Machtkampf um Chefaufseher:Bei Infineon fliegen die Fetzen

Lesezeit: 2 min

Das hat es so in Deutschland noch nicht gegeben: Ein Finanzinvestor will bei Infineon einen neuen Kandidaten für den Posten des Aufsichtsratschefs durchdrücken.

T. Fromm und U. Schäfer

Der Infineon-Aktionär Hermes will Pläne des Managements durchkreuzen, den Ex-Siemens-Vorstand Klaus Wucherer an der Aufsichtsratsspitze zu installieren. Der Fonds will einen eigenen Kandidaten durchsetzen.

Die Hauptversammlung des Chipkonzerns Infineon am 11. Februar in München dürfte damit zu einer offenen Kampfabstimmung um die Macht im Aufsichtsrat werden. (Foto: Foto: AP)

Die Hauptversammlung des Chipkonzerns Infineon am 11. Februar in München dürfte damit zu einer offenen Kampfabstimmung um die Macht im Aufsichtsrat werden. Sowohl Konzernchef Peter Bauer als auch sein scheidender Aufsichtsratschef Max Dietrich Kley hatten sich bereits seit langem auf einen Kandidaten für das Amt des Chefkontrolleurs festgelegt: Der ehemalige Siemens-Manager Klaus Wucherer sei ein intimer Kenner von Infineon - und damit der beste Mann für den Job.

Womit sie nicht gerechnet hatten: Der englische Finanzinvestor Hermes, der weniger als drei Prozent an dem Chipkonzern hält, aber laut Finanzkreisen von mehreren Großinvestoren unterstützt wird, hat andere Pläne: Er will den Finanzvorstand des Automobilzulieferers ZF Friedrichshafen, Willi Berchtold, an die Spitze des Gremiums hieven.

Wie ein Infineon-Sprecher gegenüber der Süddeutschen Zeitung bestätigte, sei der Antrag von Hermes eingegangen. "Wir prüfen zurzeit die juristischen Voraussetzungen für eine Veröffentlichung", hieß es.

Möglicherweise werde der Antrag der Investoren bereits am Dienstag auf der Internet-Seite des Dax-Konzerns veröffentlicht. Berchtold war von 2003 bis 2007 Präsident des Branchenverbandes Bitkom, als Finanzchef von ZF und Aufsichtsratschef der Bundesdruckerei kennt er Infineon als Kunde.

In der Regel werden Top-Personalien dieser Art in Deutschland bereits im Vorfeld von Aktionärstreffen intern geklärt. Eine Kampfabstimmung um den Posten des Aufsichtsratschefs hat es bei einem Dax-Konzern noch nicht gegeben. Der Überraschungsangriff von Hermes zeigt damit, dass das Infineon-Management das Vertrauen zumindest eines Teils seiner Aktionäre verloren hat. Die Briten könnten nun Gleichgesinnte hinter sich versammeln, um die Pläne von Bauer und Kley zu durchkreuzen. "Es ist davon auszugehen, dass hinter den Kulissen nun Allianzen für den 11. Februar geschmiedet werden", heißt es aus Finanzkreisen.

Die Aktion der Meuterer in München hat durchaus Aussicht auf Erfolg. Wucherer ist umstritten. Für viele angelsächsische Investoren verkörpert er die alte Siemens-Kultur. Auch der Chiphersteller gehörte bis zu seinem Börsengang vor zehn Jahren zu Siemens. Kritisiert wurde zuletzt immer wieder, dass Wucherer zur Führungsspitze von Siemens gehörte, als der Konzern von massiven Korruptionsfällen erschüttert wurde. Wucherer selber wurde allerdings nichts nachgewiesen.

Auch der, der ihn als seinen Nachfolger haben will, steht schon seit langem mit dem Rücken zur Wand. Chefkontrolleur Kley wird nicht nur für die diversen Führungswechsel der vergangenen Jahre verantwortlich gemacht: Ulrich Schumacher, Wolfgang Ziebart und Rüdiger Günther - allesamt Top-Manager, die vorzeitig ihren Hut nehmen mussten. Vielen gilt Kley deshalb als einer der wichtigen Drahtzieher im oft als Münchner "Intrigantenstadl" kritisierten Konzern. Außerdem wird er für die seit Jahren anhaltende schwierige wirtschaftliche Situation des Konzerns verantwortlich gemacht.

"Manager kamen und gingen, Kley war immer da", heißt es über den Manager, der seit 2002 den Aufsichtsrat leitet und 2004 für eine Übergangszeit selbst auf den Chefsessel wechselte. Schon vor einem Jahr wurde es knapp für ihn. Wütende Aktionäre forderten bei der Hauptversammlung 2009 seinen Rücktritt.

© SZ vom 19.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: