Ledvance:Bundesregierung verzögert Firmenübernahmen durch Chinesen

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Ihn erwartet in der kommenden Woche voraussichtlich eine schwierige Reise nach China: Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel. (Foto: AP)
  • Gleich zwei chinesischen Investoren droht derzeit ein intensiviertes Prüfverfahren durch die Bundesregierung.
  • Es geht um die Übernahmen des deutschen Chip-Anlagenbauers Aixtron und der Osram-Lampen-Sparte Ledvance.
  • Bei beiden Investoren gibt es Problememit den Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Deals.

Von Cerstin Gammelin, Berlin, und Christoph Giesen, Peking

Die deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen werden dieser Tage enorm strapaziert: Nachdem Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) Ende vergangener Woche angeordnet hatte, die sogenannte Unbedenklichkeitsbescheinigung für die Übernahme des Chip-Anlagenbauers Aixtron zu widerrufen, gibt es nun einen weiteren Fall, in dem das Ministerium eine chinesische Übernahme auf Herz und Nieren prüft. Nach SZ-Informationen unterzieht das Ministerium den chinesischen Leuchtenhersteller MLS, der die Osram-Lampen-Sparte kaufen möchte, einem intensivierten Prüfverfahren. Eine Sprecherin sagt dazu lediglich: "Die Bundesregierung prüft derzeit einen Antrag auf Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung zum Erwerb der Ledvance GmbH, München, durch einen Investor im üblichen Verfahren."

Ende Juli hatte Osram einen Käufer für sein kriselndes Geschäft mit den Energiesparlampen und Neonröhren präsentiert. Die Sparte hatte im vergangenen Geschäftsjahr einen Umsatz von zwei Milliarden Euro erzielt, dabei aber operativ einen Verlust eingefahren. Vor allem das LED-Geschäft ist nahezu kollabiert. Folglich war man bei Osram im Sommer glücklich, endlich einen Abnehmer gefunden zu haben: Für etwa 400 Millionen Euro steigt MLS gemeinsam mit zwei Finanzinvestoren aus der Volksrepublik ein. Zudem kauft das Konsortium Osram LED-Chips im Wert für 300 Millionen Euro ab. Damit werde Osram seine neue Chipfabrik in Malaysia, die derzeit errichtet wird, drei Jahre lang zu 20 Prozent auslasten.

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Alles schien geregelt - oder auch nicht

Mit MLS wurde zudem die Einhaltung von Tarifverträgen für 2500 Mitarbeiter in Deutschland bis Ende 2018 vereinbart. Außerdem dürfen die Chinesen drei Jahre lang kein Geld aus der Firma entnehmen. Zur Absicherung der Altersteilzeit habe Osram eine hohe zweistellige Millionensumme auf ein Treuhandkonto gelegt. Der Verkauf sollte eigentlich kommendes Jahr abgeschlossen sein. Alles schien gelöst aus Osrams Sicht.

Doch nun folgt die formelle Prüfung des Ledvance-Deals: Was nach einem Standardverfahren klingt, ist die große Ausnahme. Das Ausstellen von sogenannten Unbedenklichkeitsbescheinigungen ist ein normaler Prozess, der bei jeder transnationalen Transaktion beantragt werden muss. Dabei gilt folgende Praxis: Wenn sich das Wirtschaftsministerium in Berlin einen Monat nach Antragstellung nicht äußert, wird die Unbedenklichkeit automatisch erteilt. Meldet sich das Ministerium hingegen innerhalb dieser Frist zurück, wird das Prüfverfahren automatisch intensiviert. Und genau das passiert jetzt gerade.

Sigmar Gabriel steht eine schwere Reise nach China bevor

Am 23. September war der Antrag gestellt worden. Die vier Wochen sind um, und das Ministerium hat den Beteiligten einen Fragenkatalog zukommen lassen. Im Falle von Aixtron war die Unbedenklichkeitserklärung hingegen zunächst erteilt, dann aber aufgrund von neuen sicherheitsrelevanten Informationen entzogen worden. Zwei Monate hat das Ministerium nun theoretisch Zeit, die Transaktion zu durchleuchten. Diese Frist beginnt erst, nachdem alle angeforderten Informationen in Berlin eingegangen sind, und das kann dauern.

In der kommenden Woche reist Minister Gabriel nach China. Vorgesehen ist neben einem Termin beim chinesischen Handelsminister auch ein Zusammentreffen mit Premier Li Keqiang. Ein unpassenderes Gastgeschenk als die Intensivüberprüfung zweier chinesischer Firmen kann man sich kaum vorstellen. Einen ersten Vorgeschmack, was Gabriel in Peking erwartet, lässt sich aus der Stellungnahme der chinesischen Handelskammer in Deutschland ablesen: "Die in Deutschland ansässigen chinesischen Unternehmen zeigen sich besorgt darüber, dass die zuständigen Regierungsbehörden in Deutschland zum wiederholten Mal politische Einflussnahme gegenüber aus China stammenden regulären Investitionshandlungen ausüben." Eine deutliche Ansage in Richtung Berlin.

© SZ vom 28.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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