Wer eine Straftat plant, ruft seine Komplizen gewöhnlich nicht mit dem eigenen Smartphone an. Häufig benutzen Kriminelle Billighandys mit anonymen Sim-Karten, die sie sich leicht im Internet oder im Supermarkt kaufen können. Dort müssen sie einen Namen angeben, nicht alle Händler kontrollieren allerdings, ob dieser stimmt. Die Bundesregierung will Mobilfunkfirmen deshalb vorschreiben, den Personalausweis jedes Käufers einer Sim-Karte zu überprüfen. So steht es in einem Maßnahmenkatalog der Bundesregierung zur Terrorismusbekämpfung, auf den sich die Koalition geeinigt hat.
Was nach einer sinnvollen Sicherheitsvorkehrung klingt, hat allerdings auch für gesetzestreue Menschen Konsequenzen. Schon heute landen die gesammelten Kundendaten der Telekommunikationsfirmen in Registern, auf die zahlreiche Behörden über die Bundesnetzagentur zugreifen können. Neben Strafverfolgungsbehörden und den Nachrichtendiensten durchsuchen auch Zoll, Polizei oder die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen die Listen der Mobilfunkanbieter, sagt der ehemalige Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar - häufig auch bei einfachen Ordnungswidrigkeiten.
Er fordert, die Durchsuchung der Kundendaten "auf die Aufklärung von Straftaten zu begrenzen". Denn wenn die Personalausweispflicht kommt, werde das Register der deutschen Mobilfunk-Kunden lückenlos. Erhoben werden Namen, Adressen, Geburtsdaten und Telefonnummern.
Klage eingereicht
Der schleswig-holsteinische Landtagsabgeordnete Patrick Breyer (Piraten) kämpft dagegen, dass Kunden diese Daten überhaupt preisgeben müssen und hat beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Klage eingereicht.
Die Mobilfunkbranche sieht den Plan der Bundesregierung ebenfalls kritisch, wenn auch aus anderen Gründen. Der Geschäftsführer des Verbands der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten, Jürgen Grützner, sagt, die Händler verschickten längst Codewörter per Post an neue Kunden: Erst wenn sie dieser Brief erreicht, können sie ihre Sim-Karte freischalten. So ließen sich die Adressen problemlos überprüfen. Viele Händler könnten hingegen eine Passkontrolle kaum einhalten. Schließlich verkauften 70 bis 80 Prozent der Anbieter Prepaid-Karten online. Um sich Ausweise vorlegen zu lassen, müssten sie Ladenlokale eröffnen. Ein Aufwand, der sich nicht lohne: "Die Missbrauchszahl ist verschwindend gering." Grützner glaubt, dass Straftäter zudem auf ausländische Anbieter umsteigen.
Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff (CDU) sagt, sie gehe davon aus, dass einige praktische Hürden zu überwinden seien. In der grundsätzlichen Speicherung und Nutzung von Kundendaten durch Behörden könne sie dagegen keine Probleme erkennen.