Minus von 4,8 Prozent:Defizit in Frankreich größer als befürchtet

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Erst am Donnerstag versuchte Präsident Hollande in einem Fernsehinterview sein schlechtes Image aufzupolieren, doch nun kommt schon die nächste schlechte Nachricht: Frankreich hat sein Defizitziel 2012 klar verfehlt.

François Hollande regiert in einem Land der schlechten Wirtschaftszahlen. Kaum eine Woche vergeht, in der Frankreichs Präsident im Élyséepalast nicht mit neuen Schreckenszahlen konfrontiert wird. In einem Live-Interview am Donnerstagabend zeigte sich Hollande umso kämpferischer: "Ich bin Präsident der Republik seit zehn Monaten, nicht seit zehn Jahren." Die aktuelle Krise halte länger an als erwartet. "Ich führe diese Schlacht", kündigte Hollande an, "das ist Verpflichtung und Kampf."

Und die schlechten Nachrichten reißen nicht ab: Frankreich hat im vergangenen Jahr sein Defizitziel klar verfehlt. Anstelle einer von der Regierung angestrebten Neuverschuldung von 4,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) lag das Defizit 2012 bei 4,8 Prozent, wie das französische Statistikamt Insee mitteilte.

Frankreichs Gesamtschuldenstand stieg 2012 laut dem Statistikamt auf den Rekordwert von 1,834 Billionen Euro. Das entspricht 90,2 Prozent des BIP. Vorgesehen war eine Gesamtverschuldung von 89,9 Prozent. 2011 hatte die Verschuldung noch bei 85,8 Prozent gelegen.

Dass das Defizit für 2012 deutlich höher ausfällt als bislang angenommen liegt unter anderem an der im Dezember erfolgten Rekapitalisierung der Krisenbank Dexia. Die Staatsausgaben stiegen zudem stärker an als geplant. Zu Buche schlägt auch, dass die Angaben zum Defizit im Jahr 2011 nach oben korrigiert wurden, von bislang 5,2 Prozent auf 5,3 Prozent des BIP.

Finanzminister Pierre Moscovici versicherte im Sender RTL, die Regierung habe ein noch deutlich höheres Defizit verhindern können. "Wenn es nicht die Korrekturmaßnahmen gegeben hätte, die wir im Sommer beschlossen haben, wäre das Defizit angesichts eines Nullwachstums 2012 auf mehr als 5,5 Prozent angestiegen." Frankreich habe bedeutende Anstrengungen unternommen, um das "strukturelle Defizit" zu senken - also das von der Konjunktur unabhängige Defizit. Moscovicis Ministerium verwies auf eine im Sommer beschlossene Steuerreform, die sieben Milliarden Euro "mobilisiert" habe. Bei den Sozialkassen sei fast eine Milliarde Euro mehr gespart worden.

Die französische Regierung hatte erst kürzlich eingestehen müssen, auch für dieses Jahr das Defizitziel von drei Prozent nicht einhalten zu können. Hollande bestätigte vor etwa zwei Wochen erstmals eine Prognose der EU-Kommission, wonach die Neuverschuldung angesichts des schwachen Wirtschaftswachstums wahrscheinlich bei 3,7 Prozent liegen wird.

In der Europäischen Union gilt eigentlich die Maßgabe, dass das Defizit nicht mehr als 3,0 Prozent des BIP betragen darf. Für die Gesamtverschuldung gilt theoretisch eine Obergrenze von 60 Prozent des BIP. Frankreich will nun 2014 die EU-Obergrenze für das Defizit einhalten.

© Süddeutsche.de/AFP/dpa/fzg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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