Lufthansa:Der Kampf geht weiter

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Lufthansa und die Piloten haben sich zwar über die Gehälter geeinigt. Andere Themen wie etwa Betriebsrenten und Überstunden bleiben aber ungelöst.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Lufthansa und die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) haben es erneut nicht geschafft, ihren jahrelangen Konflikt über Kostensenkungen und Beschäftigungsbedingungen beizulegen. Zwar haben die beiden Parteien die Schlichtungsempfehlung des ehemaligen Spitzendiplomaten Gunter Pleuger zu einem Gehaltstarifvertrag angenommen. Die eigentlich kritischen Themen blieben aber ausgespart. Sie konnten dem Vernehmen nach auch in informellen Gesprächsrunden nicht gelöst werden.

Der 75-jährige Pleuger, der unter anderem UN-Botschafter Deutschlands war, arbeitete zum ersten Mal als Schlichter in einem Tarifkonflikt. Seiner Empfehlung zufolge bekommen die Piloten stufenweise 8,7 Prozent mehr Gehalt, allerdings über einen Zeitraum von knapp acht Jahren. Rückwirkend zum Januar 2016 gibt es eine Erhöhung von zwei Prozent, zum Januar 2017 sind es weitere 2,3 Prozent. Für die Folgejahre sind 2,0 und 2,4 Prozent vorgesehen, außerdem eine Einmalzahlung von 5000 bis 6000 Euro pro Pilot. Der Tarifvertrag gilt bis Ende 2019. Ihm müssen nun noch die Piloten in einer Urabstimmung zustimmen. Sie soll bis Ende März laufen.

Der neue Tarifvertrag kostet die Fluggesellschaft 85 Millionen Euro im Jahr

Die Vereinigung Cockpit hält die Empfehlung Pleugers für "gerade so akzeptabel", sie verlange von den Piloten "maximale Kompromissbereitschaft". Die Lufthansa wiederum sprach von jährlichen Mehrkosten von 85 Millionen Euro. Diese müssten in anderen Tarifverträgen kompensiert werden, andernfalls müsse man "den Weg einer veränderten Flottenplanung gehen", sagte Personalvorstand Bettina Volkens.

Genau darin liegt aber neues Konfliktpotenzial. Denn 40 neue Flugzeuge sollen nun nicht mehr wie bisher geplant von den sehr gut bezahlten Piloten im sogenannten Konzerntarifvertrag, also bei Lufthansa selbst, geflogen werden. Einzelheiten zu einer "alternativen Plattform zum Betrieb dieser Flugzeuge" sollen in den nächsten Wochen erarbeitet werden. Damit erhöht Lufthansa erneut den Druck auf die Gewerkschaft, niedrigeren Kosten zuzustimmen. Die VC äußerte sich zunächst nicht zu dem Vorhaben.

Den Piloten ist vor allem der Aufbau der Billigsparte Eurowings zuwider. Denn sie müssen zusehen, wie der Lufthansa-Konzern nur außerhalb seines eigentlichen Kerns stark wächst. Dieser hingegen, abgedeckt vom komfortablen Konzerntarifvertrag, wird immer kleiner. Die Pläne für die 40 neuen Jets deuten darauf hin, dass der Kern nun nochmals schrumpfen könnte, sollten sich die beiden Seiten nicht doch noch auf eine Gesamtlösung einigen.

Der Konflikt ist bereits im Jahr 2012 eskaliert. Seither haben die Piloten 14-mal und teilweise über mehrere Tage gestreikt, zuletzt im November 2016. Die Kosten der Streiks belaufen sich auf mehr als eine halbe Milliarde Euro. Wie sehr Misstrauen und Bitterkeit die Verhandlungen prägten, ist unter anderem daran erkennbar, dass Konzern und Gewerkschaft sich nicht einmal auf das sogenannte "Maßregelungsverbot" einigen konnten. Dabei handelt es sich eigentlich um eine Routineklausel in Tarifverträgen: Der Arbeitgeber verzichtet auf arbeits- oder strafrechtliche Schritte gegen Mitarbeiter, die gestreikt haben. Lufthansa und VC sollen sich hier in der Sache zwar einig gewesen sein. Sie legten aber unterschiedliche Textversionen dazu vor. Die Diskussionen zogen sich derart lange hin, dass die Gefahr bestand, bis zum vereinbarten Ende der Schlichtungsgespräche am 31. Januar nicht fertig zu werden. Danach hätte für die Piloten keine Friedenspflicht mehr bestanden. Also findet sich im Schlichterspruch des Diplomaten Pleuger nun das Maßregelungsverbot lieber nicht.

Neben dem nun voraussichtlich geschlichteten Streit zur Vergütung waren zuletzt weitere Tarifverträge offen. Sie bieten der Gewerkschaft theoretisch die Chance zu neuen Streiks - unter anderem die Verträge zur Frühpensionierung, zu Betriebsrenten und zu den Flugstunden pro Pilot. Die Gewerkschaft hat bei bisherigen Einigungsversuchen Entgegenkommen angeboten, wollte im Gegenzug aber bei den Beschäftigungsbedingungen bei Eurowings stärker mitreden.

Protest äußerte die Unabhängige Flugbegleiter-Organisation (UFO). Ihr Vorstand Nicoley Baublies äußerte die Befürchtung, dass es auch zu Lasten der Flugbegleiter gehen werde, falls die Lufthansa tatsächlich 40 Flugzeuge auslagere, um die Piloten bezahlen zu können. Der Konzern sage zwar, dass die Flugbegleiter von den Folgen einer solchen Auslagerung verschont werden sollten. "Allerdings gibt es bisher keinerlei Bereitschaft, mit UFO zu verhandeln, wie dies geschehen kann." Baublies wertete den Vertrag als "Abschluss zu Lasten Dritter".

© SZ vom 16.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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