Lebensversicherungen:Deckel drauf

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Das Finanzministerium will Provisionen für Versicherungsvertreter begrenzen. Der Widerstand dagegen hält sich in der Branche dennoch in Grenzen. Protest regt sich dagegen vor allem bei Verbraucherschützern.

Von Jonas Tauber und Herbert Fromme, Berlin/Köln

Das Bundesfinanzministerium will die Provisionszahlungen von Versicherungsgesellschaften an Vertreter, Makler und Vermittler für Lebensversicherungen und Restschuldversicherungen begrenzen. Einen Referentenentwurf hat das Ministerium jetzt erarbeitet.

Danach sollen die Provisionen in der Lebensversicherung auf 2,5 Prozent der gesamten Beitragssumme begrenzt werden. Wenn aber der Vertreter oder Makler nach Ansicht des Versicherers bestimmte nachweisbare Qualitätskriterien erfüllt, kann die Provision bis zu vier Prozent betragen. Dazu gehören die Zahl der vorzeitigen Vertragskündigungen und der Beschwerden ebenso wie die Qualität der Beratung. Die Kriterien legt der Versicherer fest, aber die Finanzaufsicht Bafin kann sie überprüfen.

Diese neue Obergrenze in der Lebensversicherung behandelt die Versicherer milde. Die meisten Gesellschaften dürften damit keine Probleme haben. Allerdings gibt es Fälle, in denen Vertriebsorganisationen oder Banken, die Lebensversicherungen verkaufen, auch fünf Prozent oder sechs Prozent kassieren. Vor allem Großvertriebe wie die DVAG könnten Probleme bekommen. Für die Verbraucher wird sich insgesamt wenig ändern: Wer eine Lebensversicherung kauft, muss immer noch vergleichsweise hohe Kosten zahlen.

2017 gaben die Lebensversicherer nach eigenen Angaben satte 6,8 Milliarden Euro für Provisionen aus, 2016 waren es sieben Milliarden Euro. Eine Zahl für 2018 gibt es noch nicht. Diese Provisionen zahlen die Kunden. Wer jeden Monat 200 Euro spart und einen Vertrag über 35 Jahre abgeschlossen hat, zahlt insgesamt 84 000 Euro an Beiträgen. Davon werden laut Entwurf künftig 2100 Euro bis 3360 Euro an Abschlussprovisionen fällig, bislang sind auch 5000 Euro und mehr möglich. Dazu kommen noch laufende Provisionen.

Die Bundesregierung will schon seit 2014 die Provisionen in der Lebensversicherung begrenzen. Damals hatte sie gesetzlich 2,5 Prozent als Obergrenze festgesetzt, bis zu der die Gesellschaften die Provisionsausgaben bilanziell anrechnen können. Doch der erwünschte Rückgang der Provisionsaufwendungen blieb aus.

Deshalb hat Finanzminister Olaf Scholz jetzt den Gesetzentwurf vorgelegt. Viele Versicherer dürften ihn insgeheim begrüßen. Denn sie leiden unter einem enormen Druck von Großvertrieben und Banken, die für den Verkauf von Policen hohe Provisionen verlangen.

Offiziell ist der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) gegen den Provisionsdeckel. Es gebe Nachbesserungsbedarf. Aber die Kritik ist vergleichsweise verhalten. Kritischer äußert sich der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute. Wenn es eine Begrenzung der Abschlussprovisionen für die Vermittler gebe, müsse es aber auch eine Deckelung der Verwaltungskosten der Versicherer geben, sagte dessen Präsident Michael Heinz.

Andere Vermittler sehen den Entwurf sogar positiv. Hans-Georg Jenssen, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Bundesverbandes Deutscher Versicherungsmakler: "Wenn wir einen Provisionsdeckel einführen, dann ist das der richtige." Dem Verband gehören vor allem große und mittlere Maklerfirmen an.

Entsetzt dagegen sind Verbraucherschützer. Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des Bundes der Versicherten (BdV), reagierte empört. "Das ist eine Katastrophe", sagte er. Kleinlein fürchtet, dass die Intransparenz in der Lebensversicherung weiter steigt. "Wenn Versicherungsunternehmen sich selbst ausdenken können, ob sie 2,5 Prozent oder vier Prozent ansetzen, ist das nicht transparent." Die Versicherungswirtschaft werde ausschöpfen, was auszuschöpfen gehe. Der BdV hatte eine Obergrenze von 1,5 Prozent gefordert. Deutlich empfindlicher dürfte der Gesetzentwurf die Spezialversicherer treffen, die Bankkunden eine Restschuldversicherung verkaufen. Sie sichert den Kunden und die Bank ab, wenn der Darlehensnehmer krank oder arbeitslos wird und den Kredit nicht zurückzahlen kann.

Verkauft werden die Policen von den Banken zusammen mit den Kreditverträgen. Aktuell zahlen die Versicherer den Geldhäusern dafür 50 Prozent und mehr der Prämie als Provision. Künftig soll das auf 2,5 Prozent der Kreditsumme begrenzt werden. Das Ministerium rechnet in der Begründung seines Entwurfes vor: Wer als 50-Jährige oder 50-Jähriger einen Kredit über 10 000 Euro aufnimmt und 200 Euro im Monat zurückzahlt, muss für eine Restschuldversicherung 2194 Euro zahlen. Davon fließen 1097 Euro an die Bank, die diese Police vermittelt hat. Künftig soll sie höchstens 250 Euro an Provision erhalten. Sehr wahrscheinlich würden die Restschuldversicherungen dann deutlich billiger. Allerdings dürften auch weniger von ihnen verkauft werden, weil die Banken ihren Kunden nicht so viel Druck machen.

© SZ vom 28.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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