Lehman Brothers:834 Millionen Euro für den Insolvenzverwalter

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Michael Frege will kein "Verlustgeschäft" machen. Deswegen fordert der Insolvenzverwalter des deutschen Ablegers von Lehman Brothers 834 Millionen Euro - 25 Mal so viel, wie der Insolvenzverwalter von Karstadt einst bekommen hat. Wie diese Summe zusammenkommt.

Von Harald Freiberger

Wirtschaftsanwalt Michael Frege

"Wenn wir am Ende nur 100 Millionen Euro bekämen, wäre es ein Verlustgeschäft", sagt Michael Frege.

(Foto: dpa)

Die Tür zum Saal 1 des Frankfurter Amtsgerichts in der Hammelgasse geht um 11:20 Uhr auf. Nach und nach kommen etwa 25 sehr einsilbige Männer in sehr korrekter Kleidung heraus, auch die ein oder andere Frau ist dabei. "Kein Kommentar", sagen sie, der ein oder andere sagt: "No comment." Es war eine nicht öffentliche Versammlung, es gehört sich nicht, hinterher darüber zu reden.

Die Damen und Herren vertreten die Gläubiger des deutschen Ablegers der US-Investmentbank Lehman Brothers, die 2008 pleiteging. Für sie geht es an diesem Tag um viel Geld. Auf rund 18 Milliarden Euro belaufen sich ihre Forderungen, das sind 18.000 Millionen Euro. Der Mann, der ihnen sagte, wie viel sie davon wiedersehen könnten, kommt aber nicht aus der Tür. Insolvenzverwalter Michael Frege verdrückt sich durch den Hinterausgang.

Dabei hätte man sich dieses Gesicht schon gerne einmal näher angesehen, das dem seines berühmten Bruders so ähnlich ist. Er bräuchte nur längere, struppigere Haare und buntere Kleidung, dann würde man ihn mit Andreas Frege alias Campino verwechseln, dem Sänger der Toten Hosen. In den vergangenen Tagen ist auch Bruder Michael eine Berühmtheit geworden, wenn auch eher eine traurige. Vor einer Woche wurde die Honorarforderung des Lehman-Insolvenzverwalters bekannt, und viele meinten nicht richtig zu hören: 833.844.347,92 Euro soll Frege bekommen, also knapp 834 Millionen, festgestellt durch ein Rechtsgutachten des Berliner Professors Ulrich Keller. Geht's noch? Spinnen die jetzt?

"The party is over"

Es gibt also viele Fragen zu beantworten vor dem Frankfurter Amtsgericht. Anstelle Freges tritt sein Chef aus der Tür, Hubertus Kolster, Managing Partner der Anwaltskanzlei CMS Hasche Sigle, mit 600 Anwälten die größte ihrer Art in Deutschland. Vor zwei Wochen hat Kolster bei anderer Gelegenheit noch ein bisschen gejammert. Die Stundensätze der Anwälte seien stark unter Druck, man könne bei Weitem nicht mehr so viel verlangen wie in früheren Jahren. "The party is over", sagte Kolster.

Seinen bekanntesten Insolvenzverwalter kann er damit aber nicht gemeint haben, oder? Es gibt viel zurechtzurücken für Kolster. Zunächst einmal: "Die Versammlung lief in großer Sachlichkeit ab, das konnte man ja nach den letzten Presseberichten nicht erwarten." Die Gläubiger hätten dem Insolvenzplan Freges "einhellig zugestimmt", Kritik habe es keine gegeben. Die Gläubiger, das sind an erster Stelle die Deutsche Bundesbank, die eine Forderung von 5,6 Milliarden Euro an Lehman hat, und der Einlagensicherungsfonds der deutschen Banken mit 6,4 Milliarden Euro; er zahlte nach der Lehman-Pleite alle Banken, Versicherungen und andere Anleger aus, die Forderungen gegenüber der Deutschland-Tochter hatten.

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