever widerspiegele.

Damit steht der Manager, der in Groningen und Cincinnati Wirtschaft studiert hat, unter Druck, selbst den Aktienkurs kräftig zu erhöhen. Ansonsten werden ihm Anteilseigner vorhalten, er habe eine attraktive Offerte zu früh ausgeschlagen.

Bisher kann sich Polmans Bilanz sehen lassen. Der Aktienkurs stieg deutlich in den vergangenen Jahren. Der Niederländer trennte sich von einigen Lebensmittel-marken und investierte lieber in Kosmetik- und Gesundheitsprodukte, da die mehr Wachstum versprechen. Insgesamt vertreibt der Konzern mit Sitz in Rotterdam und London mehr als 400 Marken. Allerdings sind Rivalen wie Kraft Heinz profitabler, weswegen Polman Kosten senken will. Einige Aktionäre verlangen zudem, dass die Firma ihre wenig lukrative Margarinesparte verkauft. Das hätte Folgen in Deutschland: In Sachsen-Anhalt betreibt der Konzern eine große Margarinefabrik.

Polman dürfte die Avancen von Kraft Heinz auch deshalb abgelehnt haben, weil ein Großaktionär der Amerikaner, der Finanzinvestor 3G Capital, so gar nicht zu seiner Geschäftsphilosophie passt. 3G ist berüchtigt dafür, übernommenen Firmen hohe Schulden aufzubürden und bei ihnen rasch und hart zu sparen. Das beißt sich mit Polmans Idee, dass vor allem der langfristige Erfolg zählt. Außerdem predigt der Manager gerne und oft, dass nur solche Konzerne auf lange Sicht prosperieren, die Verantwortung für die Gesellschaft und die Umwelt übernehmen. Kurz nach seinem Amtsantritt erlegte Polman Unilever ehrgeizige Ziele auf, weniger Klimagase und weniger Abfall zu produzieren. Rohstoffe sollen aus nachhaltigem Anbau stammen; arme Bauern und Kleinunternehmer in Entwicklungsländern sollen von Unilevers Geschäften profitieren.

Der Niederländer wuchs in einer katholischen Familie nahe der deutschen Grenze auf - seine Kindheit habe seine Werte und Ideale geprägt, sagt er. Polman ist auch Mitglied diverser internationaler Gremien, die sich mit Nachhaltigkeit befassen. Manche Analysten sind aber skeptisch. Anstatt auf Podien den guten Unternehmer zu geben, solle er sich lieber darauf konzentrieren, den Konzern profitabler zu machen, lautet die Kritik. Am ebenso selbst- wie sendungsbewussten Polman perlen solche Angriffe ab: "Wer nicht an unser auf lange Sicht angelegtes, nachhaltiges Geschäftsmodell glaubt, sollte sein Geld nicht in unsere Firma stecken", sagte er schon 2010. Das klingt geradezu nach einer Aufforderung an Finanzinvestoren wie 3G Capital, sich bitte fernzuhalten.

© SZ vom 22.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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