Monopolkommission:"Wir sind sehr unzufrieden"

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Vier an der Macht: Die Monopolkommission kritisiert die hohe Konzentration auf Energiemärkten. Experten fordern stärkere Überwachung der Strombörse.

Michael Bauchmüller

Elf Jahre schon ist die Liberalisierung der Märkte für Strom und Gas her - doch nach Auffassung der Monopolkommission herrscht dort noch lange kein Wettbewerb. Das geht aus dem zweiten Sondergutachten zu den Energiemärkten vor, das die Regierungsberater am Dienstag in Berlin vorlegten. "Wir sind sehr unzufrieden mit der Wettbewerbssituation", sagte der Vorsitzende der Monopolkommission, Justus Haucap.

Macht am Strommarkt: "Einzelne Unternehmen können Kapazitäten zurückhalten, ohne dass dies durch andere Marktteilnehmer über frei verfügbare Kapazitäten unmittelbar sanktioniert wird." (Foto: Foto: dpa)

So sei beim Strom nach wie vor die Marktmacht der vier großen Konzerne Eon, RWE, EnBW und Vattenfall Europe zu groß. Sie produzieren etwa 85 Prozent des Stroms. Die Wettbewerbs-Experten schließen auch nicht aus, dass sich das in den Großhandelspreisen für Strom niederschlägt. "Insbesondere haben marktmächtige Unternehmen die Möglichkeit, Erzeugungskapazitäten auf dem Großhandelsmarkt zurückzuhalten", schreibt die fünfköpfige Kommission.

Keine Sanktionen

In der Vergangenheit war den Stromkonzernen wiederholt vorgeworfen worden, die Elektrizität an der Leipziger Strombörse EEX künstlich zu verknappen, um so den Preis in die Höhe zu treiben. Beweisen ließ sich solche Manipulation allerdings nie. Nach Auffassung der Monopolkommission jedoch bleibt den Unternehmen mindestens in Zeiten mit hoher Stromnachfrage die Möglichkeit, die Preise zu beeinflussen - indem mehrere Kraftwerke gezielt heruntergefahren werden.

Das Gremium geht davon aus, "dass einzelne Unternehmen Kapazitäten zurückhalten können, ohne dass dies durch andere Marktteilnehmer über frei verfügbare Kapazitäten unmittelbar sanktioniert wird" - weil die Konkurrenten bislang zu geringe Marktanteile haben. Nötig sei deshalb eine systematische Aufsicht über den Großhandel.

Die deutschen Stromerzeuger wiesen den Vorwurf mangelnden Wettbewerbs zurück. Der deutsche Strommarkt sei so umkämpft wie kein anderer in Europa, hieß es beim Branchenverband BDEW. Schon jetzt herrsche reger Wettbewerb. "Das zeigt sich schon daran, dass zahlreiche neue Marktteilnehmer derzeit den Kauf von Erzeugungskapazitäten prüfen", sagte BDEW-Chefin Hildegard Müller. Auch wagten immer mehr Haushalte den Wechsel des Stromanbieters; insgesamt 60 Prozent hätten zumindest schon den Tarif gewechselt. Ähnlich sehe das beim Gasmarkt aus, wenn auch auf niedrigerem Niveau. Hatte bis Ende 2007 nur jeder neunte Haushalt Tarif oder Anbieter gewechselt, sei das mittlerweile schon jeder vierte, teilte der BDEW mit.

Zu viele Marktgebiete

Der Monopolkommission allerdings bereitet die Lage am Gasmarkt nach wie vor Sorgen. So sei der Handel mit Gasmengen nicht ausreichend liquide, und immer noch gebe es zu viele unterschiedliche Marktgebiete. Die Bundesnetzagentur hatte deren Zahl von mehr als 20 zuletzt auf zehn reduziert, in jedem dieser Gebiete werden gesondert der nötige Druck und die Verfügbarkeit von Gas gewährleistet. Nach Auffassung der Monopolkommission aber reichen auch zwei Marktgebiete für die beiden unterschiedlichen Gas-Qualitäten in Deutschland. "Größere Marktgebiete vereinfachen den Gastransport und machen ihn preiswerter", urteilen die Experten. Das wiederum erleichtere auch neuen Anbietern den Eintritt in den Markt.

Als wenig wirkungsvoll dagegen beurteilt die Kommission die Novelle des Wettbewerbsrechts, mit der die Koalition den Missbrauch von Marktmacht einschränken wollte. Die Novelle erlaubt es den Kartellbehörden, Machtmissbrauch leichter zu ahnden. Die neuen Regeln greifen aber nach Auffassung der Wettbewerbshüter nicht an den Wurzeln dieses Missbrauchs. Zur Verwirklichung von Wettbewerb sei die Novelle "kein geeignetes Instrument".

In der Opposition stößt das Gutachten auf Zustimmung. Es belege, dass die Bundesregierung in der Energiepolitik versagt habe, sagte die FDP-Energiepolitikerin Gudrun Kopp. Für einen funktionierenden Wettbewerb sei "eine verlässliche und konsistente Politik notwendig". Die aber habe es nicht gegeben.

© SZ vom 05.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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