Abhörskandal bei "News of the World":Murdoch und der große Ausverkauf

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Rupert Murdoch ringt um seine Macht auf Großbritanniens Medienmarkt: Nach dem Skandal um die Abhöraktionen seines Boulevardblatts "News of the World" streut eine andere Murdoch-Zeitung das Gerücht, er wolle alle seine britischen Zeitungen verkaufen. Will er damit seinen großen Fernsehdeal retten, der auf der Kippe steht?

Das britische Boulevardblatt News of the World hat Rupert Murdoch bereits handstreichartig geschlossen. Jetzt plant der Medienpatriarch offenbar einen noch tieferen Schnitt, um die Folgen des Abhörskandals für seinen Konzern abzumildern. Murdoch könnte sämtliche britischen Zeitungsgeschäfte verkaufen, die unter dem Dach der Konzerntochter News International gebündelt sind, berichtet das Wall Street Journal - das ebenfalls zu Murdochs Reich gehört und daher als gut informiert gilt.

Ist plötzlich öfter selbst Objekt der Berichterstattung, als ihm lieb sein kann: Rupert Murdoch am Montagabend in London. (Foto: REUTERS)

Der Konzern sondiere das Interesse möglicher Käufer für die Zeitungen The Sun, The Times of London und The Sunday Times, berichtet das Wirtschaftsblatt. Allerdings habe sich bisher kein Interessent gefunden. In den kommenden sechs Monaten könnte ein neuer Versuch gestartet werden. Ein Verkauf von News International wäre ein weiterer verzweifelter Versuch der News Corp., die geplante Komplettübernahme des britischen Bezahlfernsehanbieters BSkyB zu retten. Für umgerechnet rund 10 Milliarden Euro will er seine Beteiligung an der hochprofitablen Senderkette von 39 Prozent auf 100 Prozent aufstocken.

Doch der Abhörskandal hat die politische Großwetterlage in Großbritannien völlig verändert: Bis vor wenigen Wochen hatte die Regierung das Gebot Murdochs noch mitgetragen und angedeutet, ihm eine langwierige Prüfung durch die Wettbewerbskommission zu ersparen. Mittlerweile aber ist der Spitzelskandal außer Kontrolle geraten und Murdoch hat das gesamte Parlament gegen sich: Auch die Konservativen von Premierminister David Cameron wollen sich einem Antrag der oppositionellen Labour-Partei anschließen, der Murdoch dazu auffordert, auf den Milliardendeal zu verzichten. Camerons kleinerer Koalitionspartner, die Liberaldemokraten, hatte bereits zuvor angekündigt, im Zweifel mit der Opposition zu stimmen.

Um frühere Kritik an der wachsenden Medienmacht Murdochs in Großbritannien zu begegnen, hatte der Konzernchef schon vor Wochen angeboten, seinen britischen Nachrichtensender Sky News abzuspalten. Am Montag zog Murdoch dieses Zugeständis zurück. Ein taktischer Schachzug: Denn damit provozierte der Medienunternehmer eine eingehende Prüfung des BSkyB-Deals durch die britischen Kartellbehörden, die Monate dauern dürfte. Das verschafft ihm Zeit, auf eine Abkühlung der öffentlichen und politischen Stimmung zu warten, bevor der Milliardendeal endgültig zur Entscheidung ansteht.

Scheitert die Komplettübernahme von BSkyB wäre das eine herbe Niederlage für den 80-Jährigen Murdoch und insbesondere für seinen Sohn und Kronprinzen James, der unter anderem das Europageschäft verantwortet. Strategisch allerdings wären die Folgen für den Konzern überschaubar. Schon mit seinem bisherigen 39-Prozent-Anteil an der Sendergruppe übt Murdoch faktisch die Kontrolle aus. Gehört ihm BSkyB komplett hätte das vor allem den Vorteil, dass er die Gewinne der Sendergruppe vollständig einstreichen könnte.

Journalisten der News of the World sollen die Telefone von Prominenten, Angehörigen von Verbrechensopfern sowie Hinterbliebenen gefallener Soldaten angezapft haben. Die Affäre ist einer der größten Medienskandale in der Geschichte Großbritanniens und beschäftigt das Land bereits seit einigen Jahren. Eine pointierte Zusammenfassung des Skandals liefert der US-Comedy-Star James Steward in seiner "Daily Show". Nach dem Bekanntwerden neuer Details in der vergangenen Woche hatte Murdoch die Boulevardzeitung eingestellt, am Sonntag erschien die letzte Ausgabe. Mittlerweile zeichnet sich aber ab, dass auch andere seiner britischen Titel in die Machenschaften verwickelt sind.

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