Mindestlohn für Friseure:Preise hoch, Kunden weg

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Benefizaktion junger Friseure für SZ Adventskalender, 2012

Niedrige Preise, niedrige Löhne: Die Friseurbranche hatte einen angekratzten Ruf.

(Foto: Catherina Hess)

Einen gesetzlichen Mindestlohn gibt es bald wohl überall in Deutschland. Friseure bekommen ihn schon seit Monaten - eine Zwischenbilanz.

Von Charlotte Dietz

Das Prestigeprojekt von Andrea Nahles nimmt Formen an. Der Gesetzentwurf der Bundesarbeitsministerin zum verpflichtenden Mindestlohn steht: 8,50 Euro für alle, mit wenig Ausnahmen. Am 2. April soll das Kabinett darüber beraten.

In einigen Branchen haben sich Gewerkschaften und Arbeitgeber jedoch schon längst auf einen Mindestlohn geeinigt. Eine davon ist das Friseurhandwerk. Immer wieder waren die Arbeitsbedingungen in deutschen Salons in den Schlagzeilen gewesen: Stundenlöhne von unter fünf Euro, absurde Umsatzvorgaben, unbezahlte Überstunden. Dafür gab es Haarschnitte zum Spottpreis. Genug Auszubildende fanden die Friseure schon lange nicht mehr. "Wir hätten uns heruntergewirtschaftet", sagt Rainer Röhr, Vorsitzender vom Zentralverband des deutschen Friseurhandwerks.

Der Mindestlohn sollte Schluss machen mit diesen Zuständen. Doch konnte er tatsächlich helfen? Und lässt das Schlüsse auf den allgemeinen Mindestlohn zu? Süddeutsche.de hat bei Friseuren, Verbänden und Experten nachgefragt.

Lohngrenze: 8,50 Euro. So viel sollen Arbeitende in Deutschland von 2015 an mindestens verdienen. Auch bei den Friseuren steigt der Stundenlohn stufenweise auf diesen Betrag. Die Gewerkschaft Verdi einigte sich zunächst mit 26 Verbänden und Innungen auf 6,50 Euro im Osten und 7,50 Euro im Westen von August 2013 an. Im Dezember erklärte das Bundesarbeitsministerium die Löhne dann rückwirkend für allgemeinverbindlich - in ganz Deutschland müssen Saloninhaber ihn seit November zahlen. Dieses Jahr steigt er auf sieben Euro (Osten) und acht Euro (Westen). Von August 2015 an werden dann alle Friseure in Deutschland 8,50 Euro pro Stunde verdienen.

Kein Mindestlohn für Auszubildende. Die werden bei der Regelung ausgenommen. Auch in der Friseurbranche fallen Auszubildende nicht unter die Mindestlohnregelung. Jedoch wird der Beruf bei jungen Menschen seit der Einführung wieder beliebter. Zwar geht die Zahl der Auszubildenden noch zurück, jedoch deutlich weniger als zuvor: Im September 2013 stellte die Bundesagentur für Arbeit einen Rückgang von drei Prozent fest. Im Vorjahr waren es noch fast zehn Prozent weniger neue Auszubildende gewesen. Vor allem in den östlichen Bundesländern, in denen der tarifliche Lohn vorher zum Teil bei 3,82 Euro lag, zeigt der Mindestlohn Wirkung: In der Friseurinnung Chemnitz gibt es im neuen ersten Lehrjahr 70 angehende Friseure - im dritten sind es nur 35. "Für uns ist das ein gutes Zeichen", sagt Obermeister Jörn Lüdecke.

Flucht in die Schwarzarbeit? Ein beliebtes Argument gegen den Mindestlohn ist die Befürchtung, dass dadurch die Schwarzarbeit zunimmt. In der Friseurbranche ist sie traditionell sehr weit verbreitet. Über genaue Zahlen lässt sich nur spekulieren. Der Zentralverband schätzt jedoch, dass Friseure jährlich zwei Milliarden Euro schwarz umsetzen. Das wäre dann rund ein Drittel vom Gesamtumsatz in der Branche.

Sybille Hain, Vorsitzende der Landesinnung Thüringen/Sachsen-Anhalt, befürchtet einen deutlichen Anstieg. "Viele Friseure arbeiten jetzt offiziell als 450 Euro-Kraft, den Rest gibt es bar auf die Hand", sagt sie. In den zusätzlichen Stunden könnten Salonbesitzer ihre Mitarbeiter um den Mindestlohn prellen - und den Staat um Sozialabgaben. Zudem bemängelt Hain, dass kaum überprüft werde, wer den Mindestlohn tatsächlich zahlt. "Hier gibt es immer noch Salons, da schneiden die jungen Friseurinnen für vier Euro pro Stunde."

Arbeitsministerin Andrea Nahles will eine Hotline einrichten, bei der solche Verstöße dann in Zukunft gemeldet werden können. Doch gleichzeitig brauchen die Zollämter mehr Mitarbeiter, um zu kontrollieren, wer sich an die Regelungen hält. Die Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft (BDZ) fordert 2000 bis 2500 zusätzliche Stellen, um diese Arbeit zu bewältigen.

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