Lufthansa:Festtag für Herrn Spohr

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Pünktlich zum 50. Geburtstag des Konzernchefs einigt sich das Unternehmen mit Etihad auf Gemeinschaftsflüge. Und die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit akzeptiert ein Schlichtungsverfahren im Tarifkonflikt.

Von Jens Flottau

Etihad Airways - das ist aus Lufthansa-Sicht ein Konkurrent, der mit unfairen Subventionen den Markt kaputt fliegt und deswegen mit allen Mitteln bekämpft werden muss. Die Vereinigung Cockpit - das ist aus Lufthansa-Sicht die Gewerkschaft, die die hochbezahlten und renitenten Piloten vertritt und stetig den Gewinn schmälert. Die beiden Seiten befinden sich deswegen bekanntlich seit Jahren in einem erbitterten Konflikt, inklusive Rekordstreiks, Klagen und einstweiliger Verfügungen.

Aber ausgerechnet am Freitag, dem 50. Geburtstag von Lufthansa-Chef Carsten Spohr, war alles anders: Lufthansa und die Golf-Airline vereinbarten, dass Etihad-Ableger Air Berlin 38 Flugzeuge an die Konzerntöchter Eurowings und Austrian vermieten darf. Außerdem gibt es künftig Gemeinschaftsflüge von Lufthansa und Etihad zwischen Frankfurt, München und Abu Dhabi sowie von Frankfurt nach Rio de Janeiro und Bogota, zwei der schwächeren Langstrecken, auf denen Lufthansa jeden zusätzlichen Passagier gut gebrauchen kann. Zuvor hatten sich die Piloten durch ungeschicktes Taktieren in eine so unmögliche Lage gebracht, dass sie einer Schlichtung zum Thema Gehälter nicht mehr ausweichen konnten: Bis mindestens Ende Januar gibt es keine Streiks mehr. Danach wird man sehen.

Viele Lufthansa-Maschinen werden am Freitag wieder am Boden bleiben. Die Piloten streiken erneut. (Foto: Arne Dedert/dpa)

Mit der Entscheidung ist klar, dass Air Berlin bald nur noch halb so groß ist wie heute. Etwa 35 Flugzeuge werden in das neue Gemeinschaftsunternehmen eingebracht, das Etihad mit dem Reisekonzern Tui gegründet hat und künftig europäische Ferienstrecken bedient. Weitere 38 gehen nun an die Lufthansa (und davon 33 an Eurowings). Bleiben 75 Maschinen für die Standorte Düsseldorf und Berlin, zumindest vorerst. Und dank einer neuerlichen Finanzspritze von 300 Millionen Euro aus Abu Dhabi sowie garantierten Umsätzen aus dem Lufthansa-Geschäft Zeit zum Durchatmen vor dem nächsten Winter.

Lufthansa hat damit zumindest einmal die Hälfte ihres ärgsten Konkurrenten in Deutschland aus dem Weg geräumt. Außerdem kann sie die Billigsparte Eurowings schneller ausbauen als gedacht, denn knapp zwischen 15 und 20 der 33 Air-Berlin-Jets sind für Wachstum gedacht. 15 oder mehr werden als Ersatz für Germanwings-Flugzeuge genutzt, die sie aufgrund der geltenden Tarifverträge nur zu sehr ungünstigen Bedingungen hätte weiterbetreiben können. Austrian bekommt fünf zusätzliche Flugzeuge für das Drehkreuz in Wien.

Eurowings will einen Teil der zusätzlichen Kapazität nutzen, um eine Basis in München aufzubauen. Zunächst sollen im Frühjahr vier Flugzeuge stationiert werden. München war konzernintern bisher der Lufthansa vorbehalten, doch hat dort mittlerweile die Air-France-KLM-Billigtochter Transavia ein ordentliches Streckennetz entwickelt - es war Zeit für eine Reaktion.

"Wir können uns vorstellen, unsere Kooperation auf andere Bereiche auszuweiten."

Etihad-Chef James Hogan hat dem Vernehmen nach auf ein weit größeres Kooperationsabkommen mit Lufthansa gedrängt, doch die deutsche Seite hat sich geziert. Immerhin scheint die Vereinbarung auszureichen, um das Deutschland-Engagement trotz der horrenden aufgelaufenen Kosten in Abu Dhabi als Erfolg zu verkaufen.

Und wer weiß, vielleicht kommt da ja noch etwas. "Wir können uns vorstellen, unsere Kooperation in der Zukunft auf andere Bereiche auszuweiten", ließ sich Spohr zitieren. Die Frage ist: Wo genau? Seit Längerem gibt es in der Branche Spekulationen darüber, dass der Rest von Air Berlin in nicht allzu ferner Zukunft auch noch für Lufthansa oder Eurowings fliegen könnte, wenn sich erwartungsgemäß herausstellt, dass das Konstrukt alleine keine Chance hat. Bevor es allerdings so weit ist, müssten noch ein paar Probleme aus der Welt geräumt werden: Das Bundeskartellamt müsste eine so weitreichende Konsolidierung des deutschen Luftverkehrsmarktes erst einmal genehmigen (und hat bisher noch nicht einmal die derzeitigen Pläne genehmigt). Und dann wäre da noch der Air-Berlin-Schuldenberg in Höhe von rund einer Milliarde Euro, den Lufthansa sicher nicht übernehmen will.

Solche Spekulationen kommen der Lufthansa gar nicht so ungelegen, denn die Vereinigung Cockpit muss das Szenario als große Bedrohung wahrnehmen. Würde es nämlich tatsächlich so kommen, würden noch mehr gut bezahlte Piloten-Jobs noch schneller durch weniger gut bezahlte ersetzt werden. Der Druck ist also da, sich mit Lufthansa in einer Schlichtung zu den Gehältern auch wirklich zu einigen. Und anschließend auch einen Kompromiss zu finden in der Frage, ob und wie Eurowings-Besatzungen eine Chance auf einen Wechsel zur Lufthansa haben können.

© SZ vom 17.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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