Metro: Jobabbau:Lebensmittel statt Spielzeug

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Kosten runter, Schnickschnack weg und Jobs werden auch gestrichen: Metro verordnet seinen Großmärkten eine Radikalkur - und will trotzdem neue Kunden gewinnen.

S. Weber

Solche Kunden wünscht sich Harald Fraszczak häufiger in den Großhandelsmärkten der Metro: Ein Restaurantbetreiber bestellte dort vor gut einem Jahr eine Küche im Wert von 100.000 Euro und verkochte dort seitdem Lebensmittel für 200.000 Euro, allesamt bei Metro eingekauft.

Privatpersonen sollen draußen bleiben: Metro setzt bei seinen Großmärkten verstärkt auf Hoteliers sowie Restaurant- oder Kioskbetreiber. (Foto: Foto: AP)

Der Alltag in den 61 deutschen Metro-Märkten, die in jedem Jahr etwa vier Milliarden Euro umsetzen, ist sehr viel trister. Aus Sicht von Fraszczak, der das sogenannte Cash & Carry-Geschäft des Handelskonzerns in Deutschland, also das Großverbrauchergeschäft, verantwortet, tummeln sich in den Märkten viel zu wenige Hoteliers, Restaurant- oder Kioskbetreiber.

Stellenabbau und neue Konzepte

Stattdessen sind dort viele Privatpersonen unterwegs, die mit Großmarktausweis der Metro ihren Haushalt bestücken. "Wir haben unsere Zielgruppe aus den Augen verloren. Deshalb geht es seit fünf Jahren bei Umsatz und Ergebnis bergab", sagt Frans Muller, der im Metro-Vorstand für die Sparte zuständig ist.

Jetzt unternimmt der Handelskonzern in seinem Großverbrauchergeschäft eine drastische Kurskorrektur. Dabei geht es um neue Konzepte. Aber es geht auch darum, die Kosten zu senken. Bis zum Jahr 2012 will der Großhändler 150 Millionen Euro einsparen, jeweils zur Hälfte beim Personal- und Sachaufwand.

In diesem Zusammenhang hat Metro bereits begonnen, 1700 Stellen in den Märkten zu streichen. In der Zentrale fallen 140 Jobs weg. Zudem wird die Arbeitszeit vieler Mitarbeiter reduziert: Sie arbeiten an jedem Tag nur noch sechs anstatt zuvor acht Stunden. Auch bei den Mieten für die Märkte hat Metro einen Nachlass ausgehandelt - was insofern bemerkenswert ist, als die meisten Immobilien Eigentum der Metro-Großaktionäre Otto Beisheim und Familie Schmidt-Ruthenbeck sind.

Die Einsparungen sollen dazu beitragen, die Ertragskraft deutlich zu verbessern. Für 2012 strebt das Management ein Betriebsergebnis von 150 Millionen Euro an - was immer noch deutlich weniger ist als 2003, dem Top-Jahr von Metro Cash & Carry in Deutschland. Damals hatten die Großmärkte einen Gewinn von 250 Millionen Euro verbucht. Die langfristig anvisierte Umsatzrendite beziffert Fraszczak mit drei Prozent.

Restaurants ohne Zukunft

Im Zuge der Neuausrichtung unternimmt Metro deutliche Korrekturen am Sortiment: Textilien, Spielwaren, Unterhaltungselektronik oder auch Möbel werden weitgehend ausgelistet, weil sie für Profieinkäufer aus Gastronomie und Handel weniger wichtig sind. Stattdessen wird das Angebot an Lebensmitteln noch einmal erweitert. Erste Erfahrungen in drei Testmärkten in Siegen, Neu-Ulm und Augsburg sind Fraszczak zufolge sehr positiv. In Erfurt und Bremen stellt Metro im Oktober erstmals zwei größere Märkte mit Verkaufsflächen von deutlich mehr als 10.000 Quadratmetern auf das neue Konzept um. Benötigt wird dort künftig jedoch sehr viel weniger Platz.

Was mit den nicht benötigten Flächen geschieht - ob sie untervermietet werden oder leerstehen -, da will sich Muller nicht festlegen. Nach Informationen aus der Branche prüft Metro bereits alternative Verwendungsmöglichkeiten für nicht benötigte Flächen. Eine Entscheidung soll jedoch erst Mitte nächsten Jahres fallen. "So lange wollen wir beobachten, wie die Kunden in den Testmärkten auf das neue Konzept reagieren und dann entscheiden, welche Ideen in allen Filialen umgesetzt werden", sagt Muller. Keine Zukunft haben offensichtlich die Restaurants in den Märkten. Bis Ende 2009 werden zehn Betriebe geschlossen, darunter in allen fünf Testmärkten.

Mit dem neuen Konzept sehen Muller und Fraszczak die Chance, in jedem Jahr 100.000 neue Kunden zu gewinnen und den Umsatz mittelfristig um 500 Millionen Euro zu steigern. Das wird nicht einfach. Schließlich herrscht in der Gastronomie, bei Hotels und auch bei Kiosken - den traditionellen Metro-Kunden - Flaute. Möglicherweise trägt aber die neue Preispolitik des Großhändlers dazu bei, Kunden zurückzugewinnen, die inzwischen bei Discountern einkaufen. Metro will etwa 5000 Produkte verbilligen, teilweise bis auf das Niveau von Aldi, Lidl und Co. "Das halten wir durch, auch wenn die Konkurrenz noch einmal den Rotstift ansetzt", sagt Fraszczak.

© SZ vom 17.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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