Mit Social Games an die Börse:Mehr als nur Spielgeld

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Virtuelle Schafe, Traktoren oder Äcker zu Centbeträgen: Das Geschäft mit Social Games im Netz ist eine Goldgrube. Der Spieleentwickler Zynga bietet nun eine Möglichkeit zur ganz realen Geldanlage. Er will an der Börse eine Milliarde Dollar einnehmen. Doch Turbulenzen an den Finanzmärkten stören die Pläne.

Varinia Bernau

Es ist schwierig geworden, sein Geld gut anzulegen. Der eine probiert's mit Gold, der andere mit Immobilien - und mancher kauft virtuelle Landmaschinen, um damit virtuelle Äcker zu bewirtschaften. Allein auf den Spielwiesen, die das US-Unternehmen Zynga im Netz ausgerollt hat, machen das mehr als sechs Millionen Menschen. Im Monat.

Der Spieleentwickler Zynga drängt an die Börse - eine reale Möglichkeit der Geldanlage. (Foto: Gareth Cattermole)

Nun lockt Zynga mit einer ganz realen Möglichkeit zur Geldanlage: Die Internetfirma drängt an die Börse. In wenigen Tagen könnte sie den Schritt aufs Parkett wagen, wie mehrere US-Medien unter Berufung auf Insider berichten. Demnach wolle Zynga zunächst etwa ein Zehntel seiner Anteile platzieren - und so etwa eine Milliarde Dollar einnehmen. Ist ein Unternehmen, das sein Geld mit virtuellen Schaufeln und Schafen macht, wirklich zehn Milliarden Dollar wert?

Wer verstehen will, warum es Zynga gelingt, die Fantasie von Anlegern zu beflügeln, der muss einen Blick auf die Welt der Computerspiele werfen: Vorbei sind die Zeiten, in denen nur picklige Jungs daheim vor ihren Kisten hingen, in denen ein Spiel nur dann Erfolg haben konnte, wenn es mit vielen Spezialeffekten und einem komplizierten Plot daher kam. Inzwischen daddeln auch Frauen gern. Gern unterwegs - und gern gemeinsam mit Frauen.

Zynga, gerade einmal vier Jahre alt, hat sich diesen neuen Spieltrieb wie kein anderer zunutze gemacht. Auf dem sozialen Netzwerk Facebook bietet das Unternehmen Spiele wie "Farmville" oder "Mafia Wars" an. Die sind erst einmal kostenlos. Bezahlen muss nur, wer sich Vorteile verschaffen will - etwa mit einem besseren Traktor. Meist sind nur ein paar Cent nötig, um virtuell aufzurüsten. Doch die Kleckerbeträge sammeln sich - und zwar in der Kasse der Spieleanbieter.

Das Geschäft mit virtuellen Gütern ist zu einer Goldgrube geworden: Branchenbeobachter schätzen, dass im vergangenen Jahr weltweit 9,27 Milliarden Dollar mit virtuellen Schafen, Schaufeln und ähnlichem Spielkram umgesetzt wurden. Bis 2015 soll sich diese Summe mehr als verdoppeln.

Auch wenn nur ein Bruchteil der Spieler dieser sogenannten Social Games zahlt - die Bereitschaft, ein paar Cents zu investieren, um schneller voranzukommen, sie wächst.

Zumindest bei Zynga: In den ersten neun Monaten dieses Jahres haben von den insgesamt 230 Millionen Nutzern 6,7 Millionen für virtuelle Güter etwas auf den Tisch gelegt. Im vergangenen Jahr waren es noch 5,1 Millionen. Der Umsatz hat sich so bis Ende September mehr als verdoppelt - auf 828,9 Millionen Dollar. Doch um die Daddeler bei Laune zu halten, musste Zynga auch investieren: in die Entwicklung der Spiele und ins Marketing. Das drückte den Gewinn: In den ersten neun Monaten blieben unterm Strich 30,7 Millionen Dollar, im vergangen Jahr waren es noch 47,6 Millionen.

All dies ist nachzulesen im Börsenprospekt, den Zynga bereits im Juli eingereicht - und kürzlich auf Nachfrage der US-Börsenaufsicht SEC auch noch mal überarbeitet hat. Üblicherweise dauert es drei Monate, bis aus einem eingereichten Börsenplan Wirklichkeit wird.

Doch Zynga hatte sich bereits im Sommer gelassen gezeigt. Das Unternehmen, so hieß es damals, habe wegen der jüngsten Turbulenzen an den Finanzmärkten keine besondere Eile mehr. Zwischenzeitlich hat das Schnäppchenportal Groupon gezeigt, wie man sich die Unberechenbarkeit an der Börse auch zunutze machen kann: 700 Millionen Dollar sammelte das Unternehmen Anfang November ein - obwohl es noch nicht einmal Gewinn macht. Psychologie ist bei einem Börsengang mitunter wichtiger als die Bilanz.

Doch auch Zynga dürfte nicht entgangen sein, dass das Papier von Groupon seither etwa 40 Prozent seines Wertes eingebüßt hat. Zumindest hat der Spieleentwickler in den vergangenen Wochen an seiner Strategie gearbeitet: Mehr als 90 Prozent der Spieler kommen über Facebook zu Zynga. Eine Schwäche, auf die das Unternehmen selbst im Börsenprospekt hingewiesen hat - und die es nun zu mindern versucht. Kürzlich kündigte Zynga eine eigene Internetplattform an, auf der Spiele auch außerhalb von Facebook genutzt werden können. Ob das reicht als Argument für eine gute Geldanlage? Bald könnte es sich zeigen.

© SZ vom 02.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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