Luftverkehr:Fragen und Antworten: Die Macht kleiner Gewerkschaften

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Berlin (dpa) - 5400 Flugpiloten, 20 000 Lokführer und 115 000 Krankenhausärzte - straff organisiert in Spartengewerkschaften - können selbst mit Mini-Streiks Wirtschaft, Infrastruktur und Gesellschaft empfindlich treffen. Union und SPD möchten per Gesetz wieder mehr Tarifeinheit erzielen. Doch die rechtliche Umsetzung gleicht eher der Quadratur eines Kreises.

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Berlin (dpa) - 5400 Flugpiloten, 20 000 Lokführer und 115 000 Krankenhausärzte - straff organisiert in Spartengewerkschaften - können selbst mit Mini-Streiks Wirtschaft, Infrastruktur und Gesellschaft empfindlich treffen. Union und SPD möchten per Gesetz wieder mehr Tarifeinheit erzielen. Doch die rechtliche Umsetzung gleicht eher der Quadratur eines Kreises.

Was ist das Ziel des Gesetzesvorhabens?

Der Einfluss hoch spezialisierter Berufsgruppen, die sich in Spartengewerkschaften zusammenschließen und für ihre Mitglieder in separaten Tarifverhandlungen Sondervorteile erstreiten, soll zurückgedrängt werden. Das klassische Ziel „Ein Betrieb - ein Tarifvertrag“ soll wieder mehr in den Mittelpunkt rücken.

Wie will die Koalition das erreichen?

Die Formulierungen im Koalitionsvertrag sind dazu äußerst schwammig. Die Rede ist von einem „betriebsbezogenen Mehrheitsprinzip“. Das soll heißen, dass die mitgliederstärkste Gewerkschaft bei Tarifverhandlungen die entscheidende Rolle hat. Das soll „unter Einbindung“ der Spitzenorganisationen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber gesetzlich festgeschrieben werden. Weiter heißt es: „Durch flankierende Verfahrensregelungen wird verfassungsrechtlich gebotenen Belangen Rechnung getragen.“

Ist das ein Angriff auf das Streikrecht?

Das Streikrecht und auch das Recht von Arbeitnehmern, sich in Gewerkschaften zusammenzuschließen, sind verfassungsrechtlich verbürgt. Nicht nur die betroffenen Spartengewerkschaften, auch DGB, Verdi, IG-Metall und der dbb-Beamtenbund lehnen einen Eingriff ins Streikrecht ab. Eine kleine Spartengewerkschaft, die aber keine eigenen Tarifverhandlungen führen und ein Ergebnis nicht per Streik erzwingen kann, wird für ihre Mitglieder unattraktiv. Bereits jetzt wird mit Verfassungsklagen gedroht.

Wie geht es weiter?

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) räumt ein, dass hier noch schwierige rechtliche Fragen zu klären sind. Ein Gesetzentwurf soll im Laufe des Jahres vorliegen. Unter ihrer Amtsvorgängerin Ursula von der Leyen (CDU) seien bereits gute Vorarbeiten geleistet worden. Doch die Umsetzung des Vorhabens war unter Schwarz-Gelb am Widerstand der FDP gescheitert.

Wie könnte ein Gesetz aussehen?

Experten gehen davon aus, dass ohne Abstriche am Streikrecht für Spartengewerkschaften ein solches Gesetz sich als zahnloser Tiger erweisen würde. Es hätte eher Appellcharakter an die Gewerkschaften.

Was wäre die Alternative?

Verdi und der dbb-Beamtenbund haben für die Tarifauseinandersetzungen im öffentlichen Dienst ohne gesetzlichen Zwang eine Tarifgemeinschaft gebildet, verständigen sich über gemeinsame Forderungen und verhandeln seitdem auch zusammen. Aber auch hier gibt es in jüngster Zeit leichte Auflösungserscheinungen. So verhandeln Beamtenbund und die DGB-Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) derzeit nicht mehr zusammen über einer bundeseinheitliche Eingruppierung angestellter Lehrer.

Was wäre das Ergebnis von mehr Tarifeinheit?

Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) listet auf, dass in Unternehmen, wo mehrere Gewerkschaften im harten Wettbewerb um Mitglieder stehen und auch getrennt verhandeln, die Streik- und Konfliktintensität mehr als eineinhalb mal so hoch wie im öffentlichen Dienst ist.

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