Marchionne buhlt um Opel:Der Retter im Wollpulli

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Im Maserati Quattroporte zum Minister: Fiat-Chef Marchionne präsentiert in Berlin seine Zukunftsvision für Opel - doch die Regierung hält sich alles offen.

Ganz cool und irgendwie typisch italienisch: Fiat-Chef Sergio Marchionne stellt in Berlin seine Pläne für seinen Autokonzern der Zukunft vor - und fährt mit dem Maserati Quattroporte bei Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) vor. So sportlich wie sein Wagen fiel auch das Outfit des Fiat-Chefs aus: Marchionne erschien im für ihn typischen dunklen Strickpulli.

Fiat-Chef Marchionne fuhr im Maserati Quattroporte vor. (Foto: Fotos: dpa)

Er erwarte mehr Details als vergangenes Mal, gehe aber gleichwohl mit einem "sehr offenen Erwartungshorizont" in die Gespräche, sagte Guttenberg unmittelbar vor Beginn des Gesprächs. Zudem hoffe er, dass auch die Gespräche mit der Opel-Konzernmutter General Motors (GM) fortgeschritten seien. Denn letztlich sei entscheidend, ob sich ein Investor auch mit GM einigen könne, so Guttenberg weiter.

Mitarbeiter bevorzugen Magna als Investor

Der Opel-Betriebsrat und die IG Metall hatten sich gegen einen Einstieg von Fiat ausgesprochen. Sie halten ein Zusammengehen mit dem Autozulieferer Magna für sinnvoller. Magna, der weltweit drittgrößte Automobilzulieferer, hatte in der vergangenen Woche erstmals sein Interesse an Opel öffentlich erläutert.

Fiat will zusammen mit Opel und dem US-Autohersteller Chrysler einen der größten Autokonzerne der Welt schaffen. Das italienische Unternehmen beabsichtige, die drei traditionsreichen Autohersteller zu einem einzigen Konzern zu verschmelzen, sagte Marchionne der Financial Times. Fiat steigt mit zunächst 20 Prozent beim insolvenzten Hersteller Chrysler ein.

Marchionne, der sich als Fiat-Sanierer einen Namen in der Autobranche machte, will im weiteren Verlauf des Tages auch mit Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Opel-Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz zusammentreffen.

Bei ihrer Suche nach einem Investor für Opel hat sich die Bundesregierung allerdings noch nicht entschieden. Er sei nach wie vor völlig offen gegenüber jedem Investor, sagte Guttenberg wenige Stunden vor dem Treffen mit Marchionne im Deutschlandfunk. Allerdings strebt die Regierung nach Aussage von Regierungssprecher Ulrich Wilhelm eine einvernehmliche Lösung an. Es sei ein gemeinsames Vorgehen vereinbart, und alle Beteiligten hielten sich daran, sagte Wilhelm. Die Konzepte würden geprüft und die Einzelheiten zusammengeführt. Auf deren Basis werde dann gemeinsam und abgestimmt vorgegangen. Zunächst sei zu begrüßen, dass es mehrere Interessenten gebe.

Guttenberg erhofft sich konkrete Details

Bei dem Treffen mit Marchionne könne es nicht um irgendwelche Entscheidungen gehen, sagte Guttenberg. Er hoffe, dass er mehr Konkretes hören werde als das, was in einem Grobkonzept bereits vorgestellt wurde. Es gehe um eine belastbare und langfristig tragfähige Lösung. Dabei spielten der Opel-Mutterkonzern General Motors (GM) und die US-Regierung zentrale Rollen.

Opel-Vorstandschef Hans Demant will mit allen am Unternehmen interessierten Investoren Gespräche aufnehmen. "Wir werden mit allen alternativen Interessenten sprechen", kündigte Demant beim Besuch von Außenminister Steinmeier im Opelwerk Eisenach an. Er sei sehr froh, dass das Interesse an dem zukünftigen europäischen Opel-Verbund in Europa so groß sei.

Steinmeier sagte, auf dem Weg zur Rettung von Opel sei man ein Stück weiter voran gekommen. Die Investoren müssten jetzt ihre detaillierten Konzepte vorlegen. Die Entscheidung über staatliche Hilfen werde dann in den nächsten Wochen fallen. Voraussetzung sei eine Sicherung der Standorte und die Sicherung der Arbeitsplätze. Dafür ziehe die Regierung an einem Strang, sagte Steinmeier.

GM hat in den USA noch bis Ende Mai Zeit, der US-Regierung ein tragfähiges Zukunftskonzept vorzustellen. Der ehemals weltgrößte Autohersteller steht seit Monaten am Abgrund und ist nur noch liquide, da der Staat schon etliche Milliarden in das Unternehmen gepumpt hat.

Stärkere Präsenz notwendig

Mit einem Einstieg bei Opel verfolgt Fiat vor allem ein Ziel: Der Konzern muss seine Produktionszahlen deutlich nach oben schrauben, um wettbewerbsfähig und damit überlebensfähig zu bleiben. Dafür schaut Fiat sich nicht nur in Europa um.

Erst am vergangenen Donnerstag war bekannt geworden, dass das Unternehmen aus Turin mit 20 Prozent beim insolventen US-Autohersteller Chrysler einsteigt. Ziel ist die stärkere Präsenz auf dem wichtigsten Automarkt der Welt, den USA. US-Präsident Barack Obama geht im Fall Chrysler von einer schnellen Sanierung nach Chapter 11 des US-Insolvenzrechts aus.

Mit einem Einstieg bei Opel würde John Elkann, Chef der mächtigsten italienischen Unternehmerdynastie Agnelli, auch ein Versprechen einlösen. "Wir sind wieder da", hatte der heute 33-Jährige im Herbst 2007 dem Manager Magazin in einem Interview gesagt - und zugleich angekündigt, dass er auch in Deutschland zukaufen wolle. Seine Begründung: "Wir halten Deutschland für sehr attraktiv." Elkann ist das mächtigste Clanoberhaupt der Agnellis; er sorgte dafür, dass es Fiat heute noch gibt.

Marchionne kam 2004 zum damaligen Pleite-Kandidaten Fiat und brachte den Autohersteller binnen weniger Jahre wieder auf Kurs.

© sueddeutsche.de/AP/dpa/Reuters/mel/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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